Herne. In Herne sind erstmals seit vielen Jahren weniger Menschen überschuldet. Die Schuldnerberatung freut das nicht: Das sei die Ruhe vor dem Sturm.
Die Überschuldung von Menschen in Herne ist leicht gesunken – zum ersten Mal seit acht Jahren. Die aktuelle Überschuldungsquote, bei der die Zahl der Schuldner in Relation zur Einwohnerzahl gesetzt wird, liegt bei 18,21 Prozent. Das geht aus dem Schuldneratlas Ruhrgebiet 2020 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform Bochum hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Vor einem Jahr lag die Verschuldungsquote noch bei 18,21 Prozent . Trotz der leichten Verbesserung um 0,05 Prozent: Nur in Bremerhaven, Neumünster und Pirmasens ist die Verschuldungsquote noch höher, Herne liegt damit weiterhin auf dem viertletzten Platz in Deutschland. Und: Die positive Entwicklung werde wegen der Corona-Pandemie „ein schnelles Ende finden“, prognostiziert Creditreform in einer Mitteilung.
Am höchsten ist die Schuldnerquote in Herne mit 22,28 demnach im Gebiet der Postleitzahl 44629; dazu gehören Teile von Baukau-Ost, Herne-Mitte und Horsthausen. Am niedrigsten ist sie mit 14,23 im Postleitzahlbereich 44625, dazu gehören Teile von Herne-Mitte, Herne-Süd, Holsterhausen und Sodingen.
Herner Schuldnerberatung: Das aktuelle Bild ist trügerisch
Andrea Leyk, Leiterin der Schuldnerberatung Herne , hat trotz des ersten Rückgangs der Überschuldungsquote seit vielen Jahren keinen Grund zur Freude. Im Gegenteil: Das aktuelle Bild sei trügerisch, sagt sie zur WAZ. Und: „Das ist die Ruhe vor dem Sturm.“ Wegen Neuerungen im Insolvenzrecht , vor allem aber wegen der Corona-Krise rechnet sie mit einem „großen Ansturm“ von Ratsuchenden in der Anlaufstelle des evangelischen Kirchenkreises ab dem kommenden Frühjahr.
Aktuell gewährten viele Banken Kunden, die durch Corona in Schwierigkeiten geraten seien, noch Aufschübe und stundeten Kreditraten. Die Probleme tauchten dann später auf. Ebenso rechnet sie mit steigenden Insolvenzen – und damit mehr Schuldnern.
Hauptauslöser für eine Überschuldung, so Leyk, seien nach wie vor vor allem Einkommensverluste durch Schicksalsschläge wie Krankheiten, plötzliche Arbeitslosigkeit oder Tod des Partners. Viele Menschen, betont sie, gerieten unverschuldet in die Schuldenfalle. Die Folgen hat sie tagtäglich vor Augen, wenn die Besucher in die Schuldnerberatung kommen. Die Notlagen, in die die Menschen gerieten, seien oft groß.
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