Herne. In Herne klafft ein Millionenloch, deshalb will die Stadt die Grundsteuer B anheben. Welche Mehrkosten auf die Bürger zukommen könnten.

Die städtische Finanzlage in Herne hat sich „dramatisch verschärft“, schlägt Hernes Kämmerer Hans Werner Klee Alarm. Grund sei vor allem die Corona-Krise, die zu Verlusten in Höhe vom mehreren Millionen Euro führe, sagte er im Rat. Dort stellte der städtische Finanzchef seinen Haushaltsentwurf für 2022 vor. Um das Loch auszugleichen, schlägt er für das kommende Jahr eine Erhöhung der Grundsteuer B vor – falls bis dahin keine anderen Lösungen gefunden werden.

Der Kämmerer setzt für 2022 auf das „Prinzip Hoffnung für den Herner Haushalt – Steuern auf Sicht, Teil II“: Unter diesen Titel stellte er am Dienstagnachmittag seine 45-minütige Haushaltsrede. Gemeint ist: Wie schon beim „Teil 1“ im vergangenen Jahr hofft Klee, dass Corona bald Vergangenheit ist, die Konjunktur Fahrt aufnimmt, die Zahl der Arbeitslosen sinkt und die Steuereinnahmen sprudeln – und die Stadt damit wieder mehr Geld hat. Bis dahin gelte: besagtes Steuern auf Sicht.

Herne: Städtische Töchter können weniger Geld in den Haushalt abführen

Die aktuelle Lage sehe dagegen düster aus. Die „Schleifspuren“, die Corona ziehe, würden noch viele Jahre sichtbar sein, betonte er. Weniger Steuereinnahmen, dafür mehr Ausgaben: Klee rechnet mit Corona-Schäden in Höhe von 125 Millionen Euro, die Herne ab dem Jahr 2025 abschreiben müsse, sagte er am Rande der Sitzung zur WAZ. Auch wenn es das Land aktuell erlaube, die Corona-Schäden aus den städtischen Finanzplänen herauszurechnen, so müssten sie dennoch finanziert werden. Wer das Geld aufbringt? „Wir alle“, stellte er klar.

Er präsentierte den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr: Hernes Kämmerer Hans Werner Klee.
Er präsentierte den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr: Hernes Kämmerer Hans Werner Klee. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Hinzu komme: Immer mehr Menschen müssten unterstützt werden, etwa durch Hartz IV, immer mehr Kita-Plätze finanziert, immer mehr Maßnahmen gegen den Klimawandel umgesetzt werden. Außerdem könnten städtische Töchter künftig kein oder nicht mehr so viel Geld in den Haushalt abführen, zuletzt waren es bis zu 10 Millionen Euro jährlich. Beispiel Sparkasse: Sie überwies zuletzt jährlich über 2,5 Millionen Euro an die Stadtkasse. Wegen Corona und in der Folge der angespannten Finanzmarktsituation könne das Unternehmen nun auf absehbare Zeit kein Geld mehr für den Haushalt erübrigen, so Klee in seiner Haushaltsrede.

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Summa summarum rechnet der städtische Finanzchef für das kommende Jahr mit einem Loch von 9,3 Millionen Euro – ohne die bereits herausgerechneten Corona-Schäden. Auch für die Jahre bis 2025 plant er mit Miesen in Höhe von 3,5 bis 7,5 Millionen Euro jährlich. Erlaubt sind aber keine Verluste.

Grundsteuer B-Erhöhung soll möglichst verschoben oder ganz abgewendet werden

Was tun? Die Sparpotenziale seien in der Vergangenheit ausgeschöpft worden, deshalb bleibe „letztlich nur ein Szenario“, so Klee. Er schlägt vor, die Grundsteuer B – also die Steuer auf Eigentum – um 85 Basispunkte zu erhöhen. Leicht falle ihm das nicht: „Uns ist bewusst, dass eine Steuererhöhung gerade in wirtschaftlich besonders schwierigen Zeiten für viele Menschen und Unternehmen zurecht äußert negativ ankommen wird“, sagte er in seiner Rede. Deshalb wolle die Stadt versuchen, bis zur Verabschiedung des Haushalts „diesen Schritt tatsächlich noch abwenden oder zumindest teilweise verschieben zu können“.

Gegenüber der WAZ erklärt der Kämmerer, dass diese Erhöhung für die Menschen aber noch „überschaubar“ wäre. Wer beispielsweise eine 100 Quadratmeter große Eigentumswohnung besitze, müsste mit rund 5 Euro zusätzlicher Grundsteuer im Monat rechnen. Wer ein Einfamilienhaus mit 130 Quadratmetern Wohn- und 350 Quadratmetern Grundstücksfläche habe, wäre mit zusätzlichen 6,25 Euro pro Monat dabei. Und wer ein Mehrfamilienhaus mit sechs bis elf Wohnungen besitze, der würde knapp 12 Euro monatlich mehr zahlen. Auf die Mieter kämen dann 2 bis 3 Euro monatlich hinzu.

Mit Hilfe der geplanten Erhöhung der Grundsteuer B, aber auch weiterer, kleinerer Maßnahmen, darunter zusätzlichen Einnahmen aus dem Parkraummanagement, also möglicherweise einer Erhöhung von Parkgebühren, will die Stadt das Millionenloch bis 2025 füllen. Ob auf eine oder mehrere Maßnahmen verzichtet werden kann oder ob sogar noch was draufgesattelt werden muss, bleibt bis zum Winter abzuwarten. „Die Planung ist nach wie vor extrem risikobehaftet“, bekennt der Kämmerer. Er fordert von Bund und Land: Herne brauche „Cash“ – also kein Herausrechnen von Corona-Schäden aus dem Haushalt, sondern Geld, um die riesigen Lücken zu stopfen. Nicht zuletzt sei eine Neuordnung der Kommunalfinanzierung unausweichlich.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Politik berät das Paket des Kämmerers

Nach der Präsentation des Haushaltsentwurfs berät die Politik das Paket des Kämmerers in den kommenden Wochen in den Fachausschüssen und Bezirksvertretungen. Abschließend beraten und beschlossen werden der Haushalt und das Haushaltssicherungskonzept Ende November. OB Frank Dudda erwartet „schwierige Beratungen“.

Zuletzt wurde die Grundsteuer in Herne 2018 erhöht: von 600 auf 745 Hebesatzpunkte.