Herne-Wanne. Zahlreiche Impfdosen wurden am Freitag im Impfbus am Wanner Markt verspritzt. Die Gründe der Herner für die Erstimpfung: recht pragmatisch.
Sie unterscheiden sich in Alter, Herkunft, Geduld und Impfstatus – und doch wollen sie alle das gleiche, hier am Freitagvormittag: ihre Coronaschutzimpfung. Es sind zahlreiche Hernerinnen und Herner, die sich vor dem Impfbus am Wanner Markt die Beine in den Bauch stehen, um ihre erste, zweite oder dritte Spritze zu bekommen. In ihrer Motivation sind die Herner Impflinge angesichts steigender Inzidenzen und immer weitergehender 2G-Beschlüsse recht pragmatisch.
So auch Hajar Jaafar, die sich spontan zur Impfaktion aufgemacht hat, als sie am Morgen in ihrem Deutsch-Sprachkurs erfuhr, als Ungeimpfte müsse sie alle zwei Tage einen negativen Test vorlegen – das sei ihr zu aufwendig. Bislang habe sie gedacht, die Coronaschutzimpfung sei ein „langer, komplizierter Prozess“, Angst davor habe sie nicht. „Als Kind habe ich ja auch viele verschiedene Impfungen bekommen“, sagt die 25-Jährige.
Herner wartet auf Corona-Impfung eine Stunde
Auch Romina Löhr und ihr Mann reihen sich für ihre Erstimpfung auf dem Parkplatz an der Hauptstraße ein – wenn auch widerwillig. „Eigentlich halten wir davon nichts, aber wir wollen auf den Weihnachtsmarkt“, sagt sie mit Blick auf den Impfbus, „Wir haben zwei kleine Kinder, denen will ich den Weihnachtsmarkt nicht vorenthalten.“
Impfbus erreicht einzelne Ungeimpfte
Auf dem Wanner Markt wurden laut Deutschen Roten Kreuz 116 Menschen geimpft.
Darunter waren mindestens 14 Erstimpfungen.
Bei der Impfaktion am Vortag in der alten Deutschen Bank ließen sich 283 Menschen impfen, davon 33 zum ersten mal.
Für seine erste Spritze mit dem Corona-Impfstoff wartet Ulf Giese eine geschlagene Stunde. „Ich gehe zur Impfung, weil es eigentlich schon viel zu spät ist.“ Der Mann in den 30ern ist in Begleitung seiner Mutter gekommen, die beklagt, sie müsse ihren Mann und Sohn „zur Impfung schleifen“. Sie führt das Zögern auf die Angst vor Krankenhäusern zurück.
Trotz einiger Erst-Impflinge nutzen die mit Abstand meisten Menschen das unkomplizierte, niedrigschwellige Impfangebot für ihre Booster-Impfung, so auch Florian Nimsgern. „Eigentlich wollte ich mich am Kirmesplatz impfen lassen, dachte dann aber, hier wären weniger Leute“, sagt er mit einem resignierten Blick auf die etwa 30 Personen lange Schlange vor ihm, „Naja.“
DRK-Mitarbeitende erklären die Booster-Regelung
Schon nah am Bus steht Kezban Kahramanoglu. Beim Hausarzt müsse sie lange auf ihre Auffrischungsimpfung warten. „Und hier steht man schön an der frischen Luft!“
Immer wieder läuft Frauke Wichard vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) die Wartenden ab und erklärt die Booster-Regelung. „Viele hören über die Medien nur, sie können sich boostern lassen, lesen aber nicht, ab wann sie das dürfen.“ Wenn manche Menschen dann doch vergeblich anstehen, schlage ihr Schimpfen, Wut und Verzweiflung entgegen.
Die DRK-Mitarbeiterin mache außerdem die Erfahrung, dass einzelne Impfwillige explizit nur den Johnson&Johnson-Impfstoff wählen. „Das sind eigentlich Impfgegner, denen die Wirkweise egal ist. Die erzählen: ,Ich muss das! ich will endlich mein Leben zurück!’“
Pfleger: „In meiner Branche kommt ja jetzt die Impfpflicht“
Ebenso wie am Vortag bei der Impfaktion in der alten Deutsche-Bank-Filiale stehen auch am Freitag junge Mütter in der Reihe der Impfwilligen. Aufgrund der über lange Zeit fehlenden Impf-Empfehlung für Schwangere oder Stillende „hängen die etwas hinterher“, erklärt Frauke Wichard.
„In meiner Branche kommt ja jetzt die Impfpflicht“, sagt Pflegefachkraft Nick Arbus, als er sich ans Ende der Warteschlange stellt. Vor einem halben Jahr hatte er sich bereits den Moderna-Impfstoff spritzen lassen, von der Auffrischungs-Impfaktion seines Arbeitgebers habe der 20-Jährige leider nicht profitieren können, deshalb sei er hier.
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Ähnlich geht es Gundula Stein, ein paar Meter weiter vorn in der Reihe. Ihr Betriebsarzt hielt auch nicht genügend Dosen für die Auffrischungsimpfung bereit. „Boostern ist der einzige Weg, das alles in den Griff zu bekommen.“ Es müsse viel mehr solcher mobiler Impfangebote geben, erklärt Gundula Stein, als ihr Mann hinzu tritt: „Österreich führt die Impfpflicht für alle ein, habe ich gerade im Radio gehört. Wartet mal ab, das kommt hier auch noch.“