Herne. Trotz einer leichten Verbesserung liegt Herne auf dem fünften Platz in Deutschland bei der Verschuldung. Das sind die Gründe.

Die Überschuldung von Menschen in Herne ist genau wie im vergangenen Jahr leicht gesunken. Die aktuelle Überschuldungsquote, bei der die Zahl der Schuldner in Relation zur Einwohnerzahl gesetzt wird, liegt bei 16,82 Prozent. Das geht aus dem Schuldneratlas Ruhrgebiet 2021 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform Bochum hervor.

Vor einem Jahr lag die Verschuldungsquote noch bei 18,21 Prozent. Trotz der leichten Verbesserung um 1,39 Prozent: Nur in Bremerhaven, Pirmasens, Neumünster und Gelsenkirchen ist die Verschuldungsquote noch höher, Herne liegt damit auf dem fünftletzten Platz in Deutschland.

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Die hohen Arbeitslosenzahlen seien in Herne ein Grund für die hohe Verschuldung, sagt Andrea Leyk, Leiterin der Schuldnerberatung in Herne. „Das ist natürlich nicht der einzige Grund, aber nach wie vor ist es für Arbeitssuchende schwierig, in der Stadt Angebote zu finden“, sagt sie. In Herne bestehe das Problem bereits seit Jahren. „Die Verschuldung in Herne ist doppelt so hoch wie die deutschlandweite Verschuldungsquote.“ Die liegt 2021 bei 8,86 und ist somit im Vergleich zum Vorjahr um 1,01 Punkte gesunken.

Niedrigste Schuldnerquote in Herne liegt bei 13,19

Durch die Corona-Krise werde die Zahl wieder steigen, vermutet die Schuldnerberaterin. Grund sei unter anderem die Corona-Soforthilfe, die an Selbstständige ausgezahlt wurde. „Viele haben die Hilfe zu Unrecht erhalten.“ Nun liefen Rückforderungsbescheide ein, das Geld sei in den meisten Fällen aber natürlich schon weg. Das Problem sei in den vergangenen Wochen vermehrt aufgetreten.

Die hohen Arbeitslosenzahlen seien in Herne ein Grund für die hohe Verschuldung, sagt Andrea Leyk, Leiterin der Herner Schuldnerberatung.
Die hohen Arbeitslosenzahlen seien in Herne ein Grund für die hohe Verschuldung, sagt Andrea Leyk, Leiterin der Herner Schuldnerberatung. © Foto: Carsten Siegmund / FUNKE Foto Service

Am höchsten ist die Schuldnerquote in Herne mit 20,51 Prozent im Gebiet der Postleitzahl 44653, dazu gehören Teile von Baukau, Crange, Unser Fritz, Wanne und Wanne-Süd. Am niedrigsten ist sie mit 13,19 Prozent im Postleitzahlbereich 44625, dazu gehören Teile von Herne-Mitte, Herne-Süd, Holsterhausen und Sodingen.

Langzeitarbeitslosigkeit höher als vor der Pandemie

Auch Creditreform geht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage für viele Verbraucherinnen und Verbraucher im nächsten und übernächsten Jahr, zeitlich verzögert, verschlechtern werde. Hierfür sprächen laut einer repräsentativen Verbraucherumfrage von Mitte Oktober folgende Gründe: Immer noch sei ein Drittel der Haushalte von Einkommenseinbußen betroffen; überdurchschnittlich betroffen seien Menschen in Teilzeitjobs, Arbeitslose und jüngere Menschen; Anstieg der Mobilitätskosten (Benzin), Energiekosten und Kosten für Güter des täglichen Bedarfs; die kreditbasierte Anschaffungsbereitschaft liege bei 36 Prozent und habe zugenommen.

Außerdem sei die Langzeitarbeitslosigkeit weitaus höher als vor der Pandemie. Die Agentur für Arbeit erwarte hier auch in den nächsten Monaten keine wesentliche Verbesserung oder Trendwende. Allein diese Tatsache werde in Folge einen deutlichen Anstieg von Überschuldungsfällen und Verbraucherinsolvenzen nach sich ziehen. Individuelle Überschuldungsentwicklung vollziehe sich nicht sprunghaft, sondern schleichend und daher zeitlich versetzt über mittlere Zeiträume. Durch staatliche Förderprogramme und juristische Regularien seien viele Unternehmen bislang von der Insolvenz bewahrt worden. Die tatsächlichen Nachwirkungen träten folglich erst zeitverzögert im Nachgang zum Ende der staatlichen Hilfen ein. „Höchstwahrscheinlich wird die Spitze der Neuüberschuldung erst nächstes oder übernächstes Jahr erreicht werden“, heißt es im Schuldneratlas.

>>>Gründe für leichte Verbesserung

Grund für die leichte Verbesserung der Verschuldungsfälle sei die Corona-Krise, so Creditreform. „Offensichtlich haben die immensen staatlichen Stützungs- und Hilfsmaßnahmen geholfen, die Wirtschaft zu stabilisieren und Unternehmen und Verbraucher vor einer befürchteten Zahlungsunfähigkeit zu bewahren.“

Zugleich hätten pandemiebedingte Einschränkungen und die gleichzeitige Ausgabenvorsicht der Verbraucher zu einem sprunghaften Anstieg der Sparquote und Ersparnisse geführt. Seit Beginn der Pandemie dürften private Haushalte zusätzliche Guthaben von mehr als 200 Milliarden Euro angehäuft haben. Teile dieser Summe seien erkennbar auch zur Abtragung bestehender Schulden genutzt worden.