Herne. Bei Anwohnern der Herner Firma Nordfrost brummt’s - und das seit Monaten: Sie klagen über Lärmbelästigung. Das Unternehmen will Abhilfe schaffen.
Bürger am Rande des Nervenzusammenbruchs. Am Donnerstag ist für einen Anwohner der Alleestraße in Unser Fritz (Name der Redaktion bekannt) um 5.59 Uhr an Schlaf trotz Urlaubs nicht zu denken. Auslöser des von ihm per Video am offenen Fenster dokumentieren Dauertons – eine Mischung aus Rauschen und Brummen - ist das Tiefkühllager von Nordfrost in der unmittelbaren Nachbarschaft.
Keine Momentaufnahme, sondern offenbar ein Dauerärgernis seit Eröffnung des „größten Tiefkühlhauses in Deutschland“ vor einem Jahr. Bereits Anfang Juni haben rund 20 Nordfrost-Anwohner unter anderem der Alleestraße und der Unser-Fritz-Straße – darunter auch Mondritter Horst Schröder - ihrem Unmut bei einem Ortstermin mit der WAZ freien Lauf gelassen.
Beschwerden bei der Stadt und bei der Polizei
Praktisch seit der Inbetriebnahme der Halle im vergangenen Jahr müssten mehrere Hundert Menschen tagsüber und nachts immer wieder mit Lärmbelästigungen leben, berichteten sie. Seit einigen Monaten sei es zeitweise unerträglich. Sie seien schon vor Monaten bei der Stadt und bei der Polizei vorstellig geworden. Auch Bezirksbürgermeister Uwe Purwin schaltete sich ein. Die Forderung der Anwohner: „Hier muss endlich etwas passieren.“
Nach den ersten Bürgerbeschwerden Ende Februar seien Kontrollen auf dem Betriebsgelände von Nordfrost und in der Nachbarschaft durchgeführt worden, erklärt Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage. Mit der Firma Nordfrost seien Gespräche geführt worden – „mit dem Ergebnis, dass technische Änderungen durchgeführt werden“, so Hüsken.
Zu wenige und unpassende Elektroanschlüsse
Technische Änderungen in einem hochmodernen Tiefkühl-Logistikzentrum, das erst vor einem Jahr in einem Neubau den Betrieb aufgenommen hat – was ist da schief gelaufen? Nordfrost räumt gegenüber der WAZ einen Fehler ein. „Die Ursache wird in den dieselbetriebenen Kühlaggregaten der Lkw liegen, die zur Kühlung der Ladung notwendig sind“, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens.
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Eigentlich sollten die Kühlaggregate der Fahrzeuge auf dem Hof elektrisch betrieben werden. Dafür gebe es auf dem Gelände Stromanschlüsse. Die Praxis an dem neuen Standort habe aber gezeigt, dass die Zahl der Anschlüsse nicht ausreiche. Um alle Kühl-Lkw auf dem Hof zu versorgen, habe man inzwischen mit der Installation weiterer elektrischer Anschlüsse begonnen. Darüber hinaus beschäftige sich Nordfrost mit der „Entwicklung eines wirkungsvollen Gesamtkonzepts“.
Auf nochmalige Nachfrage der WAZ wird die Nordfrost-Geschäftsführung zu den Versäumnissen am Standort Herne konkreter. Sie hätten „natürlich“ eine entsprechende Zahl von Elektroanschlüssen für die Lkw-Kühlmaschinen vorgesehen. „Leider waren die verwendeten Elektranten von der Bauart her nicht passend, so dass nicht alle Stromanschlüsse auf dem Hof ihre Funktion erfüllten und manche davon nun zu erneuern sind“, so Geschäftsführerin Britta Bartels.
Nachinstallation läuft „unter Hochdruck“
Darüber hinaus hätten sie festgestellt, dass an dem neuen Logistikstandort - „der in Bezug auf die Größe und die Technologie in der Tat neue Standards setzt“ – die tatsächliche Arbeitsweise „etwas anders ausfällt als erwartet“. Deshalb müssten sie nachjustieren. Und wann ist mit einem Ende des Brummens zu rechnen? Sie müssten die Anwohner noch um etwas Geduld und Verständnis bitten, erklärt Bartels. Die bereits „unter Hochdruck“ laufende Nachinstallation von Elektroanschlüssen werde „sehr kurzfristig“ zum Abschluss kommen, voraussichtlich im Juli 2021.
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Nicht nur der Lärm ärgert die Anwohner. Sie fühlen sich auch von der Stadt nicht wirklich ernst genommen und klagen zudem über die Informationspolitik des Unternehmens. Die Bürger, die sich offiziell über das Dauerbrummen beschwert haben, hat Nordfrost inzwischen in einem Brief über den aktuellen Sachstand informiert. Die Stadt habe die Zustellung übernommen, weil ihnen die Adressen der Beschwerdeführer ja nicht bekannt gewesen seien, so Bartels.
Eine flächendeckende Information über die selbstverschuldeten Lärmbelästigungen – beispielsweise durch Wurfsendungen an alle betroffenen Haushalte im Umfeld – ist durch Nordfrost nicht erfolgt.