Herne. 2018 kam Amy zu ihrer Herner Familie. Heute steht sie Daimon (10) im Alltag zur Seite – als ausgebildeter Assistenzhund und beste Freundin.
„Amy!“, ruft Daimon über seine Schulter hinweg. Ohne zu zögern lässt die Hündin mit dem lockigen Fell ihr Spielzeug fallen und flitzt an seine Seite. Ihr Herrchen hebt zwei Finger an die Augen: „Look!“ Und genau das tut Amy, setzt sich kerzengerade ins Gras vor dessen Rollstuhl und schaut Daimon erwartungsvoll an. Fast als wolle sie fragen: Was kann ich tun?
Und tatsächlich gibt es da so einiges: Als voll ausgebildeter Assistenzhund steht Amy dem Zehnjährigen im Alltag zur Seite. Sie kann für ihn Knöpfe und Schalter mit der Nase betätigen, in Notsituationen Hilfe verständigen oder ganz einfach für Daimon da sein, wenn er ängstlich oder aufgeregt ist. Wenn man den aufgeweckten Jungen und seinen Vierbeiner im Garten von Familie Hennes in Holthausen so beim Spielen beobachtet, merkt man schnell: Die beiden sind wahre Frohnaturen mit einer ganz besonderen Verbindung. Dass sie zueinandergefunden haben, dazu haben viele Menschen beigetragen.
Herner Familie startete Spendenaktion für Daimon
Mit Amy ist für Daimon ein Traum in Erfüllung gegangen. Der Junge aus Herne ist seit seiner Geburt auf den Rollstuhl angewiesen, musste schon zahlreiche Operationen über sich ergehen lassen, zuletzt am Rücken. Um ihren Sohn so gut es geht zu unterstützen, haben seine Eltern schon viel Geld in das Haus und ein neues Auto investiert. Doch die Kosten für den Hund, den ihr Sohn sich so sehr wünschte, konnte Familie Hennes alleine nicht stemmen.
2017 starteten Daimons Eltern einen Spendenaufruf. Unterstützt wurden sie dabei vom Wanne-Eickeler Kultmusiker Horst „Hotte“ Schröder. Dieser widmete ganze Auftritte der Aktion „Ein Assistenzhund für Daimon“ und steuerte rund 1500 Euro bei. Damit waren die Kosten für Amy gedeckt, aber noch nicht die Ausbildung, die sie benötigte. Daran beteiligte sich der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) mit einer Spende von über 4000 Euro. Und auch andere spendeten, sodass rund 7000 Euro zusammenkamen. Im Juni 2018 war es dann so weit – die damals zehn Wochen alte Amy zog bei Familie Hennes ein.
Ausbildung beendet: Amy ist nun offiziell Assistenzhund
Im Alter von sechs Monaten begann für die italienische Wasserhündin – die Regen und Duschen übrigens gar nicht gerne mag – die Ausbildung zum Assistenzhund. Hundetrainerin und Tierpsychologin Regina Thorlümke hat Amy und Daimon auf diesem Weg begleitet. Vier Jahre später kann die Trainerin ihnen den Assistenzhundeausweis überreichen. „Die beiden sind ein gutes Team“, so Thorlümke. „Amy achtet sehr auf Daimon, die zwei sind super zusammengewachsen.“ Ihr Training sei sehr individuell auf Daimons Bedürfnisse abgestimmt gewesen: Neben wichtigen Kommandos und Hilfen, die Amy ihm geben kann, stand auch immer die Interaktion im Vordergrund. „Es ist nicht nur so, dass der Hund etwas für den Menschen tut, sondern auch, dass er sich mit dem Hund beschäftigt“, erklärt die Trainerin.
Spielen, kuscheln, Aufmerksamkeit schenken – Amy ist immer an Daimons Seite und entlastet damit auch dessen Mutter in der Betreuung. „Daimon ist deutlich ruhiger geworden“, erzählt Katja Hennes. Gerade die Schlafsituation habe sich gravierend geändert: „Früher konnte er gar nicht alleine schlafen, aber seit wir das so geregelt haben, dass Amy beim ihm am Bett schläft, funktioniert das.“ Und auch in ganz alltäglichen Situationen – Dinge vom Boden aufheben oder Schubladen öffnen – kann Daimon sich auf seine vierbeinige Assistentin verlassen. „Früher musste ich bestimmt achtzig Mal am Tag etwas aufheben, dafür hat er jetzt Amy“, so Katja Hennes.
Und sogar, wenn es um Daimons Gesundheit geht, kann sie sich auf Amy verlassen: Die vierjährige Hündin hat gelernt anzuschlagen, wenn bei Daimon Fieber ausbricht. Das kann nämlich bei dem Zehnjährigen Krampfanfälle auslösen. Amy kann außerdem auf Notfallmedikamente hinweisen und wenn Daimon mal verschwunden ist, kann sie ihn erschnüffeln. „Daimon liebt es, wenn er sich verstecken kann und Amy sucht ihn“, berichtet Katja Hennes, die sich trotz Hundehaarallergie für den Hund entschieden hat. Nun, da Amy ihren Assistenzhundeausweis bekommen hat, darf sie Daimon überallhin begleiten. Theoretisch zumindest. „Bei manchen muss man noch diskutieren“, erzählt die Mutter, gerade bei Ärzten und auch in manchen Läden. Aber selbst, wenn Amy mal nicht mitkommen kann, freut sich Daimon immer darauf, sie wiederzusehen. Er sage immer: „Wenn ich nach Hause komme, wartet meine Freundin Amy auf mich.“
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Amy und Daimon
- Normalerweise dauert die Ausbildung zum Assistenzhund rund zwei Jahre. In Amys und Daimons Fall kamen aber die Pandemie und eine OP dazwischen. „Es ist wichtig, jedem Team die Zeit zu geben, die es braucht“, betont Trainerin Regina Thorlümke.
- In gewisser Weise haben Amy und Daimon ihre eigene Sprache, nämlich Englisch. Das war Daimons Idee, der die Sprache gern lernen wollte. Außerdem stellt es zusätzlich sicher, dass Amy nur seine Kommandos befolgt und nicht etwa die anderer Kinder.