Herne. Elternvertreter aus Herne haben einen Protestbrief an die NRW-Schulministerin geschickt. Sie ärgern sich über die mangelnde Planbarkeit.
Die Eltern des Pestalozzi-Gymnasiums haben am Montag einen Protestbrief an NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer geschickt. Darin machen sie vor allem ihrem Ärger über die Kurzfristigkeit der Entscheidungen und das daraus resultierende Hin und Her zwischen Wechsel- und Distanzunterricht Luft. Sie werden von weiteren Schulpflegschaften anderer Herner Schulen unterstützt.
„Manchmal wussten wir am Sonntag noch nicht, wie es an den Schulen am Montag weitergeht“, beschreibt Çağıl Koyuncu, Schulpflegschaftsvorsitzende am Pestalozzi-Gymnasium. So heißt es in dem Brief an die Schulministerin, der der WAZ vorliegt: „Innerhalb einer Woche nach Ostern haben die Herner Schulen fünf Veränderungen bezüglich der Unterrichtsform planen müssen.“ Eine Woche später sei der für Schulschließungen relevante Inzidenzwert von der Politik von 200 auf 165 herabgesetzt worden – ohne inhaltliche Begründung.
Herne: Mangelnde Planbarkeit belastet Eltern und Schüler
„Was für Planungssicherheit sorgen soll, nämlich, dass bei einer bestimmten Inzidenz vom Wechselunterricht in den Distanzunterricht gewechselt wird, bedeutet für die Schulen, die sich um den festgelegten Wert bewegen, wie zum Beispiel die Stadt Herne, maximale Planungsunsicherheit.“ Auch Eltern und Schüler belaste das ewige Hin und Her, erläutert Koyuncu im Gespräch mit der WAZ. „Es waren Klausuren angesetzt und die Schüler wussten nicht, ob sie geschrieben werden. Eltern müssen die Betreuung der Kinder planen können.“ All das sei bei so kurzfristigen Entscheidungen in Abhängigkeit von der Inzidenz nicht möglich.
Dabei gehe es den Eltern in erster Linie nicht um die Frage, ob Schulen weiter geöffnet sein sollten. „Wir haben den Präsenzunterricht bei den Zahlen abgeschrieben“, sagt die Schulpflegschaftsvorsitzende voller Bedauern. Aber es sei wichtig, allen Beteiligten eine längerfristige Planung mindestens für die kommenden vier Wochen zu ermöglichen.
Forderung: Einrichtung einer Task-Force Schule
Diese Forderung unterstützt auch Christoph Schmidt, stellvertretender Schulpflegschaftsvorsitzender der Realschule Crange. „Wenn Schüler in die Schule gehen, müssen sie das verlässlich ein bis zwei Monate“, sagt er. „Die Schüler wissen nicht mehr, was Schule ist, und nehmen es nicht ernst.“ Man sollte in größeren Zeiträumen von mindestens vier Wochen denken, sagt der Elternvertreter und bekräftigt in dieser Hinsicht das Schreiben der Schulpflegschaft des Pestalozzi-Gymnasiums. Bereits nach wenigen Tagen hätten Schulpflegschaften von 16 Herner Schulen sich inhaltlich hinter den Protestbrief gestellt, sagt Koyuncu.
Eine weitere Forderung ist in dem Schreiben an die Schulministerin unter anderem die Einrichtung einer Task-Force Schule. Das zentrale Gremium sollte sich aus Vertretern von Schülern, Eltern und Schulleitungen sowie Gesundheits- und Bildungsexperten zusammensetzen, die kritisch diskutieren, wie der Schulbetrieb weiterlaufen könne, so Koyuncu. „Mit dem produzierenden Gewerbe wird auch nicht so umgegangen“, sagt die Elternvertreterin. „Die Schulen sind aber doch das produzierende Gewerbe von morgen.“ Lücken, die jetzt entstünden, würden noch in Jahren und Jahrzehnten Folgen haben. „Wir sind entsetzt, dass da nicht mehr unternommen wird“, betont sie.
Individuelle Förderprogramme für Schüler
Schon jetzt müssten individuelle Förderprogramme für jeden einzelnen Schüler, für jede Schülerin geplant werden. Das könne kein Lehrer im laufenden Betrieb leisten, dazu müsse zusätzliches Personal organisiert werden. „Dafür muss jetzt richtig Geld in die Hand genommen werden“, sagt die Schulpflegschaftsvorsitzende. Es dürfe nicht sein, dass einzelne Wirtschaftsunternehmen oder Fluggesellschaften für Milliarden gerettet würden, aber im Bereich Schule so vergleichsweise wenig in die Zukunft investiert würde.
>>>WEITERE SCHULEN UNTERSTÜTZEN PROTESTBRIEF
• Die Schulpflegschaften folgender Herner Schulen unterstützen den Protestbrief: Die Grundschulen: Kolibri, Europaschule, Kunterbunt, Laurentius, Max-Wiethoff, Ohm- und Schillerschule. Die Gesamtschule Erich-Fried, die Realschulen Crange und an der Burg, das Otto-Hahn-Gymnasium sowie Gymnasium Wanne, das Mulvany Berufskolleg sowie die Förderschulen Schule am Schwalbenweg, Erich Kästner-Schule und die Schule an der Dorneburg.
• Auch mit Schulen außerhalb Hernes habe es bereits Kontakt gegeben. Çağıl Koyuncu hofft, dass sich Eltern über die Stadtgrenzen hinweg mit der Aktion solidarisieren.