Herne. Der Wahlkampf nimmt Fahrt auf: CDU, Grüne und Linke in Herne erhielten Rückenwind von prominenten Gästen. Wer alles da war – und was sie sagten.

Polit-Prominenz hat sich in Herne ein Stelldichein gegeben: Die CDU Herne hatte im Wahlkampf für die Landtagswahl am 15. Mai 2022 NRW-Innenminister Herbert Reul zu Gast, die Grünen setzten auf Mona Neubaur und Omid Nouripour und die Linken auf Dietmar Bartsch und Caroline Butterwegge.

Herbert Reul im Restaurant

Der „bundesweit beste Innenminister“ ist zu Gast in Herne gewesen. So wurde Herbert Reul am Mittwochabend von Hernes CDU-Chef Christoph Bußmann im Restaurant im Eickeler Park angekündigt. Und der starke Applaus bei nahezu jedem Wortbeitrag des NRW-Innenministers ließ den Schluss zu: Die rund 50 Gäste der CDU-Wahlkampfveranstaltung des örtlichen Landtagskandidaten Markus Mähler teilen diese Einschätzung.

Klare Kante: Auf Einladung von CDU-Landtagskandidat Markus Mähler (li.) war NRW-Innenminister Herbert Reul (re.) zu Gast in Herne-Eickel.
Klare Kante: Auf Einladung von CDU-Landtagskandidat Markus Mähler (li.) war NRW-Innenminister Herbert Reul (re.) zu Gast in Herne-Eickel. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Nach einem kräftigen Schluck Pfefferminztee zog der gut gelaunte Innenminister eine durchweg positive Bilanz seiner Arbeit. Die Zeiten, als einige Medien zu seinem Amtsantritt geschrieben hätten, er sei ein Praktikant im Ministeramt, seien längst vorbei, erklärte der frühere Europa- und Landtagsabgeordnete. Egal, wohin er derzeit komme: Widerstände gebe es kaum noch. Er habe das Vertrauen der Menschen gewonnen, weil er nicht nur Sprüche klopfe, sondern sich auch kümmere, so der 69-Jährige.

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Die erfolgte Milliarden-Investition in die NRW-Polizeiwachen hob er ebenso hervor wie den Stellenzuwachs bei der Polizei und die Notwendigkeit der digitalen Aufrüstung. In den Mittelpunkt stellte Reul aber vor allem sein Lieblingsthema: die Bekämpfung der Clan-Kriminalität Gelöst sei dieses (in Herne laut Mähler kaum vorhandene) Problem noch längst nicht, warnte der Minister. Was sich in 30 Jahren entwickelt habe, das sei nach fünf Jahren nicht verschwunden. Doch auch in anderen Bereichen gebe es große Herausforderungen, die in NRW nur von der CDU gesehen und angegangen würden: Die anderen Parteien hätten in ihren Programmen nur „alte Kamellen“.

Nach nur 55 Minuten und zwei Tassen Pfefferminztee, aber überraschenderweise keine Nachfrage aus dem Publikum endete der Austausch mit einer Schlussrunde, in der der Innenminister den schmalen Grat zwischen Selbstbewusstsein und Überheblichkeit beschritt, konkret: mit einer Äußerung über den CDU-Ministerpräsidenten. „Hendrik Wüst ist großartig. Ich habe ihn unterschätzt“, sagte er. Übersetzt: Er hielt Wüst zu Beginn nicht unbedingt für geeignet, die Nachfolge von Armin Laschet anzutreten.

Dietmar Bartsch vor dem City-Center

Sprach in Herne: Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im deutschen Bundestag, hier bei einer Wahlkampfveranstaltung im Sommer 2020 in Herne.
Sprach in Herne: Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im deutschen Bundestag, hier bei einer Wahlkampfveranstaltung im Sommer 2020 in Herne. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Die Linken in Herne versuchten am Donnerstag ebenfalls, mit Polit-Prominenz zu punkten. Als Hauptredner sollte ab 17.30 Uhr vor dem City-Center auf der Bahnhofstraße Dietmar Bartsch auftreten, der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag. Aber um diese Zeit war schon alles vorbei, die große Bühne verwaist. Man habe eher angefangen, hieß es am Verpflegungsstand.

