Herne. An Schulen in Herne fehlen derzeit viele Lehrer. Besonders Grundschulen fürchten Unterrichtsausfälle im Herbst. Aber auch anderswo wird es eng.

An vielen Schulen in Herne fehlen Lehrkräfte. Allein die Grundschulen müssen derzeit mit einem Minus von 42 Lehrkräften zurechtkommen, wie die Bezirksregierung Arnsberg auf WAZ-Anfrage mitteilt. Für alle Schulformen sind es stadtweit insgesamt 94 Stellen, die entweder nicht besetzt sind oder durch längere Ausfälle wie Schwangerschaften oder Dauererkrankungen nicht zur Verfügung stehen. Neben den Grundschulen sind auch die Förderschulen besonders betroffen; auch an den Herner Gymnasien fehlen im September immerhin 20 Lehrerinnen und Lehrer.

„Wir haben im Moment deutlich mehr Ausfälle, da Schwangere wegen Corona das Recht haben, nicht mehr am Präsenzunterricht teilzunehmen“, sagt Andrea Christoph-Martini, die als Schulamtsdirektorin für die Grundschulen in Herne zuständig ist. Je nach Schule und Schulgröße variiere die Problematik. „Die Schulen schaffen es noch, die Stundentafel voll umfänglich zu unterrichten“, so Christoph-Martini. Aber der Bereich der individuellen Förderung bleibe derzeit auf der Strecke – und dass, wo gerade diese nach mehr als einem Jahr geprägt von Homeschooling und Wechselunterricht besonders wichtig wäre.

Herne: Lehrermangel könnte zu Unterrichtsausfall führen

„Kummer und Sorgen macht mir der Blick auf den Herbst“, merkt die Schulamtsdirektorin an. Wenn krankheitsbedingt mehrere Kollegen ausfielen, sei das nicht mehr zu kompensieren. „Dann wird stundenweise Unterricht ausfallen oder auch mal ein ganzer Tag. Darauf müssen wir uns einstellen“, so die nüchterne Einschätzung.

Denn auch die acht Poolkräfte, die in Herne in solchen Fällen eigentlich einspringen sollen, seien fest an Schulen gebunden. Der Wille, zusätzliche Lehrkräfte für die Grundschulen einzustellen ist da, betont die Schulamtsdirektorin. Allein es fehlen die Bewerber. „Es gibt Stellen, da bewirbt sich niemand. Bei anderen kommt eine Bewerbung auf eine Stelle.“ Das Problem: „Es wurde absolut unter Bedarf ausgebildet.“

Studenten schließen derzeit Lücken

Immer wieder griffen die Schulen bereits auf Studenten zurück, um Vertretungslücken zu füllen, weil fertig ausgebildetes Personal schlicht fehle. „Sie sind im Moment unsere Rettung.“ Im Bereich der Sozialpädagogik sei die Situation noch angespannter - vor allem im Bereich des „Gemeinsamen Lernens“, so Christoph-Martini. „In den letzten vier Jahren hatten wir keine einzige Bewerbung.“ Potenzielle Bewerber würden eher an Förderschulen als an Grundschulen mit integrativem Lernen gehen. Aber auch an den Förderschulen sei die Situation derzeit „unterirdisch“, so Christoph-Martini.

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Eine Folge des Lehrermangels: „Unsere Klassenfrequenz ist viel zu hoch.“ Sie liege an den Grundschulen in Herne-Mitte zwischen 27 und 30. „Wir müssen wahrscheinlich noch eine neue Grundschule in Mitte oder Wanne gründen, um die Klassenfrequenz zu senken. Aber auch hier gelte: „Wie sollen wir die Lehrerstellen besetzen?“

Schuldezernent kritisiert Politik der Landesregierung

Auch an den Gymnasien fehlen nach Auflistung der Bezirksregierung rund 20 Stellen. Viel wichtiger als die rechnerische Besetzung sei aber der Blick auf die fachspezifischen Ausfälle, sagt Nicole Nowak, Sprecherin der Herner Gymnasien. Vor allem in den Naturwissenschaften, Informatik, Musik oder auch Kunst sei es schwierig, Ausfälle zu kompensieren. „Wenn man die Ausfälle durch Schwangerschaften und Langzeitkranke hinzu nimmt, ist die Lage durchaus prekär“, fasst sie zusammen. Derzeit dürfe während des Mutterschutzes vor und nach der Geburt keine Vertretung eingestellt werden, das müsse sich ändern, so Nowak.

Schuldezernent Andreas Merkendorf sieht bei der Besetzung der Stellen einen Fehler im System. „Wir fordern, dass Stellen mehr nach Sozialindex vergeben werden“, sagt er. „Das wäre ein erster Schritt hin zu einer adäquaten Lehrerverteilung im Ruhrgebiet.“ Da müsse das Land dringend etwas ändern. „Bildung ist eine Pflichtaufgabe“, betont der Schuldezernent. „Wir haben eine Schulpflicht, und der Staat hat die Aufgabe, dem nachzukommen.“ Aus kommunaler Sicht sei es unverantwortlich und jede Lehrstelle, die der Stadt zustehe, müsse auch besetzt werden, so Merkendorf.

>>>WEITERE INFORMATIONEN: 41 Lehrerstellen ausgeschrieben

• Aktuell sind insgesamt 41 Stellen in Herne in Ausschreibung, teilt die Bezirksregierung Arnsberg mit. Bei einer Mehrzahl der übrigen, derzeit nicht besetzten Stellen, handele es sich um Elternzeiten, die nicht langfristig neu besetzt werden könnten.

• Die Bezirksregierung betont, dass es sich bei den Zahlen um eine Momentaufnahme handelt, die sich täglich ändern kann. Der nächste Einstellungstermin ist der 1. November.

In der Vergangenheit hatten auch die Gesamtschulen in Herne mit einer starken Unterbesetzung zu kämpfen. Diese konnte durch einige Einstellungen zum Schuljahresbeginn aber offenbar verbessert werden.