Herne. In dieser Woche starten die Corona-Impfungen in Herner Hausarztpraxen. Die Nachfrage ist riesig. Viele Patienten lehnen Astrazeneca ab.

In dieser Woche starten die Corona-Impfungen in Herner Hausarztpraxen. Am Dienstag, 6. April, soll der Impfstoff in die Praxen geliefert werden, ab Mittwoch sollen dann die ersten Impfungen starten. Sein Telefon stehe nicht mehr still, berichtet Allgemeinmediziner Markus Bruckhaus-Walter. „Viele Patienten wollen sich auf Listen setzen lassen und sich schnellstmöglich einen Impftermin sichern.“ Einige seien unsicher, zu welcher Prioritäten-Gruppe sie gehörten, wann sie an der Reihe seien und wie es nun weitergehe. „Jeder hat Hoffnungen und Ängste.“

Auch die Frage, wer mit welchem Impfstoff geimpft werde, beschäftige seine Patienten. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Astrazeneca-Impfstoff von 75 Prozent abgelehnt wird“, sagt Bruckhaus-Walter. Vor allem die Angst vor einer Thrombose sorge für Unsicherheit gerade bei den jüngeren Patienten. „Die ganze Informationsflut führt zu einer katastrophalen Wahrnehmung.“

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Den Impfstoff habe er in der vergangenen Woche bestellt, geliefert werde im gesamten Stadtgebiet Biontech. Wer geimpft wird, entscheide sich nach den Vorgaben der Politik, sagt er Allgemeinmediziner. „Das ist moralisch richtig und wichtig.“ Somit würden nun unter anderem Risikopatienten und deren engen Kontakte geimpft. Aber auch Menschen, die einem höheren Risiko ausgesetzt seien, beispielsweise medizinisches Personal, könnten geimpft werden.

Der Herner Allgemeinmediziner Markus Bruckhaus-Walter wird ab Mittwoch seine Patienten impfen.
Der Herner Allgemeinmediziner Markus Bruckhaus-Walter wird ab Mittwoch seine Patienten impfen. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Schwerkranke sind als erste an der Reihe

„Der Ansturm ist riesig“, sagt auch Anton Preissig. Der Allgemeinmediziner ist Hausarzt auf der Kirchstraße in Börnig. Das Telefon stehe kaum still: Immer wieder riefen Patienten in seiner Praxis an und fragten nach, wann sie sich impfen lassen könnten. Das zeige, dass sich die Menschen immunisieren lassen wollten – und zwar gerne auch bei ihrem Hausarzt.

Zur Spritze gegriffen habe er aber noch nicht, weil noch kein Impfstoff da sei: „Die Apotheken haben aber versprochen, dass er auf dem Weg ist.“ Preissig will nach Bedürftigkeit impfen, also etwa chronisch Kranke oder Schwerkranke als erste an die Reihe nehmen. Die Priorisierung, sagt er, „kann man als Hausarzt gut einschätzen“.

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Den Impfstoff konnten die Arztpraxen bei ihren jeweiligen Apotheken bestellen. „Die Belieferung erfolgt heute, abhängig von der zur Verfügung stehenden Menge an Impfstoff beim Großhändler und entsprechend der Bestellungen der Praxen“, sagt Vanessa Pudlo, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), am Dienstagvormittag. Wie genau sich die Praxen organisieren, sei individuell unterschiedlich.

Herner Ärzte freuen sich, dass es nun endlich losgeht

„Die Ärzte haben fleißig bestellt“, sagt Robert Sibbel, Apothekensprecher in Herne. 70 Prozent der bestellten Menge könne ausgeliefert werden. Somit könne jede Praxis 36 Dosen erhalten. Das sei für den Anfang eine „vernünftige“ Quote. Etwa 90 Prozent der Praxen, die auch normalerweise in seinen Apotheken etwas bestellten – beispielsweise den Grippeimpfstoff – , hätten nun auch den Biontech-Impfstoff bestellt.

Da der Biontech-Impfstoff bei minus 75 Grad gelagert werden müsse und bei Kühlschranktemperatur nur fünf Tage haltbar sei, müssten die Praxen den Impfstoff nun jede Woche nach ihrem Bedarf nachbestellen. Immer am Dienstag der Vorwoche würden Bestellungen aufgenommen. „Wenn ein Arzt im Urlaub ist, kann er also auch mal eine Woche aussetzen“, sagt Sibbel. „Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Wochen schon die drei- bis vierfache Menge liefern können.“ Sibbel freut es, dass es nun endlich losgeht. „Auch die Ärzte sind alle sehr motiviert.“

>>>Mehr Vertrauen in die Hausärzte

Schon Anfang März waren viele Ärzte in Herne bereit, in ihren Praxen zu impfen. „Wir haben sehr klar formuliert, dass wir sowohl die Kühlmöglichkeiten als auch die personellen Kapazitäten haben“, sagte Markus Bruckhaus-Walter damals zur WAZ.

Ein Vorteil der Arztpraxen sei, dass die Ärzte ihre Patienten bereits kennen und sich so um eine bessere Nachsorge kümmern könnten, so Bruckhaus-Walter. Zudem hätten viele Patienten ein größeres Vertrauen in ihren Hausarzt als in das Impfzentrum.