Bartsch, der nach Caroline Butterwegge, der NRW-Spitzenkandidatin, und Wiebke Köllner, der Herner Direktkandidatin, das Mikrofon ergriff, gab ab 16.30 Uhr vor dem City-Center den Wolfgang Petry. „Wahnsinn“, sagte er wieder und wieder, untermauerte mit diesem Wort die Politik der alten und neuen Bundesregierung. Wahnsinn sei schon der Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan gewesen, Wahnsinn sei nun, dass 100 Milliarden Euro in die Aufrüstung der Bundeswehr gesteckt würden, und Wahnsinn sei auch, dass die Grundsicherung nur minimal steige, während es in Deutschland immer mehr Milliardäre gebe: „Was für ein Wahnsinn.“

„Wahnsinn“: Der Umstand, dass die Linken nach dem Rücktritt der Co-Vorsitzenden Henning-Wellsow und dem Sex-Skandal in der Partei gerade in einer tiefen Krise stecken, kam vor den 25 Besuchern, die auf aufgestellten Bänken Platz genommen hatten, nicht zur Sprache. Nur so viel: Es gebe für die Partei „nicht wirklich Rückenwind“, so der 64-Jährige. Er versuchte aber, seinen Anhängern Mut zu machen: „Wir können die Sensation schaffen. Die Linke ist da.“

Mona Neubaur und Omid Nouripour auf dem Robert-Brauner-Platz

Sprachen auf dem Robert-Brauner-Platz: Grünen- Bundesvorsitzender Omid Nouriour (v.l.), Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur und Hernes Direktkandidat Fabian May (r.).
Sprachen auf dem Robert-Brauner-Platz: Grünen- Bundesvorsitzender Omid Nouriour (v.l.), Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur und Hernes Direktkandidat Fabian May (r.). © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Auch die Grünen in Herne bekamen im Wahlkampf prominenten Rückenwind: Mona Neubaur, Spitzenkandidatin der Grünen in NRW, und Omid Nouripour, Co-Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, kamen auf den Robert-Brauner-Platz in Herne-Mitte, um den Herner Grünen-Direktkandidaten Fabian May zu unterstützen. Bartsch hatte viel zu früh losgelegt, dafür starteten die beiden Grünen deutlich später: Kurz vor 19 Uhr erklommen sie nacheinander die kleine kreisrunde Bühne. Sänger Pele Caster hatte im Vorfeld – mehr oder weniger erfolgreich – versucht, die rund 40 Besucherinnen und Besucher bei der Stange zu halten: „Bleib bei mir, bleib bei mir, bleib bei mir“, sang er fast flehentlich ins Mikrofon.

Grünen-Chef Nouripour sprach über bundespolitische Themen – und kritisierte dabei die Vorgängerregierung: Die Bundeswehr müsse endlich modernisiert werden: „Es ist erschreckend zu sehen, in welchem Zustand die Truppe ist.“ Außerdem forderte der 46-Jährige: Die „vermaledeite Abhängigkeit“ zu russischem Gas müsse beendet, der Klimawandel entschiedener als zuletzt bekämpft werden. Mona Neubaur sprach sich für mehr Windräder aus. Wenn die Grünen im Land regierten, werde die aktuelle Abstandsregelung für Windkrafträder abgeschafft, versprach sie. Die 44-Jährige sprach sich außerdem für bessere Bildung, einen Ausbau von Bus & Bahn sowie mehr Radwegen und nicht zuletzt modernere, klimagerechte Zentren aus: „Wir wollen Innenstädte voller Leben, aber nicht vollgestellt mit Autos.“

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Was politische Gegner auch schon mal als „Polizeistaat“ bezeichnen, brachte NRW-Innenminister Herbert Reul bei seinem Wahlkampfauftritt in Eickel so auf den Punkt: „Wir brauchen mehr Instrumente und neue Gesetze.“

Das sei nicht immer einfach durchzusetzen, bekannte er. Manchmal wünschte er sich eine absolute Mehrheit für die CDU in NRW, so Reuls Seitenhieb auf den Koalitionspartner FDP.