Herne. Aktivisten der Gruppe „Gas Exit“ bauen ein Protestcamp am Schloß Strünkede in Herne auf. Die Stadt sagt: Das ist eine Ordnungswidrigkeit.
Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppe „Gas Exit“ haben damit begonnen, im Schlosspark Strünkede in Herne ein Camp aufzubauen. Mit ihrem Zeltdorf wollen die Frauen und Männer gegen den Bau des neuen Gaskraftwerks in Herne protestieren. Einen Nutzungsvertrag mit der Stadt für das Grün wollen sie aber nicht unterschreiben – und auch Miete und Kaution nicht bezahlen, sagt Sprecherin Lena Maier zur WAZ.
Um das Kampieren ist ein Streit entbrannt: Die Stadt verlange eine Miete von 4000 Euro und eine Kaution von über 40.000 Euro für die Nutzung des Schlossparks, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. Sie befürchtet Schäden auf dem Ausflugsgelände und habe der Gruppe in Baukau deshalb ein alternatives Gelände, noch näher am Kraftwerk, angeboten. Das habe die Gruppe abgelehnt. „Gas Exit“ hatte zwischenzeitlich einen Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht eingereicht, um eine Nutzung des Schlosspark-Geländes durchzusetzen. Der Antrag sei mittlerweile zurückgezogen worden, weil die Polizei zugesichert habe, dass sie nicht eingreifen werde, so die Sprecherin.
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Herne: Kampieren ist eine Ordnungswidrigkeit
Den Nutzungsvertrag werde die Gruppe nicht unterschreiben und auch kein Geld zahlen. Sie führten eine politische Versammlung durch, und für dieses Grundrecht müsse man selbstverständlich keine Gebühren zahlen, so Sprecherin Maier. Das sieht die Stadt anders: Das Kampieren sei eine Ordnungswidrigkeit, die nun verfolgt werde, sprich: Ordnungswidrigkeitsverfügungen würden in die Wege geleitet, so Stadtsprecher Hüsken.
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Unterdessen wurden bereits die ersten Zelte, darunter Großraum- und Schlafzelte, aber auch ein Zirkuszelt aufgebaut. Bis zum Wochenende sollen Dutzende weitere Zelte hinzukommen, Meier rechnet dann mit 50 bis 100 Campern aller Altersklassen aus ganz Deutschland.
Aktivisten: Sauberes Gas ist eine Lüge
Die Aktivisten protestieren gegen das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, das die Steag gerade in Baukau baut. Das Kraftwerk arbeitet laut Betreiber nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung, sei deshalb besonders ressourcenschonend und ersetze am Herner Standort perspektivisch den Steinkohleblock 4. Durch die Auskoppelung der Wärme steigt nach Steag-Angaben der Gesamtnutzungsgrad des Brennstoffs Erdgas auf 85 Prozent. Damit sei das Kraftwerk künftig eine der effizientesten und umweltfreundlichsten Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD) weltweit.
Das sieht Gas Exit anders: Sauberes Gas, so die Gruppe in einer Mitteilung, „ist und bleibt eine dreckige Lüge“. Gas sei genauso klimaschädlich wie Kohle. Dass in Herne und Dutzenden anderen Orten in Deutschland Kohle durch Gas ersetzt werden soll, statt eine echte Strom- und Wärmewende einzuleiten, sei „eine klimapolitische Katastrophe“. Gas Exit kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Bundesregierung: Wegen einer starken Bundesförderung für neue Gaskraftwerke seien Investitionen in fossile Kraftwerke für die Betreiber viel lukrativer als Investitionen in erneuerbare. Die Bundesregierung stelle sich damit einer nachhaltigen Strom- und Wärmewende entgegen.
Polizei beobachtet die Camper im Schlosspark
Der Kraftwerksbetreiber Steag, der Millionen in sein neues Gaswerk investiert, verfolgt das Protestcamp und gibt sich entspannt. „Steag anerkennt das Recht der Demonstrierenden, ihrer Kritik an der aktuellen Energie- und Klimapolitik durch friedlichen Protest Ausdruck zu verleihen“, sagt Sprecher Daniel Mühlenfeld zur WAZ.
In den kommenden Tagen seien im Camp am Schloß Strünkede Workshops rund ums Thema Erdgas geplant, kündigt die Gruppe an. Zudem wollten die Aktivisten am kommenden Samstag, 21. August, eine Demonstration vom Camp durch die Innenstadt durchführen. Das Motto laute: „Gas Is Over – Nachhaltige Wärme statt fossile Dinosaurier“.
Die Polizei sei mit Kräften vor Ort im Schlosspark und verfolge die Ereignisse, sagt Polizeisprecher Frank Lemanis. Die Polizei gehe davon aus, dass die Aktivisten nicht nur kampieren, sondern für ihre Sache auch „Akzente setzen“ wollten. „Darauf wollen wir vorbereitet sein“, so der Polizeisprecher.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Die Gruppe „Gas Exit“
Gas Exit versteht sich als „basisdemokratisch organisiertes, bundesweites Netzwerk, das durch Wissensvermittlung und Aktivismus für einen Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung kämpft“, so heißt es auf der Homepage der Gruppe unter www.gasexit.de.
Demnach engagierten sich die Aktivisten gegen die weitere Nutzung von fossiler Energie – „mit buntem, fröhlichem und frechem Widerstand“.