Herne. Die Islamische Gemeinde Röhlinghausen erhält für ihre Ukraine-Hilfe Kritik. Die Vorwürfe: doppelter Standard und fragliche politische Motivation.
Die Islamische Gemeinde Röhlinghausen initiierte nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine mehrere Spenden-Aktionen, um Geflüchtete und Notleidende aus der Ukraine zu unterstützen. Gerade erst hat die Gemeinde in der Nacht von Samstag auf Sonntag fünf Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen; zwei Frauen und ihre Kinder. „Das war alles sehr spontan, aber wir sind froh, unsere Räume zur Verfügung stellen zu können“, sagt Tuncay Nazik, Vorstand der Islamischen Gemeinde Röhlinghausen. Allerdings, erklärt er, seien die Gemeindemitglieder immer wieder Kritik und Vorwürfen ausgesetzt.
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„Die Nachrichten erreichen uns auf allen Kanälen“, sagt Nazik. „Per Mail, Whatsapp, Facebook oder auch telefonisch.“ Die Kritik einerseits: Wieso werde ukrainischen Geflüchteten geholfen, aber beispielsweise syrischen Geflüchteten während der Einwanderungswelle 2015 nicht? „Diesen Vorwurf kriegen wir besonders aus der muslimischen beziehungsweise der migrantischen Community“, erklärt Tuncay Nazik. Immer wieder hieße es, dass mit zweierlei Maß gemessen werde – eine Kritik, die zuletzt auch auf internationalem Niveau aufkam und für Debatten sorgte.
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Herner islamische Gemeinde plant weitere Hilfen
Auf der anderen Seite werde der islamischen Gemeinde eine fragwürdige politische Motivation hinter ihrem Engagement für ukrainische Geflüchtete vorgeworfen. „Auch ein Trupp von Erdogan-Fans?“, heißt es so etwa in einer Nachricht, die die Gemeinde bei Facebook als Reaktion auf die Aufnahme der Geflüchteten erhielt. „Solche Texte kommen dann eher von deutschen Bürgern“, sagt Nazik. Anfangs habe er noch im Dialog versucht, auf die Kritik und Vorwürfe einzugehen, teilweise auch mit Sarkasmus. So antwortete er auf die Nachricht zu Erdogan: „Wer ist Erdogan?“
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Mittlerweile jedoch sei er dazu übergegangen, die negativen Nachrichten und Kommentare zu ignorieren: „Das kostet uns einfach zu viel Zeit und Energie. Die stecken wir lieber in unsere Hilfsarbeit.“ Dennoch erkenne er die Kritik am Doppelstandard an. „Noch vor ein paar Monaten saßen Tausende Flüchtlinge in einer Falle auf polnischem Gebiet und kämpften ums Überleben“, sagt Nazik. „Wir lassen nicht zu, dass die eine Opfergruppe gegen die andere ausgespielt wird.“ Die Not leidenden Ukrainerinnen und Ukrainer könnten schließlich nichts für ihre Lage und bräuchten jetzt Hilfe.
„Wir werden weiterhin, soweit es uns unsere Kraft erlaubt, ukrainischen Flüchtlingen helfen“, stellt der Gemeindevorstand klar. „Wir sind davon überzeugt, dass wir als Menschen und Muslime dazu verpflichtet sind, allen Opfern, Unterdrückten, Geflohenen und Fremden, egal welcher Herkunft, zu helfen.“