Herne. Herne will „Globale nachhaltige Kommune“ werden. Dazu hat die Stadt jetzt eine Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Was dahinter steckt.

Die Stadt Herne hat am Donnerstag eine Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Damit formuliert sie Ziele, die sie in den kommenden Jahren erreichen will, verbunden mit einem entsprechenden Handlungskonzept. Im Mittelpunkt steht das Thema Nachhaltigkeit, das soziale, wirtschaftliche und ökologische Kriterien umfasst.

Zum Hintergrund: Herne ist eine von 30 Modellkommunen in NRW, die eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Zwei Jahre lang hat die Stadt mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürgerschaft daran gearbeitet, unter anderem in Workshops, herausgekommen ist ein knapp 100 Seiten starkes Papier, das nun in den politischen Gremien sowie in den Bezirksvertretungen vorgestellt und diskutiert wird. Am Ende soll der Rat das Konzept im Oktober beschließen. Im Kern geht es in der Nachhaltigkeitsstrategie um fünf Themenbereiche, in denen die Stadt nachhaltig weiterentwickelt werden soll: „Lebenslanges Lernen & Kultur“, „Soziale Gerechtigkeit & zukunftsfähige Gesellschaft“, „Nachhaltiger Konsum & gesundes Leben“, „Globale Verantwortung & Eine Welt“ sowie „Wohnen & Nachhaltige Quartiere“. Ausgeklammert worden sei der Bereich Umwelt, weil die Stadt bereits ein Klimakonzept erarbeitet habe.

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Herne: 17 Nachhaltigkeitsziele mit 120 Einzelmaßnahmen

Er stellte die Nachhaltigkeitsstrategie vor: Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda.
Er stellte die Nachhaltigkeitsstrategie vor: Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda. © FUNKE Foto Services | Sebastian Konopka

Als nachhaltig wird dabei unter anderem eine Entwicklung definiert, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Daraus entstehe auch die „Verpflichtung, anders zu denken“, sagte Oberbürgermeister Frank Dudda bei der Vorstellung der Nachhaltigkeitsstrategie im Herner Rathaus.

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17 Nachhaltigkeitsziele wurden dazu formuliert, die in 120 Einzelmaßnahmen münden. Ein Beispiel aus dem Bereich „Lebenslanges Lernen & Kultur“: An den weiterführenden Schulen, so eines der Ziele, soll die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss ab dem Jahr 2030 dauerhaft unter 5 Prozent liegen. Aktuell liege diese Quote bei 8,5 Prozent – „Tendenz steigend“.

Stadt: Nachhaltigkeitsstrategie ist ein kontinuierlicher Prozess

Für die Stadt sei es wichtig, nachhaltig zu arbeiten. Mehr noch: Die Strategie sei „ein wichtiges Ausrufezeichen“, sie biete Herne eine „bessere Ausgangssituation im Wettbewerb der Städte“. Wenn der Rat im Oktober grünes Licht für das Papier gibt, dann gehöre Herne zu den zehn Prozent der Städte in NRW, die das Prädikat „Globale Nachhaltige Kommune“ trügen. Das sei ein Plus, wenn es etwa um die Ansiedlung von Unternehmen oder Instituten gehe.

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Die Initiatoren betonen, dass die Strategie mit dem Papier nicht abgeschlossen sei: „Das Ganze ist ein kontinuierlicher Prozess.“ Ziele, ergänzte der OB, könnten sich ändern, wenn sich auch Rahmenbedingungen änderten. Nicht zuletzt könne auch die Politik in der nun startenden Beratung eigene Vorschläge machen.

Stadt will mit gutem Beispiel vorangehen

Alle gesellschaftlichen Kräfte müssen das Thema vorantreiben: Henrich Kleyboldt von Ifürel.
Alle gesellschaftlichen Kräfte müssen das Thema vorantreiben: Henrich Kleyboldt von Ifürel. © FUNKE Foto Services | Ralph Bodemer

Die Stadt sei zwar Motor, brauche aber die Unterstützung aller Beteiligten, heißt es. Henrich Kleyboldt, Geschäftsführer des Industriedienstleistungsunternehmens Ifürel, betonte, dass die Nachhaltigkeitsstrategie nur dann erfolgreich sein könne, „wenn alle gesellschaftlichen Kräfte das Thema vorantreiben“. Dazu gehöre vor allem auch die Wirtschaft, die Verantwortung dafür trage, wirtschaftlich zu arbeiten. Auch müssten die Akteure themenübergreifend denken und arbeiten. Pierre Golz von der städtischen Stabsstelle Digitalisierung kündigte an, dass ein Verein gegründet werden soll, in dem sich alle Akteure beteiligen könnten. Ziel sei es, durch den Verein Engagement zu fördern, das Nachhaltigkeitsziele erfüllt.

