Herne. Die Vollsperrung der A45 trifft auch Herner Unternehmen. Sie haben durch die notwendigen Umwege erhöhte Personal-, Maut- und Treibstoffkosten.

Nach der Vollsperrung der A45 wegen der maroden Rahmede-Talbrücke standen vor allem die Umwege und Verzögerungen für die Unternehmen im Sauerland im Fokus. Doch die finanziellen und zeitlichen Auswirkungen reichen weit bis ins Ruhrgebiet und nach Herne, wie eine Nachfrage der Herner WAZ bei zwei Unternehmen offenbart.

Die Spedition Niebuhr in Börnig fährt für eine Reihe von Kunden - zum Beispiel im Frankfurter Raum. Und Richtung Süden war eben die A45 die Hauptroute. Doch jetzt muss Daniel Niebuhr die Fahrer über weite Umwege schicken: Über die A43 und die A1 geht es bis nach Köln, dort wechselt das Fahrzeug auf die A3 und von dort auf A4 Richtung Olpe. Dieser „Schlenker“, wie Niebuhr es ausdrückt, bedeute einen Umweg von rund 50 Kilometern. Eine Stunde Verzögerung sei inzwischen normal. Der Umweg verursache Mehrkosten bei Diesel und Maut von rund 60 Euro pro Strecke und Fahrzeug. Und täglich seien zwei Fahrzeuge auf dieser Route unterwegs. Da kommen in einem Jahr rund 30.000 Euro zusammen.

Die Herner Spedition Niebuhr fährt seit einiger Zeit mit einem seiner Fahrzeuge Werbung für Herne. Mit der Sperrung der A45 müssen die Lkw aber Umwege fahren - was Mehrkosten verursacht.
Die Herner Spedition Niebuhr fährt seit einiger Zeit mit einem seiner Fahrzeuge Werbung für Herne. Mit der Sperrung der A45 müssen die Lkw aber Umwege fahren - was Mehrkosten verursacht. © Stadt Herne

Auch die Personalkosten steigen laut Niebuhr. Die Fahrer begönnen ihre Schichte alle eine halbe Stunde eher. „Und wenn sie im Schnitt ihre achteinhalb oder neun Stunden arbeiten, dann sind es durch die Sperrung neuneinhalb bis zehn.“ Und die Überstunden müsse das Unternehmen ebenfalls bezahlen. Immerhin hätten die Lenkzeiten nicht die Grenze überschritten, ab der ein zweiter Fahrer nötig wird.

Umwege auch Richtung Norden - wegen der A43

Weitergeben könne er diese Kosten nicht, so Niebuhr. Die Preise seien mit den Kunden Mitte vergangenen Jahres festgezurrt worden, vor der Brückensperrung. „Deshalb müssen wir die Kosten jetzt auf unsere Kappe nehmen.“

Doch Niebuhr schaut auch nach Norden: Zwei Fahrzeuge fahren täglich Richtung Bremen - die müssen jetzt eine andere - längere - Route nehmen, weil sie nicht mehr über die marode A43-Brücke über den Rhein-Herne-Kanal nehmen können. Die Strecke ist für Fahrzeuge, die schwerer sind als 3,5 Tonnen, gesperrt. Wer die Sperrung ignoriert, wird rausgewunken und muss ein saftiges Bußgeld zahlen.

Prokuristin Anja Graf ärgert sich über die Zusatzkosten durch die Sperrung der A45. Allerdings: Die Coronakrise habe das Unternehmen härter getroffen.
Prokuristin Anja Graf ärgert sich über die Zusatzkosten durch die Sperrung der A45. Allerdings: Die Coronakrise habe das Unternehmen härter getroffen. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Auch der Röhlinghauser Busreise-Unternehmen Graf’s Reisen ist von der Sperrung der A45 betroffen. Alle Reisen, die zum Beispiel nach Italien oder Österreich gehen, führten eben über die Sauerlandlinie, so Anja Graf im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Welchen Umweg die Fahrer nun nehmen, müsse je nach Lage entschieden werden. Entweder gehe es Richtung Köln oder Richtung Kassel. Da die Ausweichstrecken überlastet seien, könne es sein, dass die Fahrer ihre Lenkzeiten überschreiten, beschreibt ein Graf ein mögliches Problem. Allerdings sei die Gefahr, an den Nadelöhren im Stau zu stehen, für die Reisebusse nicht ganz so groß, oft nicht zu den Stoßzeiten unterwegs seien. Je nachdem, wo die Reise hingehe, führen die Busse sehr früh los.

Auch für Graf’s Reisen ist der zusätzliche Treibstoff ein Kostenfaktor. Die Reisen seien ja lange vor der Sperrung kalkuliert worden, und die Preise seien im Prospekt abgedruckt. Abwälzen also ausgeschlossen. Allerdings, so Graf: „Die Sperrung ist ärgerlich, weil sie Kosten mit sich bringt, die nicht vorherzusehen waren. Doch die Corona-Pandemie hat uns deutlich härter getroffen.“

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■ Die zusätzlichen Kosten treffen die Unternehmen in einer Phase, in der sie ohnehin schon mit steigenden Kosten zu kämpfen haben.

■ Gerade die stark gestiegenen Dieselkosten bereiten Kopfschmerzen. Graf’s ordert zwar beim Großhändler und muss deshalb nicht die Preise wie an der Tankstelle zahlen, doch Preissteigerungen, fielen im Verhältnis genauso stark aus, hatte das Unternehmen im Oktober im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion geschildert. Niebuhr kommt mit seinen 21 Fahrzeugen auf eine Gesamtkilometerleistung pro Jahr von zirka 3,276 Millionen Kilometer - und muss angesichts der gestiegenen Preise mit den entsprechenden Mehrkosten kalkulieren.