Herne. Bei einer Recherche über Eickel stieß der Herner Historiker Peter Piasecki auf das Thema Notgeld und Lagergeld. Einige Scheine besitzt er auch.
Bei der Recherche für eine Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des SC Wiking, dessen Vorsitzender er lange war, befasste sich Peter Piasecki intensiv mit der Geschichte des Stadtteils Eickel. Dabei fand er heraus, dass in den ehemaligen Ämtern Wanne, Eickel und in der Stadt Herne während und nach dem 1. Weltkrieg Notgeld gedruckt und in Umlauf gebracht wurde. Er stieß aber nicht nur auf Informationen zum Notgeld, sondern auch zum sogenannten Lagergeld.
Zahlungsmittel für Kriegsgefangene
„Ich bin auf Gefangenenlager gestoßen, die es im 1. Weltkrieg in Herne und Wanne-Eickel gab“, berichtet der 72-Jährige, der Geschichtswissenschaften an der Ruhr-Universität-Bochum studiert hat und Schulleiter eines Berufskollegs war. „Ich fand Hinweise, dass die Gefangenen, die auch im Bergbau eingesetzt waren, Lagergeld erhielten und befasste mich mit dem Thema.“ Zudem gab es Informationen, dass es vier belegte Lager in Herne gab – Hibernia, Unser Fritz, Friedrich der Große und Mont-Cenis. „Das von der Bergwerksgesellschaft Hibernia, Zeche Shamrock I & II, gedruckte Lagergeld, welches klar vom Notgeld zu trennen war, ist ein bedrückendes Beispiel“, sagt er. Dieses Geld wurde an Kriegsgefangene ausgegeben, die im Bergbau eingesetzt wurden. „Sie konnten es allerdings nur im Lager ausgeben.“ Außerhalb hatte es keinen Wert. So sollte sichergestellt werden, dass die Gefangenen, im Falle einer Flucht, nicht über Bargeld verfügten.
Belegt sei, dass allein im Ruhrbergbau bis August 1918 mehr als 73.000 Kriegsgefangene als Arbeitskräfte eingesetzt wurden, was einem Kriegsgefangenenanteil von rund 16 Prozent an der Gesamtbelegschaft entspricht. Die Geschichte des Gefangenenlagers der Zeche Shamrock von 1914 bis 1918 bedürfe aber noch weiterer Erforschung. „Es ist schwierig, Informationen über diese Lager zu bekommen“, erklärt Piasecki. In den Jahresberichten der Bergbauvereine tauchen diese beispielsweise nicht auf. Darin sei lediglich zu erfahren, wie viel Kohle gefördert wurde. „Das ist ein Forschungsgebiet mit vielen weißen Flecken.“
Besser nachzuverfolgen sei hingegen die Geschichte des Eickeler Notgelds. Dieses kam am 1. März 1921 in den Umlauf. „Erste Belege für Eickeler Notgeld finden sich bereits 1917, als mit einem Gutschein über 50 Pfennig für die ,Ämter Wanne und Eickel‘ ein in beiden Ämtern gemeinsames Notgeld gedruckt wurde“, sagt Peter Piasecki. Fünf verschiedene Geldnominale wurden vor 100 Jahren in Umlauf gebracht. Sie zeigen auf der bunten Vorderseite den Wert, auf der Rückseite historische Abbildungen: das Haus Bönninghausen nach einem Motiv von 1750 (25 Pfennig), das Haus Dorneburg 1850 (50 Pfennig), die Burg Eickel mit Ritter Tabo von Eickel, den Markt Eickel 1750 und die Kriegsküche Eickel (1 Mark).
Weiteres Notgeld und später auch Inflationsgeld wurde vom 1. Weltkrieg bis zum Ende der Großen Inflation 1923 mit vielfältig gestalteten Geldscheinen von Eickel, Wanne und Herne sowie von der Bergwerksgesellschaft Hibernia, der Baum Maschinenfabrik, der Gewerkschaft des Steinkohlebergwerks Friedrich der Große oder der Vereinten Kaufmannschaft ausgegeben. „Die Notgeldausgabe seit Beginn des 1. Weltkriegs teilt die Bundesbank heute nach Perioden ein“, erklärt Piasecki. Die dritte Periode der Notgeldausgabe begann gegen Ende des Krieges, als der Bedarf an Zahlungsmitteln sprunghaft angestiegen war. Aus dieser Phase stammen auch die Notgeldscheine, die Peter Piasecki in seiner Sammlung hat. „Diese avancierten schnell zu einem beliebten Sammelgebiet, sodass sie heute noch weit verbreitet sind.“ Wertvoll sind diese Scheine allerdings nicht: Der Wert eines gut erhaltenen Geldscheins von einer Mark ist heute kaum mehr als ein Euro.
STICHWORT NOTGELD
Notgeldausgaben sind Zahlungsmittel, die in Krisenzeiten den Mangel an staatlichem Geld ausgleichen.
Inflationsgeld wurde in Zeiten schneller und starker Geldentwertung (Mitte 1921 bis 1923) als Münzen oder Geldscheine mit ungewöhnlich großer Wertangabe, bis in den Billionenbereich, ausgegeben.