Nicht zuletzt will die Stadt auch selbst vorangehen. „Man muss eine Vorbildfunktion haben“, sagte Thomas Semmelmann vom städtischen Fachbereich Umwelt und Stadtplanung. Unter dem Thema „Nachhaltige Verwaltung“ finden sich unter anderem diese Ziele: „Im Jahr 2025 ist die Bewerbung kommunaler Angebote ausgeweitet auf Mehrsprachigkeit, leichte und gendergerechte Sprache.“ Und: „Im Jahr 2025 sind die digitalen Informationen und Leistungen der Stadtverwaltung zielgruppenspezifisch ausgebaut.“

Das sind die wichtigsten Ziele in den fünf Themengebieten

Die vorgestellte Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Herne umfasst ein Handlungsprogramm auf fünf Themengebieten. Hier die wichtigsten Ziele im Überblick.

Themengebiet „Lebenslanges Lernen & Kultur“

Die Versorgungsquote in den Kitas von 42 Prozent im U3-Bereich und 100 Prozent im Ü3-Bereich ist 2025 erreicht, auch die entsprechenden Räumlichkeiten sind da.

25 Prozent der Veranstaltungen der VHS haben im Jahr 2025 einen Bezug zu Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Bis 2025 können alle Schulen und Bildungseinrichtungen digital voll ausgestattet arbeiten und bieten Konzepte zur Kompetenzvermittlung im Bereich Digitalisierung an.

Eins der Ziele: Die Versorgungsquote in den Kitas von 42 Prozent im U3-Bereich und 100 Prozent im Ü3-Bereich soll 2025 erreicht werden.
Eins der Ziele: Die Versorgungsquote in den Kitas von 42 Prozent im U3-Bereich und 100 Prozent im Ü3-Bereich soll 2025 erreicht werden. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Themengebiet Gerechtigkeit & zukunftsfähige Gesellschaft

Bis 2025 werden Maßnahmen etabliert, die Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund sowie mit Behinderungen ermutigen, sich verstärkt in der Kommunalpolitik einzubringen.

Bis 2025 werden neue digitale Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger in Herne erprobt.

2025 werden in einem Herner Gewerbegebiet exemplarisch sozialökologische Maßnahmen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung umgesetzt und erfolgreiche Initiativen bis 2030 auf andere Gebiete ausgeweitet.

Themengebiet Nachhaltiger Konsum & gesundes Leben

2025 gibt es in Herne ein Regionalnetzwerk, das mit der Vermarktung regional erzeugter Produkte lokale Wirtschaftskreisläufe stärkt.

Bis 2025 wird das Abfallaufkommen der Herner Haushalte von 503 Kilo pro Einwohner in 2020 um 5 Prozent auf 478 Kilo gesenkt.

2025 gibt es in jedem Herner Stadtbezirk Repaircafés und Tauschschränke.

Weiteres Ziel: In jedem Herner Stadtbezirk sollen Repaircafés und Tauschschränke eingerichtet werden.
Weiteres Ziel: In jedem Herner Stadtbezirk sollen Repaircafés und Tauschschränke eingerichtet werden. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Themengebiet Globale Verantwortung & Eine Welt

2025 haben alle Städte- und Projektpartnerschaften die Umsetzung der Agenda 2030 und der Klimagerechtigkeit thematisch aufgegriffen.

Bis 2025 setzen mindestens 20 Unternehmen Schwerpunkte einer nachhaltigen Entwicklung.

Bis 2025 gibt es mindestens 50 Pilotunternehmen, die jeweils mindestens ein Produkt der eigenen Wertschöpfungskette öko-fair beschaffen und mindestens zwei Produkte regional und/oder ökologisch einkaufen.

Regionale Produkte sollen vorangetrieben werden.
Regionale Produkte sollen vorangetrieben werden. © Lars Heidrich

Themenbereich Wohnen & Nachhaltige Quartiere

Die Stadt Herne zeichnet sich bis 2030 durch einen hohen Standard im Bereich der Nahmobilität (Rad- und Fußverkehr) und des öffentlichen Nahverkehrs aus.

Die Grünflächen in Herne besitzen 2025 eine hohe ökologische und sozialräumliche Qualität.

Bis zum Jahr 2025 verfügen alle Wohnorte in Herne über ein fußläufig erreichbares, barrierefreies und attraktives Nahversorgungsangebot.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Globale Entwicklungsagenda

Die globale Entwicklungsagenda (Agenda 2030) wurde von den Vereinten Nationen 2015 verabschiedet und beinhaltet erstmals weltweit gültige Nachhaltigkeitsziele.

Die Agenda 2030 leitete einen Perspektivwechsel in der internationalen Zusammenarbeit ein, indem sie Länder des globalen Südens und des globalen Nordens gleichermaßen adressiert, so die Stadt

Deshalb wurden auf Bundes- und Landesebene Nachhaltigkeitsstrategien erarbeitet. Von den Städten und Gemeinden wird erwartet, dass sie ihr Verwaltungshandeln ebenfalls verstärkt an den nachhaltigen Entwicklungszielen ausrichten und mit beispielhaften Ansätzen vorangehen.