Herne. Eine spontane Hilfsaktion für ukrainische Kriegsopfer ist in Herne auf riesige Resonanz gestoßen. Wie es dazu kam und was gespendet wurde.

Karina Stepanova und Sabine Mielke stehen am Montagabend auf einem Hinterhof der Claudiusstraße in Wanne und sind völlig überwältigt. Neben ihnen türmen sich Kisten, Kartons und Tüten mit Sachspenden für die Menschen in der vom Angriffskrieg Russlands erschütterten Ukraine. „Wenn es darauf ankommt, stehen die Menschen in Herne Schulter-an-Schulter, um zu helfen“, sagt Sabine Mielke.

Dass die 53-Jährige an diesem Abend Schulter-an-Schulte mit Karina Stepanova und weiteren Unterstützern diese große Hilfsaktion wuppen wird, davon ahnte die Wanne-Eickelerin bis zum Wochenende nicht einmal. Ein Aufruf der gebürtigen Ukrainerin in den sozialen Medien machte Mielke auf diese humanitäre Hilfsaktion aufmerksam. Sie nahm sofort Kontakt zu Stepanova auf und verwandelte den Hinterhof an der Claudiusstraße mit Erlaubnis des Eigentümers für Montag von 16 bis 19 Uhr kurzerhand zur Sammelstelle für Hilfsgüter.

Der erste Hilfstransport ist bereits auf dem Weg

Nicht die einzige Aktion Stepanovas. An insgesamt acht Standorten in Recklinghausen, Marl und Herne sammelt die 26-jährige Rechtsreferendarin am Bochumer Landgericht in diesen Tagen für das Heimatland ihrer Familie; die Güter werden in zwei Hallen zwischengelagert. „Das hat alles innerhalb weniger Stunden ein Riesenausmaß angenommen“, sagt die Recklinghäuserin, die erst am Samstag ihren Aufruf gestartet hat. Dass dieser von Cheyenne Savannah Ochsenknecht – sie ist mit ihrer Promifamilie derzeit auf RTL in einer Realtiy-Serie präsent - unterstützt worden ist, dürfte die Reichweite noch deutlich erhöht haben.

Nach Stepanovas Kontaktaufnahme mit dem ukrainischen Konsulat in Düsseldorf ist der erste Hilfstransport bereits auf dem Weg in das Kriegsgebiet. Auch die in Wanne gesammelten Hilfsgüter – zwei große Wagenladungen plus ein halb gefülltes Lager – sollen noch in dieser Woche in die Ukraine gebracht werden.

Sie sind in Sicherheit: Ukrainische Geflüchtete erreichen die polnische Grenze in Medyka. Karina Stepanovas Vater ging den umgekehrten Weg: Er ist in sein Heimatland gefahren, um Menschen zur Flucht zu verhelfen.
Sie sind in Sicherheit: Ukrainische Geflüchtete erreichen die polnische Grenze in Medyka. Karina Stepanovas Vater ging den umgekehrten Weg: Er ist in sein Heimatland gefahren, um Menschen zur Flucht zu verhelfen. © dpa | Attila Husejnow

Dort ist zurzeit auch Karina Stepanovas Vater Serge. „Er ist nach Lemberg gefahren und hilft dort Menschen bei der Flucht“, berichtet sie. Viele kämen dort an und wüssten nicht, wie sie bis zur polnischen Grenze gelangen sollen. Mit einem Transporter versuche ihr Vater insbesondere Frauen und Kinder in Sicherheit hinzubringen. Zwei Großonkel kämpften an der Front gegen russische Soldaten; auch weitere entfernte Verwandte lebten noch in der Ukraine. Sie sei zuletzt 2013 dort gewesen, seit Ausbruch des Krimkriegs ein Jahr später jedoch nicht mehr, erzählt sie.

Organisatoren denken über zweite Sammelaktion nach

Stepanovas Hilfsaktion ist noch lange nicht beendet. Es mangele in der Ukraine vor allem an Hygieneartikeln, Tampons und Binden, Windeln, Babynahrung, Verbands- und Desinfektionsmitteln sowie insbesondere an medizinischen Produkten, sagt sie. Mit dem Prosper-Krankenhaus in Recklinghausen sei sie bereits in Kontakt. Auch in Herne würde sie gerne mit Kliniken, Ärzten und Apothekern ins Gespräch kommen (siehe Kasten).

Schweren Herzens hat sich Elyas (5) von seinem Stofflöwen getrennt - „für ein Kriegskind“.
Schweren Herzens hat sich Elyas (5) von seinem Stofflöwen getrennt - „für ein Kriegskind“. © MIelke

Karina Stepanova und Sabine Mielke denken auch darüber nach, die Sammelaktion im Wanner Hinterhof zu wiederholen. Von berührenden Erlebnissen bei der Premiere an der Claudiusstraße berichtet Mielke. Der fünfjährige Elyas habe seiner Großmutter unter Tränen seinen Stofflöwen überreicht – „das ist für ein Kriegskind“, habe er gesagt. Ein junger Mann mit eingegipstem Bein habe seine Krücken gespendet, weil der Gips am Dienstag abgenommen werden sollte. Und zwei junge Russen hätten zehn Kisten mit Socken gebracht und erklärt, dass man sich das mit Putin und Russland nicht länger ansehen könne.

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Für Sabine Mielke und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter („wir haben ein super Netzwerk“) ist es längst nicht die erste Hilfsaktion. Nach der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 starteten sie bereits eine Hilfsaktion. Auch im Alltag engagiert sie sich: Seit zehn Jahren führt sie mit Christina Sawartowski den Verein Pfotenglück, der Bedürftige bei der Pflege ihrer Tiere auf vielfältige Weise unterstützt. Schulter an Schulter.

>>> Aufruf an Kliniken, Ärzte und Apotheker

Krankenhäuser, Ärzte und Apotheker, die mit Karina Stepanova in Kontakt treten wollen, können eine Mail an Karina.Stepanova@gmx.de schreiben.

Auch Sanitätshäuser könnten sich gerne mit Spenden für die Menschen an die Ukraine an sie wenden, sagt die 26-jährige Recklinghäuserin.