Herne. Wieder Ärger um eine Baumfällung in Herne: Eine mächtige Platane soll dem Neubau von zwölf Wohnungen weichen. Warum das Vorhaben Kritik erntet.

Zwölf barrierefreien Wohnungen sollen in einem Neubau des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) an der Ecke Gerther Straße/Saarstraße in Sodingen entstehen. Das ist nicht nur Grund zur Freude: Eine Umsetzung der Pläne auf diesem Areal ist nur möglich, wenn eine gesunde Platane entfernt wird. Die Politik stimmte der Fällung zu, was auch auf Kritik stieß.

Bezirksbürgermeister spricht von einer Abwägung

„Eine klassische Abwägung“: Sodingens Bezirksbürgermeister Mathias Grunert (SPD) stimmte mit seiner Partei für die Fällung des Baumes.
„Eine klassische Abwägung“: Sodingens Bezirksbürgermeister Mathias Grunert (SPD) stimmte mit seiner Partei für die Fällung des Baumes. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

„Es handelt sich hier um eine klassische Abwägung“, sagte Bezirksbürgermeister Mathias Grunert (SPD) in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Sodingen. Die Entscheidung fiel am Ende recht deutlich aus: Gegen das Votum der Grünen und bei Enthaltung der Linkspartei stimmte sich das für die Fällung zuständige Gremium für die Entfernung des Baumes.

ASB-Geschäftsführer Tobias Ahrens hatte zuvor die Pläne des Wohlfahrtsverbandes vorgestellt. Auf der einst von einer Tankstelle und zuletzt von einem Getränkemarkt genutzten 660 Quadratmeter großen Fläche soll ein viergeschossiges Gebäude mit neun barrierefreien und drei rollstuhlgerechten Wohnungen entstehen. Das Dach soll begrünt oder mit Photovoltaik ausgestattet werden. „Den Bauantrag haben wir bereits bei der Stadt eingereicht“, berichtete Ahrens.

Äste ragen stark auf das Gelände der ehemaligen Tankstelle

Das Problem: Die Äste der etwa 22 Meter hohen Platane ragten stark auf das Gelände und machten eine Bebauung auf dem Gelände unmöglich, so die Einschätzung der Stadt, auf deren Grund der Baum steht. Heißt: Ohne die Zustimmung der Bezirksvertretung hätte der ASB seine Pläne auf dem erst 2019 erworbenen Grundstück wieder in der Schublade verschwinden lassen müssen.

Das verhinderten letztlich SPD und CDU. Sie stünden den Plänen auf dieser versiegelten Fläche nach einem Ortstermin positiv gegenüber, erklärte CDU-Fraktions-Chef Markus Lülf. Um mehr Verbindlichkeit herzustellen, beschloss die Mehrheit der Bezirksvertretung schließlich, dass der Fällung nur zugestimmt werde, wenn der ASB „die Maßnahme wie im Bauantrag vorgesehen umsetzt“.

WAZ-Leser fragt: Warum hat der ASB das Grundstück überhaupt gekauft?

Nicht nur den Grünen missfällt die Entscheidung: In einem Leserbrief an die WAZ kritisierte Martin Sindermann das Votum für die Fällung des „gewaltigen“, „gut 100 Jahre alten“ und „kerngesunden“ Baumes. Und er wirft die Frage auf, warum der Wohlfahrtsverband das Grundstück trotz der Situation überhaupt gekauft habe: „Wann erkennen die verantwortlichen Menschen in Herne, dass jeder gesunde gefällte Baum hier in deser zugebauten und versiegelten Stadt einer zu viel ist?“

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Die zugesagten Ersatzpflanzungen könnten den Schaden für das Klima nicht gutmachen, so Sindermann. Hintergrund: Der ASB verpflichtet sich, als Bauherr die Kosten von insgesamt rund 10.000 Euro für die Fällung und die Ersatzpflanzungen „von sechs bis sieben Bäumen“ an anderer (noch nicht festgelegter) Stelle. Wenn der Baum auf einem Privatgrundstück gestanden hätte, wären laut der Baumschutzsatzungen nur drei Ersatzpflanzungen notwendig gewesen, so Stadtgrün-Chef Heinz-Jürgen Kuhl.

Auch aus Sicht des Grünen-Bezirksverordneten Alfred Apel könne im Falle der Ersatzpflanzungen nicht wirklich von einem „Ausgleich“ die Rede sein. Er verweist auf das Beispiel Thorner Straße, wo die riesigen Unterschiede zwischen Altbäumen und Neupflanzungen gut sichtbar würden.