Herne. Beim Weissen Ring haben 2021 mehr Hernerinnen und Herner Hilfe gesucht als im Vorjahr. Auch männliche Opfer trauen sich, über Taten zu sprechen.
137 Opfer von Straftaten sind im vergangenen Jahr von den ehrenamtlichen Mitgliedern des Weissen Rings in Herne betreut worden. Damit hat sich die Zahl der Opfer leicht erhöht – 2020 lag sie bei 129. „Die Frauen kommen mittlerweile wieder aus dem Haus“, begründet Brigitte Grüning, Leiterin der Außenstelle Herne, den leichten Anstieg. In den Lockdowns 2020 hätten die Betroffenen keine Möglichkeit gehabt, sich Hilfe zu suchen. Gerade bei der häuslichen Gewalt (22 Fälle) sei das ein wichtiger Aspekt gewesen während der Lockdowns. Auch die Zahl der Einbrüche sei in den Monaten des Lockdowns zurückgegangen.
Ein weiterer Grund, warum sich mehr Menschen beim Weissen Ring melden, sei, dass viele von ihnen mittlerweile offener darüber redeten, wenn ihnen etwas angetan wurde, sagt Grüning. „Auch Männer trauen sich das inzwischen immer öfter.“ 50 Prozent der Opfer, die Hilfe beim Weissen Ring suchen, seien männlich. Bei Straftaten wie Körperverletzung oder versuchter Tötung seien vor allem Männer betroffen, bei Sexualdelikten wie Vergewaltigung seien überwiegend Frauen Opfer. Die Zahl der Sexualdelikte ist 2021 auf 42 angestiegen.
Weisser Ring Herne: Workshops konnten nicht stattfinden
Während 2020 die Beratungsarbeit so gut wie ausschließlich am Telefon stattfinden konnte, seien mittlerweile Treffen wieder möglich. „Ich persönlich mache das vom Impfstatus abhängig.“ Sollte jemand gar nicht geimpft sein, behalte Grüning beispielsweise ihre Maske die gesamte Zeit über auf, sagt sie. Ein weiterer wichtiger Teil der Arbeit des Weissen Rings sei zudem die Vorbeugung, unter anderem in Form von Workshops und Vorträgen. Diese konnten 2021 jedoch aufgrund der Pandemie weiterhin nicht stattfinden.
Zehn ehrenamtliche Mitarbeiter des Vereins leisten den Opfern Beistand, begleiten sie zu Gerichtsterminen und geben Hilfestellung im Umgang mit Behörden und Institutionen. Die Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern reiche zurzeit aus, so die Herner Leiterin. Es sei von Fall zu Fall unterschiedlich, wie oft die Hilfe in Anspruch genommen werde. Viele Fälle seien nur einmalig, bei sexuellem Missbrauch könne es erst eine einmalige Beratung geben und später dann eine Prozessbegleitung.
In 49 Fällen habe der Weisse Ring in Herne Opfer mit Beratungsschecks unterstützt, die die Beratung durch Experten ermöglichen sollen. Denn schließlich seien Bedürftigkeit und eine finanzielle Notlage häufig die Folge einer Straftat: So habe der Verein im vergangenen Jahr den Opfern mit rund 10.000 Euro geholfen. 4700 Euro habe der Weisse Ring Herne davon in Soforthilfen investiert.
Bis zu 300 Euro Soforthilfe darf die Außenstelle Herne auszahlen
Dadurch bekomme das Opfer unverzügliche, unbürokratische und schnelle Hilfe. „Wenn einer alten Dame beispielsweise das Portemonnaie mit der Rente geklaut wird, bekommt sie von uns das Geld, damit sie wenigstens für kurze Zeit über die Runden kommt.“ Bis zu 300 Euro dürfe die Außenstelle ohne eine Beantragung bei der Bundesgeschäftsstelle in Mainz für sofortige Hilfe ausgeben. Es werde je nach Fall und Bedürftigkeit entschieden, ob die Soforthilfe gezahlt oder nur seelische Hilfe angeboten werde. Der Weisse Ring finanziert sich fast ausschließlich über Mitgliederbeiträge, Spenden, Nachlässe und Bußgeldzuweisungen der Gerichte.
>>>WEITERE INFORMATIONEN: Kontakt zum Weissen Ring
Den Weg zum Weissen Ring finden die Opfer durch die Polizei, Anwälte oder die zentrale Opfernummer 116 006.
Herner Telefonnummer: 02323 94 43 35, Website: herne-nrw-westfalen-lippe.weisser-ring.de, E-Mail: herne@mail.weisser-ring.de.