Herne. Rund 27.000 Euro lässt sich Herne die Ehrung langjähriger Mandatsträger kosten. Warum die Verleihung goldener Ringe und Nadeln umstritten ist.

Die Verwaltung hat kurz vor der Sommerpause Stadt- und Bezirksverordneten für deren langjähriges Engagement goldene Ehrenringe und -nadeln im Wert von insgesamt rund 27.000 Euro verliehen. Passt diese seit Jahrzehnten übliche Art der Anerkennung ehrenamtlichen Engagements noch in die Zeit? Darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Diese Praxis ist seit Jahrzehnten in Herne üblich: Stadtverordneten wird nach 15-jähriger Mandatsausübung automatisch ein Ehrenring verliehen. Es handelt sich um eine Spezialanfertigung aus 585er Gelbgold mit dem eingravierten Stadtwappen. Insgesamt 16 Ratsfrauen und -herren ist dieses Schmuckstück jüngst im Rahmen einer Feier im Biergarten „Oskar am Kanal“ in Unser Fritz von OB Frank Dudda verliehen worden.

Bei den Bezirken setzte der Rat den Rotstift an

Bei Bezirksverordneten ist dagegen aus „Spargründen“ der Rotstift angesetzt worden: Sie erhalten seit 2014 nach 15 Jahren Mandatsausübung keinen Ehrenring mehr, sondern „nur“ eine deutlich kostengünstigere Ehrennadel in Gold. Diese Anerkennung ging aktuell an insgesamt zwölf Politikerinnen und Politiker aus den Bezirken.

Piraten-Ratsherr Lars Wind kritisiert die Herner Praxis: „Ich würde auf den Ehrenring verzichten.“
Piraten-Ratsherr Lars Wind kritisiert die Herner Praxis: „Ich würde auf den Ehrenring verzichten.“ © Unbekannt | Piraten

Die Verleihung von Ehrenringen und -nadeln sei nicht mehr zeitgemäß, kritisiert Piraten-Stadtverordneter Lars Wind auf Anfrage. „Wertschätzung kann man auch anders zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel durch eine Urkunde.“ Einer armen Stadt wie Herne stehe eine solche Ehrung nicht gut zu Gesicht. Er hätte persönlich den Ring nicht angenommen, sondern das Geld gespendet, erklärt Wind. Das würde bei dem Neuling im Rat dann allerdings noch 14 Jahre dauern – falls er denn wiedergewählt werden sollte.

Besitzer eines Ehrenrings der Stadt ist dagegen neuerdings Winds Parteifreund Günther Nierstenhöfer. Bereits vor knapp zehn Jahren beantragte er – damals noch als Mitglied einer Abspaltung der Linkspartei – die Abschaffung dieser Auszeichnung. Und jetzt? Er werde mit seiner Partei in Kürze darüber nachdenken, wie man den Goldring in eine Spende „umwandeln“ könne, sagt der Wanner zur WAZ.

FDP und SPD verweisen auf den hohen Aufwand

Pirat Wind führt noch ein weiteres Argument an: Die monatliche Summe, die Stadtverordnete durch Aufwandsentschädigungen und Mitgliedschaften in (manchen) Aufsichtsräten erhielten, sei nicht zu vernachlässigen. Das will FDP-Chef Thomas Bloch – wie Nierstenhöfer frischgebackener Ehrenring-Träger - nicht gelten lassen. „Wenn man den Job ernst nimmt, handelt es sich um eine sehr zeitaufwendige Tätigkeit“, sagt der Ratsherr. Rechne man dies in Stunden um, müsste eigentlich für Stadt- und Bezirksverordnete ein Mindestlohn verhandelt werden.

In Unser Fritz zeichnete OB Frank Dudda (li.) langjährige Herner Mandatsträger aus.
In Unser Fritz zeichnete OB Frank Dudda (li.) langjährige Herner Mandatsträger aus. © Stadt Herne | Felix Schmale

Die Verleihung der Ringe seien allerdings auch in der FDP kontrovers diskutiert worden, räumt er ein. Man müsse sich im Klaren darüber sein, dass es für Ehrenamtler, die sich beispielsweise beim Mittagstisch der Oase engagierten, nichts Vergleichbares gebe. Bei der Abwägung von Für und Wider komme er aber zu einem eindeutigen Ergebnis pro Ehrenring: „Das ist die einzige Möglichkeit der Stadt, den Mandatsträgern etwas Anerkennung zurückzugeben und ihnen Respekt für die geleistete Arbeit zu zollen“, so Bloch.

Dass sieht Erich Leichner ähnlich. Der Sozialdemokrat gehörte bis 2020 über insgesamt 31 Jahre dem Rat an; im Biergarten hat er dafür jüngst (zusätzlich zum bereits vor Jahren entgegengenommenen Ehrenring) eine Urkunde erhalten. „Die Verleihung eines Ehrenrings ist angemessen“, sagt der ehemalige Bürgermeister und verweist wie Bloch auf den Aufwand und die Dauer des Ehrenamts. Und trotzdem habe auch er einmal die Abschaffung der Auszeichnung gefordert, so Leichner. Er habe damals verhindern wollen, dass die rechten Republikaner geehrt werden, dafür aber keine Mehrheit bekommen.