Herne. Herne hat für seine Größe eine erstaunliche Reihe von Schauspielern hervorgebracht. Im WAZ-Interview spricht Nicholas Bodeux über seine Karriere.

Für eine mittlere Großstadt ohne festes Stadttheater hat Herne eine Reihe von Schauspielern hervorgebracht. Zu ihnen gehört auch Nicholas Bodeux. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann spricht er über seine sehr frühen Anfänge und warum er sich als klassische Nebenrollenbesetzung sieht.

Herr Bodeux, in Ihrem Lebenslauf steht, dass Sie schon mit fünf Jahren die Schauspielerei entdeckt haben. Wie kam es dazu?

Es war ein Theaterkurs in der Jugendkunstschule. Ich bin über meine Eltern zur Jugendkunstschule gekommen. Das war in den 70er-Jahren. Das war eine verrückte Zeit, ganz frei, ungezwungen und antiautoritär, ich habe da in der Kinderbetreuung viele spannende künstlerische Sachen gemacht. Irgendwann kam dann ein Theaterstück. Das war für mich das allertollste.

Und da war für Sie schon klar, dass Sie Schauspieler werden wollen?

Nein, ich hatte zwischendurch noch viele andere Ideen, aber während meiner Schulzeit hat es sich herauskristallisiert, dass ich zum Schauspiel gekommen bin.

Noch ein interessanter Eintrag in Ihrer Vita: Unter Ausbildung heißt es nur „Straße“...

...ich habe relativ früh gemerkt, dass ich Stadttheater nicht mag, so Dinge wie große Gesten und deklamieren. Ich hab mir dann mit 14 überlegt, dass ich genau diese Sachen auf einer Schauspielschule lerne, und das wollte ich nicht. Ich wollte lieber so spielen, wie Schauspieler in Hollywood. Ich hatte die Idee, dass ich mir das selbst beibringen muss oder Leute finden muss, die mir das beibringen. Aus heutiger Sicht war das natürlich völlig naiv.

Offenbar haben Sie dennoch diese Leute gefunden.

Ich habe schon während der Schule halbprofessionell gespielt, mit der Theatergruppe Allemanda, und habe damit auch schon Geld verdient. Nach meinem Abi und dem Zivildienst bin ich zum Helios-Theater nach Köln gegangen. Das war der Einstieg in die Profiliga. Ich habe viel gespielt, habe Workshops mitgemacht und hatte auch Privatlehrer. Ich habe immer an freien Theatern gespielt und habe dort alle Positionen einer Produktion übernommen, von Beleuchter über Bühnenbildner bis zum Fahrer.

Das heißt, Sie haben immer einen Bogen um Stadttheater gemacht?

Ja, das war eine bewusste Entscheidung, weil es mich nie interessiert hat. Und dadurch, dass ich keine Schauspielschule besucht hatte, hatte ich es in diesen Kreisen auch immer schwer. Das war auch beim Film so. Da wurde ich als Quereinsteiger auch erstmal beäugt. Das war allerdings vorbei, als ich den Job erstmal hatte.

Aber in der vergangenen Jahren haben Sie offenbar nicht mehr auf der Bühne gestanden.

Ich hätte gerne weiter Theater gespielt, aber ich musste mich irgendwann entscheiden. Beim Film wird man für einige Wochen angefragt. Und wenn ich in dieser Zeit Theaterprojekte hatte, musste ich die Filmangebote absagen. Auch wenn viele sehr spannende Sachen dabei waren.

Wie sind Sie zum Film gekommen?

Die erste Berührung hatte ich als Schüler in „Die Heartbreakers“. Im Gymnasium Eickel hing ein Zettel am schwarzen Brett, mit dem Darsteller gesucht wurden. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon Theater gespielt. Also bin ich zum Casting, wurde fotografiert, habe dann aber Monate nichts mehr gehört. Später hat sich die Produktion doch noch gemeldet und gefragt, ob ich Lust hätte, als Komparse mitzuspielen. Da hatte ich zum ersten Mal mit Kino Kontakt und dachte: Das ist genau mein Ding. Der richtige Einstieg geschah später. Nach einer Aufführung bei Flottmann hat mich eine Zuschauerin, die eine Schauspielagentur aufbaute, gefragt, ob ich Interesse an Film habe. Und da es immer das war, was ich wollte, habe ich sofort ja gesagt. Dann kamen auch schnell die ersten Jobs.

