Herne. Warum der Herner Kreisverband der Grünen ein ungewöhnliches Angebot erhielt und was Franz Müntefering und Christoph Schlingensief verbindet.
Ein Warnhinweis: Wer nach dem bundesweiten Hype um Annalena Baerbock unter einer Grünen-Allergie leidet, sollte jetzt lieber nicht weiterlesen. Und: Das gilt ebenfalls für politische Gegner von Franz Müntefering.
Neue Maßeinheit
Der Baerbock-Boom wird auch bei den Herner Grünen spürbar. Nach der Kür der Kanzlerkandidatin konnte der Herner Kreisverband sechs neue Mitglieder begrüßen und peilt damit nun - die größeren SPD-Ortsvereine dürften darüber nur müde lächeln - die Marke 140 an. Doch auch auf Landesebene spielte Herne in dieser Woche eine Rolle, und zwar als Maßeinheit. So verkündete der NRW-Parteigeschäftsführer (und Herner) Raoul Roßbach, dass der Landesverband der Grünen allein am Mittwoch „um einen ganzen Kreisverband Herne“ gewachsen sei, also um rund 130 Mitglieder.
Unmoralische Angebot
Der bereits Ende 2020 angetretene neue Grünen-Kreisgeschäftsführer Stephan Tondorf - ein Wahl-Gelsenkirchener und gebürtiger Wanne-Eickeler - erhält in diesen Tagen nicht nur neue Mitgliedsanträge, sondern auch unmoralische Angebote. So versprach ihm ein Anrufer, dass die Grünen „sechs Wählerstimmen“ aus seiner Familie bekommen könnten. Bedingung: Die Partei solle im Gegenzug dafür sorgen, dass die 23-jährige Tochter in Herne einen Impftermin erhält.
Schöne Aussichten
Über den NRW-Listenplatz 48 in den Bundestag einzuziehen, das war für einen Kandidaten der Grünen bis vor Kurzem noch so realistisch wie eine aktive Unterstützung von Fridays for Future durch Friedrich Merz. Das hat sich geändert: Nach Angaben des Herner Grünen-Bundestagskandidaten Jacob Liedtke ist es angesichts der aktuellen Umfragewerte durchaus denkbar, dass er mit Listenplatz 48 den Sprung nach Berlin schaffen könnte. Bevor nun Herner Familien auf dumme Gedanken kommen: Nein, auch Jacob Liedtke kann 23-jährigen Töchtern keine Impftermine besorgen.
Ta-ta-ta-taaaa
Für Hartz-IV-Gegner dürfte es fast schon ein Affront sein, zum 1. Mai, also zum Tag der Arbeit ausgerechnet Franz Müntefering zu würdigen. Doch selbst wer dem Mann, der als Architekt des (inzwischen selbst in der SPD) umstrittenen Sozialgesetzes gilt, politisch nicht grün ist, kommt darum nicht herum: Der ehemalige Bundesarbeitsminister hat Humor.
Auch bei den (am heutigen 1. Mai beginnenden) Ruhrfestspielen in Recklinghausen stellte Müntefering dies vor genau 17 Jahren unter Beweis. Und zwar: als Schirmherr einer von Regisseur und Provokateur Christoph Schlingensief im Rahmen der Festspiele durchgeführten „Wagner-Rallye“, die übrigens auch durch Herne führte. Auf Instagram ist nun – auf den Seiten von Schlingensief-Witwe Aino Laberenz und Müntefering-Gattin Michelle - ein kurzer Film eines launigen Gesprächs zwischen Schirmherr und Rallye-Organisator zu sehen. Darin verriet Franz Müntefering unter anderem, dass sein Lieblingskomponist nicht Richard Wagner, sondern Ludwig van Beethoven ist - und stimmte mal eben das „Ta-ta-ta-taaaa“ aus der berühmten Fünften an.