Herne. Kangals sind groß, schwer, selbstständig. In Städten landen sie oft im Tierheim. So wie Luna in Herne: Sie wartet schon lange auf einen Halter.
Kangals sind im Ruhrgebiet ein Problem, sagt Sabrina Pascher vom Tierheim Herne-Wanne. Hunde dieser Rasse seien groß, schwer und eigenständig – und deshalb kaum zu vermitteln. Siehe Luna, das größte Tier im Tierheim. Rund zwei Jahre sei der Kangal-Doggen-Mix schon da, viel länger als das durchschnittliche halbe Jahr, das ein Hund normalerweise auf einen neuen Besitzer oder eine neue Besitzerin warten müsse. Optimistisch, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert, ist Sabrina Pascher nicht.
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Wenig hilfreich dürfte da auch die jüngste Beißattacke sein: Anfang Februar biss ein Kangal-Schäferhund-Mischling in Essen einen Zwölfjährigen und verletzte ihn. Das freilaufende Tier war zuerst auf den Jungen und danach auf einen Polizeibeamten losgegangen. Dieser hat den aggressiven Hund schließlich mit einer Kugel aus seiner Dienstwaffe getötet. Der Junge konnte das Krankenhaus nach ambulanter Behandlung wieder verlassen. Schon im Januar war der Hund aufgefallen: Dabei ging er auf einen anderen Hund (Rasse: Weimaraner) los, biss und und verletzte ihn schwer.
Herne: Luna ist mit 63 Kilogramm nur schwer zu beherrschen
Die vierjährige Luna aus dem Tierheim Herne-Wanne sei „nicht aggressiv“ und „sehr menschenbezogen“, sagt Sabrina Pascher. Allein: Mit seinen 63 Kilogramm sei das kräftige Tier mit 80 Zentimetern Schulterhöhe nur schwer zu beherrschen. Sie selbst, bekennt die ehrenamtliche Mitarbeiterin, könne mit dem Kangal nicht spazieren gehen: „Da würde meine ganze Hundeerfahrung nichts nützen.“
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Der türkische Herdenschutzhund Kangal wurde gezüchtet, um Tiere wie Schafe zu bewachen. Selbstständig zu arbeiten und zu entscheiden sind Eigenschaften, die ihm bei diesem Job helfen. Allein: Im dicht besiedelten Herne, mitten im Ruhrgebiet, gebe es kaum bis gar keine Herden, die es zu bewachen gilt. Kangals hätten deshalb nicht die Aufgaben, für die sie gezüchtet worden seien. Im schlimmsten Fall lebten sie unausgelastet in Mietwohnungen – mit möglicherweise fatalen Folgen.
Tierheim will Kangals möglichst nicht aufnehmen
„Wenn Kangals nicht von klein auf strikt erzogen wurden, kommt es zu Problemen“, sagt Pascher. Und an der Erziehung hapere es auch bei Luna; da seien die Vorbesitzer nicht konsequent genug gewesen. Als Welpe seien Kangals klein und niedlich, ausgewachsen plötzlich groß und kräftig – und überforderten mit ihrer Selbstständigkeit unerfahrene Halterinnen oder Halter schnell. Luna brauche deshalb eine starke Führung, auch wegen ihres Futterneids, den sie früher entwickelt habe. Am besten sollten die neue Besitzerin oder der neue Besitzer Erfahrung mit Herdenschutztieren haben, außerdem ein großes Grundstück. Und: Kinder sollten besser nicht im Hause sein. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, dann könne der Hund gut in neuen Händen leben.
Aktuell habe das Tierheim in Röhlinghausen nur diesen einen Kangal, sagt Pascher. Im Gegensatz zu öffentlichen Tierheimen könne die private Anlaufstelle Tiere ablehnen. Fundtiere aus Herne und Wanne-Eickel kommen automatisch ins Gelsenkirchener Tierheim, mit dem die Stadt Herne eine entsprechende Vereinbarung getroffen hat. Schwer vermittelbare Kangals abzulehnen, sei durchaus sinnvoll, so die Mitarbeiterin des Tierheims: „Es macht keinen Sinn, wenn wir sechs Kangals haben, und keiner kann mit ihnen zum Spazieren rausgehen.“
>> WEITERE INFORMATIONEN: Das Tierheim Herne-Wanne
Das Tierheim Herne-Wanne liegt an der Hofstraße 51 in Röhlinghausen, die Besuchszeiten sind täglich von Dienstag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr – montags ist das Tierheim für Besucher geschlossen.
Kontakt am besten zunächst per E-Mail an email_an@tierheim-herne-wanne.de sowie per Telefon 02325 62413. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage: www.tierheim-herne-wanne.de. Träger ist der Tierschutzverein.