Herne. In Herne werden seit einem Jahr Elektro-Transporter von Tropos Motors gebaut. Über den Start in der Pandemie spricht Tropos-Chef Markus Schrick.
Seit einem Jahr ist Herne Autostadt. Tropos Motors Europe stellt in seinem Werk Am Heitkampsfeld in Wanne-Eickel den Elektro-Transporter Tropos Able her. Die WAZ sprach mit Tropos-Motors-Geschäftsführer Markus Schrick (60) über das erste Jahr Autoproduktion in Herne.
Vor einem Jahr haben Sie das erste Tropos-Fahrzeug, das in Herne gebaut wurde, ausgeliefert. Welche Bilanz ziehen Sie: Wie läuft die Elektro-Transporter-Produktion in Herne?
Die Bilanz ist sehr gut. Wir haben langsam angefangen, um eine hohe Qualität in allen Belangen und Bereichen sicherzustellen, und im September haben wir dann die Produktion hochgefahren und sind intensiv in die Vermarktung eingestiegen. Wir haben in Herne einen sehr guten, hoch flexiblen Produktionsprozess, was in diesen Zeiten sehr wichtig ist: Mal gibt es jede Menge Kundenaufträge in kurzer Zeit, mal Corona-bedingt weniger. Ebenso funktioniert der Entwicklungsprozess gut.
Sie sprechen Corona an: Im ersten Jahr wollten Sie 2500 bis 3000 Fahrzeuge produzieren. Dann kam die Pandemie.
Diese Zahl an Fahrzeugen wollen wir in durchschnittlichen Jahren verkaufen. 2020 war aber kein durchschnittliches Jahr, deshalb haben wir nur 200 Fahrzeuge verkauft. Geschäfte waren geschlossen, Kunden hatten Investitionsstopp, da haben viele Unternehmen weniger verkauft, auch wir. 2021 wird ebenfalls kein durchschnittliches Jahr, wir rechnen damit, dass wir zwischen 600 und 800 Fahrzeuge auf die Straße bringen. Pandemiebedingt ist das für eine neue Marke und in einem noch relativ neuen Segment gut. Und: Wir verkaufen in jedem Monat mehr Fahrzeuge als im Monat davor. Mit dem ersten durchschnittlichen Jahr rechnen wir 2022.
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Gebaut wird in Herne der Tropos Able, ein Elektro-Transporter in zwei Varianten. Was macht ihn aus?
Er ist sehr schmal, nicht besonders lang, ist mit einem Wenderadius von 3,95 Metern sehr wendig, und er hat eine sehr große Ladefläche, auf die zwei Europaletten und eine Gerätebox passen. Kunden können ihn mit bis zu 4,5 Kubik beladen, so viel wie kaum ein konventioneller Kastenwagen. Wir haben sehr viel Wert auf den Nutzen gelegt. Eine Besonderheit ist dabei unser Easy-Swap-System bei den Aufbauten: Drei Erwachsene können sie innerhalb von 15 Minuten ohne große technische Hilfe per Hand austauschen, dafür braucht man nur einen Schraubenschlüssel. Das gibt’s bei anderen Anbietern nicht. Und: Die Betriebskosten für 100 Kilometer liegen deutlich unter vier Euro. Das alles zusammengenommen: Wir haben ein sehr gutes Angebot für die Kunden.
Wie kommen die Fahrzeuge Made in Herne an?
Gut, und auch die Reputation der Marke Tropos ist gut. Die Eckpfeiler im deutschen Markt sind für Tropos die Händler, unsere Multiplikatoren im Markt. Da haben wir jetzt bereits fast 35, sind also auf einem guten Weg. Wir haben aber auch schon einige Großkunden auf unserer Liste, die Fahrzeuge von uns gekauft haben. Die Wisag, Würth und Beiersdorf gehören dazu, außerdem sind wir mit großen Lebensmittelketten und Lieferdiensten im Gespräch. Auch die ersten europäischen Länder erschließen wir, darunter Belgien, die Niederlande und Spanien, und in Frankreich haben wir bereits einen Importeur.
Sie sprechen Lebensmittelketten und Lieferdienste an. Hat Corona Tropos auch einen Schub verschafft?
In diesem Bereich ja, weil Lebensmittelketten und Lieferdienste von den stark gestiegenen Online-Bestellungen in Corona-Zeiten profitieren. Menschen bestellen zu Hause, und das Ganze muss nach Hause gebracht werden. Und wir sind nun mal Spezialisten auch für die letzte Meile. Apropos Corona: Wir sind im gesamten Unternehmen Tropos über all diese Zeit Corona-frei geblieben.
Wie bewerten Sie den Standort Herne?
Sehr positiv. In Herne und im Ruhrgebiet sind wir in einem echten Innovationsgebiet. Die Mitarbeiter haben eine exzellente Qualität, und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Man muss kein Geheimnis draus machen: In unserer Zentrale in Kirchheim müssten wir beim Lohn ein paar Prozent mehr drauflegen, weil Mercedes und Porsche gleich um die Ecke sind. Auch sind wir in Herne in der Nähe von Hochschulen, mit denen wir bei der Entwicklung und bei Tests zusammenarbeiten. Nicht zuletzt ist die Location in Herne super. Wir haben eine Halle für die Fertigung und daneben zwei weitere Hallen sowie Außenflächen für die Lagerung mit Platz für eine weitere Entwicklung. Das Witzige ist: Um die Halle herum haben wir alle Oberflächen von glattem Asphalt bis zu Rumpelstrecken durch Kopfsteinpflaster und Löchern im Boden vorgefunden: Das ist eine exzellente Teststrecke für unsere Fahrzeuge.
Planen Sie neue Modelle?
Wir haben das Fahrzeug gerade diesen Monat aufgewertet. So haben wir unsere Databox, die als Schnittstelle zu Fuhrpark-Managementsystemen alle Daten des Fahrzeugs überträgt, serienmäßig integriert. Ein Fuhrpark-Manager kann damit beispielsweise Position, Reichweite, Status der Batterie und Zeitplan des Fahrzeugs überprüfen. Außerdem haben wir neue Außenspiegel und ein intelligentes Ladekabel eingeführt. Und wie sich das für einen Automobilhersteller gehört, arbeiten wir auch schon an einem neuen Produkt. Dazu möchten wir aber noch nichts sagen.
Denken Sie schon an einen Ausbau der Produktion?
Wir haben uns mit dem Gedanken bereits befasst. Wenn wir einmal in die Phase gehen, in der wir 4000 bis 5000 Fahrzeuge bauen, dann schauen wir, ob wir Schichten hinzufügen oder ob wir einen zusätzlichen Standort aufbauen.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Das Fahrzeug und der Geschäftsführer
Der Elektrotransporter Tropos Able wird in Herne in zwei Varianten hergestellt. Erhältlich ist das Modell XT1 ab 24.000 Euro. Das Fahrzeug ist 3,70 Meter lang und 1,40 Meter breit und kommt auf eine Reichweite von rund 130 beziehungsweise 260 Kilometern.
Tropos-Motors-Europe-Geschäftsführer Markus Schrick ist 60 Jahre, verheiratet und hat zwei Kinder. Zuletzt war er Geschäftsführer von Hyundai Deutschland, davor Geschäftsführer von Toyota Italien und Toyota Deutschland. Seine Hobbys sind Eishockey und Motorsport. Schrick spricht neben Deutsch weitere fünf Sprachen, darunter Englisch, Französisch und Italienisch.