Herne. Kleine Kinder dürfen Mama und Papa nicht besuchen, wenn diese im Krankenhaus liegen. Wie die Herner Kliniken diese Regel begründen.

Die Geburt eines Kindes sollte der glücklichste Tag im Leben sein. Wenn die große Schwester den kleinen Bruder zum ersten Mal kennen lernt, ist das ein besonderer Moment. Doch bei Alina Valentini verlief dieser Tag anders. Denn in Herne dürfen Kinder keine Besuche im Krankenhaus machen. Und so durfte die große Schwester Joy ihren kleinen Bruder Max erst Tage nach der Geburt kennenlernen. „Das macht mich heute noch traurig“, sagt die Mutter.

Es ist bereits einige Monate her, als die heute 32-Jährige im Marien Hospital ihren Zweitgeborenen Max zur Welt bringt. Doch noch heute, zehn Monate später, versetze es ihr einen Stich ins Herz, wenn sie daran zurück denkt. „Ich musste wegen Komplikationen nach der Geburt fünf Tage im Krankenhaus bleiben“, sagt die Hernerin. Und in der ganzen Zeit durfte ihre Tochter Joy, die zu der Zeit zwölf Jahre alt ist, sie nicht besuchen. „Sie wollte doch auch ihren kleinen Bruder kennenlernen“, sagt Alina Valentini, aber nicht einmal ein Kurzbesuch wurde erlaubt - auch nicht draußen vor der Klinik.

Herne: Kinder unter 14 Jahren unerwünscht

Während der Corona-Pandemie haben die Kliniken zur Sicherheit der Patienten strikte Besuchsregeln eingeführt. Diese wurden zwar im Sommer, bei niedrigeren Inzidenzen, etwas gelockert. Eine Regel blieb und bleibt in der ganzen Zeit aber bestehen: „Kinder unter 14 Jahren dürfen nicht zu Besuch kommen“, heißt es bei der St. Elisabeth-Gruppe. Doch was mit einem schlichten Beisatz in den Besuchsregeln formuliert wird, bedeutet für viele kleine Kinder und Eltern einen tränenreichen Trennungsschmerz.

Kinder könnten sich nicht so gut an die Corona-Regeln halten, fürchtet Theo Freitag, Geschäftsführer der St. Elisabeth-Gruppe. Sie dürfen deshalb in der Pandemie nicht zu Besuch kommen.
Kinder könnten sich nicht so gut an die Corona-Regeln halten, fürchtet Theo Freitag, Geschäftsführer der St. Elisabeth-Gruppe. Sie dürfen deshalb in der Pandemie nicht zu Besuch kommen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Aber wieso gibt es diese Regel? Haben die Kliniken Sorge, dass Kinder ansteckender sind als andere Besucher? Theo Freitag, Geschäftsführer der St. Elisabeth-Gruppe, gibt auf WAZ-Anfrage an, dass zum Schutze aller Patienten und Mitarbeitenden derzeit nur ein Besucher pro Zimmer und Tag erlaubt sei. „Zudem ist es wichtig, dass sich diese Besucher an die vorgegebenen Regeln halten. Dies ist abhängig vom Alter für Kinder häufig nicht sehr leicht, insbesondere, da diese alleine ohne Begleitung von Angehörigen das Krankenhaus betreten würden.“

Immer nur eine Person darf zu Besuch kommen

Deshalb sind Kinder - auch wenn sie negativ getestet sind - unerwünscht. Das gilt auch im Evangelischen Krankenhaus Herne, wobei hier, anders als bei der St. Elisabeth-Gruppe, zu der auch das St. Anna-Hospital, das St. Marienhospital und das Rheumazentrum gehören, das Besuchsrecht nicht direkt an ein Alter gekoppelt ist, sondern an den Umstand, dass ein Kind in der Lage sein muss, das Krankenhaus alleine zu betreten und die Mutter oder den Vater selbstständig zu besuchen. So erläutert es das EvK auf Anfrage, dass die Besuchsregel ist, dass eine Person pro Patient pro Tag für die Dauer von einer Stunde zugelassen sei - immer vorausgesetzt, dass sie geimpft, genesen oder getestet sei.

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„Auch Kinder werden von uns als Person definiert“, sagt Danh Vu, Verwaltungsdirektor EvK Herne. Das bedeute, dass ein Kind durchaus eine Angehörige oder einen Angehörigen auf der Station besuchen dürfe. „Aber es muss alt genug sein, um allein auf die Station gehen zu können und es muss genauso wie die Erwachsenen die 3-G-Regel erfüllen.“ Vu präzisiert: „Eine Zwölfjährige, die einen gültigen Test-Nachweis erbringt, kann also durchaus ihre Großmutter bei uns im Haus besuchen.“

Härtefallregel in „absoluten Ausnahmesituationen“

Eine Ausnahme gebe es nur in seltenen Fällen. „Bei Kleinkindern gilt die Härtefallregelung“, sagt der Verwaltungsdirektor. „Das bedeutet, dass sie nur in absoluten Ausnahmesituationen zugelassen werden. Das sind dann Einzelfallentscheidungen, für die es keine festgelegte Vorab-Definition gibt.“ Aber auch in einer solchen Situation müsste das Kind zuvor getestet werden, so Vu. Diese Härtefallregelung habe es während der gesamten Pandemie gegeben. Sie galt ebenfalls während der Phase des absoluten Besuchsverbots, als gar keine Besucher das Haus betreten durften, teilt das EvK mit.

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„Patienten liegen in der Regel nur wenige Tage in unseren Krankenhäusern“, sagt Theo Freitag von der St. Elisabeth-Gruppe. „Auch wenn dies aus der individuellen Perspektive jedes Einzelnen eine lange Trennung sein kann, ist es für uns wichtig, den Schutz aller Patienten und Mitarbeiter im Blick zu haben.“ Heute sei es durch die digitalen Medien auch für junge Familien fast immer möglich, Kontakt zu halten und sich zu sehen, so das Krankenhaus, – auch wenn dies nicht das gleiche sei wie ein persönlicher Besuch.

>>>WEITERE INFORMATIONEN: Wenn Kinder krank sind

• Anders ist es, wenn Kinder krank sind und im Krankenhaus liegen. „Für sie ist dann der Kontakt zu ihren Eltern besonders wichtig. Für diese Patienten gibt es eine Ausnahmeregelung“, sagt Theo Freitag, Geschäftsführer der Elisabeth-Gruppe. „Ihre Eltern dürfen sie durchgängig und gemeinsam besuchen.“

• Sowohl das EvK als auch die Elisabeth-Gruppe planen derzeit keine Änderungen der Besuchsregeln, teilen auf Anfrage aber mit, dass sie die Entwicklung der Corona-Lage aber weiter im Blick haben.