Herne. Das Herner Impfzentrum schließt seine Pforten. 116.000 Menschen wurden dort geimpft. Einem Besucher wurde sogar das Leben gerettet.

Das Impfzentrum in Herne schließt: An diesem Donnerstag, 30. September, soll ein Arzt um 20 Uhr einem Besucher die letzte Impfung im Hause gegen Corona geben, dann werden die Türen dicht gemacht. 116.000 Menschen haben dann in der Dreifachturnhalle im Revierpark Gysenberg, die zum Impfzentrum umfunktioniert wurde, eine oder mehrere Impfungen erhalten. „Wir haben Stadtgeschichte geschrieben“, sagt Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD).

Am Tag vor dem Aus für das Impfzentrum, das das Land vor Wochen für Ende September beschlossen hatte, zogen die Verantwortlichen Bilanz. Und die fiel gut aus. Die Zusammenarbeit zwischen Stadt, dem Betreiber DRK und der Kassenärztlichen Vereinigung habe sehr gut geklappt. Die Zahl der Geimpften spreche für sich. Kurz vor Weihnachten 2020 war das Impfzentrum eingerichtet, Anfang Februar 2021 nahm es seinen Betrieb auf. Seither seien viele Menschen „himmelhoch jauchzend“ aus der Turnhalle herausgekommen, andere „zu Tode betrübt“ gewesen, sagte OB Dudda. Gemeint ist: Viele, viele Menschen haben sich sehr über ihren Piks gefreut, andere sind gar nicht oder erst spät an die Reihe gekommen.

Auch interessant

Tagesrekord: 1482 Impfungen am 20. Juni 2021

Herne hat mit dem Impfzentrum Stadtgeschichte geschrieben: Oberbürgermeister Frank Dudda.
Herne hat mit dem Impfzentrum Stadtgeschichte geschrieben: Oberbürgermeister Frank Dudda. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Zu tun gehabt hätten die Beteiligten genug: Ausgelegt war das Impfzentrum für 600 Impfungen pro Tag, zwischenzeitlich seien es deutlich mehr gewesen. Am Osterwochenende etwa, als plötzlich Astrazeneca für die über 60-Jährigen zur Verfügung stand, seien rund 1800 Impfungen verabreicht worden. Dafür sei eigens eine fünfte Impfstraße aufgebaut worden. Tagesrekord sei der 20. Juni 2021 gewesen, als 1482 Impfungen durchgeführt worden seien,sagte DRK-Chef Martin Krause. Nicht selten, berichtete der Mediziner Dr. Uwe Budde, der stellvertretende Leiter des Impfzentrums, hätten die Beteiligten auch nach 20 Uhr weitergemacht, wenn noch Impfwillige vor den Türen standen.

Auch interessant

Nebenwirkungen habe es keine bis fast keine gegeben, erst recht keine Impfschäden. Nur zweimal habe der Rettungsdienst nach der Impfung Menschen ins Krankenhaus fahren müssen, das habe aber eher an den Vorerkrankungen der Besucherinnen und Besucher gelegen, so Budde und Krause. Natürlich aber habe es „vereinzelt Angst vor der Spritze gegeben“. Einem Besucher hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermutlich das Leben gerettet: Ein Herzkranker habe vor der Impfung Kammerflimmern bekommen und sofort versorgt werden können. „Zu Hause wäre er wahrscheinlich gestorben.“

Herne liegt bei Impfquote deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt

Wenn vom Impfzentrum gesprochen wird, dann spricht der Oberbürgermeister auch von den Impfaktionen, die mit maßgeblicher Hilfe des Impfzentrums in der Stadt gestemmt wurden, so etwa die großen in den Problemvierteln wie zu Pfingsten im Feldherrenviertel in Horsthausen und an der Emscherstraße in Wanne-Nord oder die kleineren wie auf Plätzen oder an Sportstätten oder zuletzt an Schulen. Da habe die Stadt Pionierarbeit im Land geleistet: „Herne hat gezeigt, dass wir die Bewohnerinnen und Bewohner abholen können.“

Mit Erfolg: Die Kombination aus Impfzentrum, mobilen Aktionen und Impfungen durch Arztpraxen zeige in Herne Erfolge: 78,5 Prozent der Hernerinnen und Herner hätten nun ihre Erstimpfung bekommen, 75,1 Prozent den vollen Schutz. Damit liege Herne deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt.

OB Dudda: Herne ist noch nicht überm Berg

In Herne gab es viele mobile Impfaktionen, hier im Sommer am Buschmannshof in Wanne.
In Herne gab es viele mobile Impfaktionen, hier im Sommer am Buschmannshof in Wanne. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Und wie geht es weiter? „Corona ist noch nicht vorbei“, betont der OB. Er will sein Unbehagen angesichts der Schließung des Impfzentrums nicht verhehlen. Nun sind allein die niedergelassenen Ärzte für die Impfungen zuständig. Ob das reicht? Dudda verweist auf die rund 16.000 Kinder unter zwölf Jahren, die noch nicht alt genug sind, um geimpft zu werden. Komme eine Stiko-Empfehlung, dass auch sie einen Piks bekommen dürfen, dann gebe es dafür sechs Kinderärzte in der Stadt. Und nicht vergessen werden dürfe: Alle die, die geimpft wurden, bräuchten eine Auffrischung. Auch dies könne nicht mehr vom Impfzentrum geleistet werden.

Auch interessant

Zu guter Letzt gebe es noch Tausende, die sich impfen lassen könnten, aber es bislang nicht machten. Der OB appelliert an sie, sich piksen zu lassen. „Herne ist noch nicht überm Berg“, betont Dudda. Gerade mit Blick auf den Herbst sei es wichtig, nicht nur sich, sondern auch andere zu schützen. Vor allem deshalb, weil Corona jetzt verstärkt in den Schulen auftauche. Geschützt werden müssten deshalb auch besagte 16.000 Herner Kinder, die noch nicht alt genug seien, um geimpft zu werden. Sie bräuchten die Solidarität der Erwachsenen.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Mobile Impfteams weiter unterwegs

Das Herner Impfzentrum im Revierpark Gysenberg (Am Revierpark) ist bis Donnerstag, 30. September, 20 Uhr, geöffnet. Bis dahin können Impfwillige ohne Termin kommen, so die Stadt.

Auch nach Schließung des Impfzentrums werden mobile Impfteams im Stadtgebiet unterwegs sein, kündigt die Stadt an. An diesem Donnerstag, 30. September, würden zum Beispiel auf der Bahnhofstraße in Herne-Mitte, gegenüber vom Kornbäcker, kostenlose Impfungen angeboten.