Im Sönke-Wortmann-Film „Sommerfest“ spielt Nicholas Bodeux an der Seite von Lucas Gregorowicz eine Hauptrolle.
Im Sönke-Wortmann-Film „Sommerfest“ spielt Nicholas Bodeux an der Seite von Lucas Gregorowicz eine Hauptrolle. © STILLS PHOTOGRAPHER _TOM TRAMBOW | TOM TRAMBOW

Was war Ihre erste Rolle?

Die erste Rolle war für RTL, eine Serie mit dem Titel „Top Cops“. Da habe ich einen Zivilpolizisten gespielt, der Verbrecher observiert. Danach kam relativ schnell „Knocking on Heavens Door“. Das war eine größere Produktion und für mich ein größerer Schritt. Es war eine kurze Rolle, aber als Szene trotzdem speziell.

Hat diese kurze Rolle dazu geführt, dass man auf Sie aufmerksam geworden ist?

Man glaubt gar nicht, wie viele Leute so eine Szene sehen und sie sich merken. Aber dass es dann so gut lief, lag auch an der Zeit. Es wurde wahnsinnig viel gedreht, vor allem bei den Privatsendern. Auch fürs Kino wurde viel gedreht.

Ihre Filmografie ist sehr umfangreich. Aber es tauchen ganz wenig Hauptrollen auf...

...ich denke, dass ich die klassische Nebenrolle bin. Auch weil ich so aussehe, wie ich aussehe. Für Nebenrollen werden eher Schauspieler genommen, die prägnanter aussehen, Hauptrollen werden eher „glatter“ besetzt.

Hätten Sie denn einen Wunsch für eine Hauptrolle?

Eine Hauptrolle habe ich ja im Sönke-Wortmann-Film „Sommerfest“ gespielt. Ich könnte mir gut vorstellen, einen Serien-Kommissar zu spielen.

Wird das Angebot für Schauspieler denn nicht breiter durch die Streaming-Dienste, die ja eigene Serien produzieren?

Überhaupt nicht. Momentan ist es sogar schlecht. Verglichen mit den 90er-Jahren ist es viel, viel weniger geworden. Damals haben gerade die Privatsender immer neue Serien und Filme produziert, das ist jetzt massiv weniger geworden. Auch bei Öffentlich-Rechtlichen merkt man eine Zurückhaltung. Das liegt vielleicht an Corona. Und beim Streaming sieht es nach viel aus, doch in Deutschland wird nicht so viel gemacht. Und dann sind es auch sehr große Produktionen mit den großen Namen, sodass davon bei der breiten Masse der Schauspieler wenig ankommt.

Wie sind Sie denn persönlich durch die Corona-Zeit gekommen?

Schlecht. 2020 habe ich keinen einzigen Tag gearbeitet. Es wurden ja auch alle Produktionen verschoben. Zum Glück ist es im vergangenen Jahr wieder angelaufen. Im Kinofilm „Plünderich“ habe ich eine große Nebenrolle, dazu kommen Dinge wie „Mord mit Aussicht“ oder „Wapo Duisburg“. Dennoch ist nach wie vor eine gewisse Zurückhaltung zu spüren.

Was halten Sie eigentlich von einem Filmprojekt mit überwiegend Herner Schauspielern? Es gibt ja einige, die von der Bühne und vom Film bekannt sind.

Das wäre interessant. Herne hat für seine Größe tatsächlich eine relativ hohe Schauspielerdichte. Wenn ich am Set bin, komme ich mit denen aus Herne oder Bochum ganz schnell ins Gespräch. Das war zum Beispiel mit Joachim Krol und Sönke Möhring bei „Der Junge muss an die frische Luft“ so. Da haben wir uns schnell unterhalten wie alte Kollegen.

>>> FILMOGRAFIE (AUSSCHNITT)

■ Nicholas hat in diversen bekannten Kino- und Fernsehformaten mitgewirkt, unter anderem in dem Kultfilm Bang Boom Bang, Tatort, Wilsberg, aber auch Serien wie „Die Camper“, „Der letzte Bulle“ oder „Heldt“.

■ Der 54-Jährige lebt heute in Münster, er sei aber noch regelmäßig in Wanne-Eickel, um seine Mutter und Geschwister zu besuchen.