Herne. Handwerker in Herne schlagen Alarm: Holz und andere Baumaterialien werden knapp und teuer. Einige Bauprojekte verzögern sich bereits.

Die Baukonjunktur läuft auf Hochtouren, doch dramatische Lieferengpässe und steigende Preise bei Holz und anderen Baumaterialien bereiten Handwerkern auch in Herne zunehmend Kopfzerbrechen. Seit circa drei Wochen sei die Situation angespannt, sagt Dachdecker Martin Diekmann. „Seit zehn Tagen ist es akut.“

Noch könne er nicht abschätzen, wie hart ihn der derzeitige Engpass treffen werde. Fest stehe jedoch bereits: Einige Dämmstoffe könnten nicht vor September geliefert werden. Das beeinflusse unter anderem den Neubau des Verwaltungsgebäude von Ifürel am Bahnhof, an dem Diekmann beteiligt ist. „Das wird sich bestimmt verzögern.“ Allerdings könne sich alles auch in einigen Tagen bereits wieder ändern. „Man kann momentan einfach keine verlässlichen Aussagen treffen.“

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Seine Kunden bekämen seit drei Wochen ein Schreiben, in dem Diekmann erkläre, dass die Preise „nur heute gelten“. Bei einer Beauftragung müsse neu kalkuliert werden. Auch feste Termine könnten zurzeit nicht vereinbart werden. Bis jetzt habe er sich aber noch gut aus der Sache „herausjongliert“, habe andere Termine vorgezogen und umgeschichtet.

Materialpreise haben sich um bis zu 70 Prozent erhöht

Doch der logistische Aufwand sei größer geworden. Während früher Materialien, die mittwochs bestellt wurden, montags auf der Baustelle gewesen seien, dauere nun alles länger. Auch die Preise hätten sich deutlich erhöht. Während in normalen Zeiten ein Dachlatten-Meter 48 Cent gekostet habe, liege der Preis nun bei 1,55 Euro – oder mehr. Bei Dämmmaterialien gebe es ebenfalls einen Preissteigerung von 60 bis 70 Prozent.

Die Gründe für den Holzmangel sind für Diekmann eindeutig: Zum einen seien die Auftragsbücher voll, es gebe deutlich mehr zu tun als in den Vorjahren. Zum anderen kauften Amerika und China den europäischen Markt leer. „Der Export ist um 100 Prozent gestiegen. Das fehlt dann natürlich auf dem deutschen Markt.“ Zudem gebe es beim Holz einen „Klopapiereffekt“. Heißt: Die, die viel brauchen, hätten ihre Lager vollgemacht, erklärt Diekmann.

Auch andere Baustoffe sind derzeit Mangelware

„Wir haben massive Probleme“, sagt auch Kreishandwerksmeister Hans-Joachim Drath. Die Preise für Materialien hätten sich innerhalb weniger Wochen vervierfacht. Einige Dämmstoffe seien in diesem Jahr gar nicht mehr lieferbar. Dadurch sei es für die Handwerker kaum mehr möglich, konkrete Angebote zu machen, „da sich in einer Woche wieder alles ändern kann“, so Drath.

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Durch den Baustoffmangel werde auch der Kampf gegen den Klimawandel ausgebremst. Denn: Die Ziele der energetischen Sanierung könnten momentan nicht eingehalten werden. Und nicht nur im Holzmarkt herrscht zurzeit Knappheit – auch Kunststoffe und Stahl seien Mangelware.

„Wenn das so weitergeht, müssen einige Betriebe ihre Mitarbeiter ab Sommer in Kurzarbeit schicken. Und das, obwohl die Auftragsbücher voll sind“, sagt er. Auch die Kunden spürten bereits die Auswirkungen. „Große Kunden legen ihre Projekte momentan bereits auf Eis.“ Die Stimmung unter den Handwerkern sei angespannt angesichts der „bedrohlichen Situation“. Es gebe aktuell kein Licht am Ende des Tunnels, sagt der Kreishandwerksmeister. „Sowas habe ich in 25 Jahren Selbstständigkeit noch nicht erlebt.“

>>>Handwerkskammer gibt Tipps

Auch die Handwerkskammer Dortmund, zu der Herne gehört, stellt fest, dass immer mehr Betriebe in der Region damit rechnen, Aufträge nicht wie geplant abarbeiten zu können und deshalb möglicherweise sogar Kurzarbeit anmelden zu müssen. Unterbrechungen von Lieferketten, Produktionsausfälle oder vermehrte Bestellungen anderer Bereiche führten teilweise sehr kurzfristig zu stark ausfallenden Preisschwankungen.

„Bei Handwerksbetrieben, die in ihren Angeboten und Verträgen Preise festgelegt haben und vertraglich gegenüber ihrem Auftraggeber daran gebunden sind, kann dies insbesondere bei längerfristigen Projekten zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen führen“, sagt Henrik Himpe, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Justiziar der Handwerkskammer Dortmund. Er empfiehlt den Handwerksbetrieben, möglichst frühzeitig das Gespräch mit Kunden zu führen und Kompromisse zu finden.