Herne. . Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform hat ihren Schuldneratlas veröffentlicht. Dabei schneidet Herne deutschlandweit besonders schlecht ab.

Die Überschuldung von Privatpersonen in Herne nimmt weiter zu. Im Jahr 2018 waren insgesamt 23.791 Menschen überschuldet, 396 mehr als im Vorjahr. Die aktuelle Überschuldungsquote, bei der die Zahl der Schuldner in Relation zur Einwohnerzahl gesetzt wird, liegt bei 18,06 Prozentpunkten. Das geht aus dem Schuldneratlas Ruhrgebiet der Wirtschaftsauskunftei Creditreform Bochum hervor.

Vergleicht man die Überschuldungsquoten zwischen 2004 und 2018, dann ist Herne deutschlandweit die Stadt mit dem höchsten Anstieg. Die Schuldnerquote stieg in diesem Zeitraum um 5,31 Prozentpunkte an. Herne weist im Jahr 2018 die höchste Schuldnerdichte im ganzen Ruhrgebiet auf. Im Jahr 2017 lag die Zahl noch bei 17,85 Prozentpunkten.

Schicksalsschläge als Auslöser für Überschuldung

„Es gibt unheimlich viele Menschen, die zwar arbeiten, aber nichts erwirtschaften“, sagt Philipp Böhme, Geschäftsführer von Creditreform Bochum mit Blick auf die schlechten Zahlen und die zunehmende Überschuldung. „Viele Menschen in jüngeren Jahren sind total fixiert darauf, etwas zu besitzen, um hip zu sein und mithalten zu können.“

Dem widerspricht Andrea Leyk, Leiterin der Schuldnerberatungsstelle Herne. „Die Mehrzahl der Schuldner gerät unverschuldet da rein“, sagt sie. Oft seien Schicksalsschläge Auslöser – Krankheiten, plötzliche Arbeitslosigkeit oder auch der Tod. Das könne jeden treffen. „Wir haben in Herne eine große Anzahl an Menschen, für die es keine passende Arbeit gibt“, erläutert Andrea Leyk das wie schon im Vorjahr schlechte Ergebnis für Herne.

Die Arbeitslosigkeit liegt laut einer Erhebung des statistischen Bundesamtes deutschlandweit als Auslöser für eine Überschuldung mit 20,0 Prozent vorne, danach folgen Trennung, Scheidung und Tod mit 13,2 Prozent. An dritter Stelle stehen Erkrankung, Sucht und Unfall mit 15,8 Prozent, an vierter die unwirtschaftliche Haushaltsführung (12,7 Prozent) und an fünfter Stelle die gescheiterte Selbstständigkeit mit 8,3 Prozent.

Kredite werden für Alltägliches aufgenommen

Die Kosten des Alltages hätten zugenommen, sagt Andrea Leyk von der Schuldnerberatung. Die Mietpreise in Herne seien gestiegen, die Einkommensarmut, bei der Menschen trotz Berufstätigkeit nicht ausreichend verdienen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, nehme zu. „Viele Menschen sind auf Kredite angewiesen, um Dinge des alltäglichen Lebens zu finanzieren – zum Beispiel eine Waschmaschine“, so ihre Erfahrung.

Was Herne tun könnte, um die Zahl der Überschuldeten zu senken, weiß auch sie nicht. „Man versucht hier in Herne schon viel“, so Andrea Leyk, aber die Zahl der Langzeitarbeitslosen sei sehr hoch. Der Mindestlohn müsste angehoben werden, Mieten zumindest stabil bleiben. „Aber Schicksalsschläge lassen sich leider nicht verhindern.“