Herne. Noch wissen die Herner Fahrlehrer nicht, ob sie weiterhin unterrichten dürfen. Vor allem die Schüler ärgern sich über zusätzliche Fahrstunden.

Geschäfte müssen ab Montag schließen, Friseursalons bleiben geöffnet – und was ist mit den Fahrschulen? „Wir wissen es nicht“, lautet die Antwort von drei Fahrlehrern aus Herne. Die Corona-Schutzverordnung, die ab dem 29. März gelten soll, ist bislang nicht veröffentlicht worden.

„Etwas Offizielles haben wir noch nicht“, sagt auch Hans Offer, stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen. Allerdings sollen ab dem 29. März in NRW „alle inzidenzabhängigen Öffnungsschritte“ zurückgenommen werden. Die Fahrschulen in NRW dürfen seit dem 8. März jedoch unabhängig von der Sieben-Tage-Inzidenz wieder unterrichten. Hans Offer geht daher davon aus, dass es auch dabei bleibt.

Fahrprüfung in Herne: Zu wenig Prüfungskapazitäten beim TÜV

„Wir hängen in der Schwebe“, sagt Claudia Riechenberg von der gleichnamigen Fahrschule in Herne. Neben der Ungewissheit sorgten verschobene Prüfungen und die damit verbundenen Kosten für zusätzliche Fahrstunden bei vielen Schülern derzeit für Ärger. Schließlich wollten die allermeisten nach einer wochenlangen Pause nicht direkt ihre Fahrprüfung antreten. Bis es neue Informationen vom Land gebe, arbeite sie erst einmal „ganz normal“ weiter – mit FFP2-Masken und Desinfektionsmittel.

Der Mindestabstand kann im Auto ohnehin nicht eingehalten werden. „Das Risiko, sich mit Corona anzustecken, fährt immer mit“, sagt Egon Schulte, Inhaber der jungen Fahrschule in Herne. Er sei bezüglich der Öffnung der Fahrschulen „sehr zwiegespalten“: Einerseits müsse Vorsicht das Gebot der Stunde sein, damit die Zahlen nicht weiter in die Höhe stiegen. „Andererseits wird der Berg, den ich vor mir her schiebe, immer größer“, bedauert Schulte.

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Damit gemeint sind vor allem die Fahrprüfungen, die sich immer weiter hinauszögern, weil es für so einen großen Andrang zu wenig Prüfungskapazitäten beim TÜV gibt. So kann ein Fahrprüfer derzeit maximal acht Klasse B-Prüfungen abnehmen, vor dem Lockdown waren es noch elf an einem Tag. Einer der Gründe: Während der Fahrt müssen Fahrlehrer, Schüler und Prüfer eine FFP2-Maske tragen. Nach spätestens 75 Minuten steht den Fahrprüfern eine Maskenpause zu. Zudem ist die Prüfungszeit um zehn Minuten verlängert worden. Seit dem 1. Januar dauert die Prüfung für den Pkw-Führerschein nicht mehr 45 sondern 55 Minuten.

Doch nicht nur unzufriedene Kunden, auch die Umsatzeinbußen machen den Herner Fahrlehrer zu schaffen. So laufen die Kosten für die meist geleasten Autos im Lockdown weiter, auch die Miete muss gezahlt werden. Den praktischen Unterricht mithilfe von tagesaktuellen Schnelltests aufrecht zu halten, hält Fahrschulinhaber Egon Schulte dennoch für „schwierig“. So müssten Schüler und Fahrlehrer zunächst eine Viertelstunde auf das Ergebnis des Selbsttests warten. Schulte: „Wer bezahlt diese 15 Minuten?“

Fahrlehrer aus Herne: „Autofahren ist wie schwimmen lernen“

Und wie geht es den Schülern, die seit knapp drei Wochen wieder hinter dem Steuer sitzen dürfen? „Autofahren ist wie schwimmen lernen“, sagt Egon Schulte. Das verlerne man nicht wieder. Zwar fühlten sich die ersten Minuten etwas wackelig an. Die allermeisten müssten jedoch nicht mehr als zwei zusätzliche Fahrstunden nehmen. Anders sehe es bei Fahranfängern aus, die vor dem Lockdown erst sehr wenige Fahrstunden hatten. Sie müssten nach einer wochenlangen Pause häufig noch einmal „ganz von vorne anfangen“.

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„Es sind die Feinheiten“, sagt auch Thushiyanthan Thiruselvam, Inhaber der Fahrschule Borgmeier. Der Schulterblick beim Abbiegen zum Beispiel. „Die Psyche spielt aber eine viel größere Rolle“, so der Fahrlehrer. So hätten viele seiner Schüler zu Beginn befürchtet, während des Lockdowns alles verlernt zu haben. Nach 20 Minuten „warmfahren“ bemerkten sie aber: „Es klappt doch!“

Wie Hans Offer vom Fahrlehrerverband Westfalen hat auch Thushiyanthan Thiruselvam ein gutes Gefühl, was die Öffnung der Fahrschulen betrifft: „Ich denke schon, dass es weitergeht“, sagt er. Den Theorieunterricht will der Fahrlehrer aber weiterhin online anbieten. „Ich habe mich lange dagegen gewehrt“, gibt er zu. Doch es habe immer wieder Ärger gegeben, weil aufgrund der Mindestabstände nicht alle Schüler zum Präsenzunterricht kommen durften. Daher bleibe der Fahrlehrer nun erst einmal beim digitalen Unterricht – „und es funktioniert wirklich richtig gut.“

>> WEITERE INFORMATIONEN

■ Noch bis zum 30. September 2021 dürfen Fahrlehrer in NRW den Theorieunterricht online anbieten. Der entsprechende Erlass ist Ende Februar verlängert worden.

■ Etwa 25 bis 30 Fahrstunden absolvieren Fahrschüler in Herne bis zur praktischen Prüfung – „Tendenz steigend“, sagt Fahrlehrer Egon Schulte. So werde der Verkehr in Herne immer dichter, die Straßen immer enger.