Herne/Bochum. Ein Mann schlägt eine Frau nieder und flieht. Der Herner Firat Gücel stellt den Täter. Für seine Zivilcourage wurde er von der Polizei geehrt.
An einem Mittwoch im März fährt Firat Gücel mit seiner Frau und dem acht Monate alten Sohn nach Bochum zum Einkaufen. Dass er an diesem Tag einen Gewalttäter zur Strecke bringen wird - damit rechnet der Herner nicht. Für seine Zivilcourage wird er später vom Bochumer Polizeipräsidenten geehrt.
Mann schlägt Frau nieder - Herner stellt den Täter
„Als wir mit dem Einkaufen fertig waren und Richtung Ausfahrt sind, haben wir dort eine Dame zusammengebrochen auf dem Boden gesehen“, schildert Firat Gücel den Vorfall vom 16. März. Er sei sofort rechts rangefahren und ausgestiegen. „Hilfe, der hat mich überfallen“, habe die Frau zu ihm gesagt und auf einen Mann gezeigt, der sich gerade entfernte. „Ich habe gar nicht lange überlegt, sondern bin direkt hinterhergelaufen“, so Gücel. Als er den mutmaßlichen Täter ein paar Straßen weiter einholte, sei dieser mit geballten Fäusten auf ihn losgegangen. „Da habe ich mich gewehrt“, erzählt der Holsterhausener mit kurdischen Wurzeln. „Es kann ja alles passieren, er hätte ein Messer haben können.“
Der 32-Jährige schaffte es, den Angreifer kampfunfähig zu machen und ihn zurück zum Parkplatz zu bringen. „Da hat er sich wieder gewehrt“, berichtet Gücel weiter. Eine Passantin habe in der Zwischenzeit die Polizei gerufen, aber niemand habe ihm geholfen, den Mann unter Kontrolle zu bekommen: „So viele Menschen waren da und haben zugeschaut aber keiner hat was gemacht - das war wirklich krass.“ Er habe heftig mit dem Mann gerangelt, ihn aber auch nicht verletzen wollen. „Der hat zwar eine Straftat begangen, aber das heißt nicht, dass ich einen Freifahrtschein habe, ihn zu verprügeln“, so der Herner. Als die Polizei eintraf, half Gücel den Beamten, dem Mann Handschellen anzulegen.
Herner von Polizeipräsident für sein Eingreifen geehrt
Rückblickend gibt Firat Gücel zu: „Es war ein bisschen verantwortungslos.“ Seine Frau sei sehr besorgt gewesen und auch er selbst sei sich des Risikos bewusst gewesen. „Ich war aber sicher, dass ich mit der Situation zurechtkomme“, so der Familienvater. Gücel ist Küchenfachverkäufer, in seinem Alltag sind ihm solche Ereignisse genauso fremd wie den meisten anderen Menschen. Aber er habe früher Kraftsport gemacht und auch eine Weile geboxt, das sei ihm in dem Moment zugute gekommen. „Außerdem bin ich so erzogen worden, dass ich helfen soll, wenn jemand mich braucht“, fügt Gücel hinzu. In der kurdischen Kultur sei das ganz normal. Auch in Holsterhausen, wo der 32-Jährige mit seiner Familie lebt, herrsche eine ähnliche Mentalität: „Egal was du brauchst, du findest immer einen, der dir hilft.“
Am Montag, 4. April, wurde Gücel für seine Hilfsbereitschaft vom Bochumer Polizeipräsidenten Jörg Lukat geehrt. Lukat dankte ihm für sein „engagiertes, verantwortungsbewusstes und selbstloses“ Handeln und überreichte ihm eine Medaille und eine Urkunde. „Ein Anruf hätte auch gereicht“, lacht Gücel. „Aber ich habe mich natürlich gefreut.“ Die 39-jährige Bochumerin, der er zur Hilfe geeilt war, wolle sich auch noch bei ihm bedanken, mit ihr werde er in den kommenden Tagen sprechen. Zu dem Angreifer, ebenfalls ein Bochumer, sagt Gücel nur so viel: „Der macht sowas nie wieder.“
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Zum Fall
- Zu dem Zwischenfall in Bochum kam es am Mittwoch, 16. März. Laut Polizei zog der 40-jährige Angreifer seinem Opfer eine Tüte mit Pfandflaschen über den Kopf. Die 39-jährige Bochumerin wurde dabei leicht verletzt und kam ins Krankenhaus.
- Der Angreifer war bereits polizeibekannt. Wie die Polizei auf Anfrage mitteilte, wurde gegen ihn Anzeige erhoben. Das Tatmotiv ist bislang unbekannt, die Kriminalpolizei ermittelt.