Herne. Eine Herner Krankenpflegerin ist sauer: Sie sei strafversetzt worden, weil sie sich an die Maskenpausen halten wollte. Nun hat sie Klage erhoben.

Sie sind Telegram-User? Dann verpassen Sie mit unserer regionalen Nachrichtenübersicht der WAZ keine Infos mehr. Hier kostenlos bestellen!

Strafversetzt, weil sie sich an die empfohlenen Maskenpausen halten wollte – so lautet der Vorwurf der Hernerin Kristin Zuber am Dienstagmorgen, 23. Februar, vor dem Arbeitsgericht in Herne. Die 46-Jährige arbeitet seit fünf Jahren auf der Intensivstation des Prosper-Hospitals in Recklinghausen. „Seit Oktober ist das Tragen einer FFP2-Maske auf der Intensivstation Pflicht“, sagt Zuber. Das sei auch richtig so, aber: „Die Maskenpausen werden nicht eingehalten.“

75 Minuten Arbeiten unter Maskenschutz, dann 30 Minuten Maskenpause: So laute die vom Robert-Koch-Institut unterstützte Empfehlung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, erklärt Rechtsanwalt Peter Weispfenning am Morgen vor dem Arbeitsgericht – wobei „Maskenpause“ nicht bedeute, dass die Mitarbeiter die Füße hochlegen. In dieser Zeit könnten die Pflegerinnen und Pfleger Berichte schreiben oder Medikamente stellen, so Weispfenning.

Gefährdungsbeurteilung des Prosper-Hospitals sieht Maskenpause vor

Die Gefährdungsbeurteilung des Prosper-Hospitals für die auf der Intensivstation verwendeten FFP2-Masken – die es laut Kristin Zuber geben muss, da es sich bei einer FFP2-Maske um ein „Atemschutzgerät“ handle – sehe auch eigentlich vor, dass die Mitarbeiter nach 120 Minuten eine Viertelstunde die Maske absetzen, erzählt die Pflegekraft.

Eine Maskenpause bedeute nicht, dass die Mitarbeiter die Füße hochlegen, sagt Rechtsanwalt Peter Weispfenning.
Eine Maskenpause bedeute nicht, dass die Mitarbeiter die Füße hochlegen, sagt Rechtsanwalt Peter Weispfenning. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Doch die Mitarbeiter der Intensivstation arbeiteten in der Regel durch und machten – das belegten die Stundenzettel von Kristin Zuber – häufig überhaupt keine Pause. Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten aufgrund des erhöhten Atemwiderstands seien unter anderem die Folgen. Kristin Zuber habe deshalb auf die Einhaltung der angeratenen Maskenpausen bestanden. Schließlich sei die Empfehlung „nicht vergleichbar mit einem Ober, der das Gericht des Tages empfiehlt“.

„Keine zehn Minuten später wurde ich ins Büro zitiert und strafversetzt“

Alle Versuche, sich in Gesprächen mit der Mitarbeitervertretung und der Stationsleitung auf eine Lösung zu einigen, seien ins Leere verlaufen. Daraufhin habe die 46-Jährige angekündigt, sich an die Gewerkschaft zu wenden. „Keine zehn Minuten später wurde ich ins Büro zitiert und strafversetzt“, erzählt sie.

Aus „betriebsorganisatorischen Gründen“, wie die Leitung argumentiert habe, arbeite sie nun seit drei Monaten auf einer „Normalstation“, wo das Tragen einer FFP2-Maske keine Pflicht ist. „Ich arbeite gerne dort, wie auf jeder anderen Station auch“, sagt Zuber. „Aber ich lasse mich nicht maßregeln dafür, dass ich für meine und für die Rechte meiner Kollegen eintrete. Und deshalb gehe ich dagegen vor.“

Die Gewerkschaft Verdi und der Frauenverband Courage unterstützen Kristin Zuber bei ihrem Vorhaben. Zahlreiche Mitglieder haben sich am Morgen vor dem Arbeitsgericht versammelt, um ihr den Rücken stärken: „Wir brauchen mutige Menschen, die sich für ihre und die Rechte ihrer Kollegen einsetzen. Es geht um alle Krankenpflegerinnen und -pfleger“, appelliert Verdi-Mitglied Nina Dusper.

Verbände, Gewerkschaft und Kollegen zeigen vor dem Arbeitsgericht in Herne Solidarität mit der Herner Krankenpflegerin Kristin Zuber.
Verbände, Gewerkschaft und Kollegen zeigen vor dem Arbeitsgericht in Herne Solidarität mit der Herner Krankenpflegerin Kristin Zuber. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Prosper-Hospital: Empfohlene Maskenpause auf Intensivstation nicht möglich

Ralph Potthoff-Kowol, der die Direktion des Prosper-Hospitals in Recklinghausen vor dem Arbeitsgericht vertritt, kann nicht nachvollziehen, dass von einer Strafversetzung die Rede ist. Kristin Zuber sei kein Mitglied der Mitarbeitervertretung. Er müsse daher davon ausgehen, dass sie nur für ihre eigenen Rechte einstehe.

Da sich die Empfehlung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, nach 75 Minuten für 30 Minuten eine Maskenpause einzulegen, in dem Klinikum aus organisatorische Gründen nicht umsetzen lasse, habe die Leitung sie auf eine Normalstation versetzt – und geglaubt, damit den persönlichen Wünschen der Mitarbeiterin gerecht geworden zu sein. Darüber hinaus lasse sich die Direktion nicht vorschreiben, wo sie ihre Mitarbeiter einsetze, zumal Kristin Zuber keine ausgebildete Intensivkrankenschwester, sondern eine examinierte Pflegekraft sei.

„Ich arbeite seit fünf Jahren auf der Intensivstation“, erwidert Zuber. Sie bringe dementsprechend viel Erfahrung mit: „Ich, weiß wie man ein Beatmungsgerät bedient.“ Angesichts des Personalmangels sei es in Pandemiezeiten ein Skandal, eine Pflegekraft aus der Intensivstation auf eine Normalstation zu versetzen.

Keine Einigung: „Ich kann nur mit dem Kopf schütteln“

Auf den Vorschlag des Richters, Kristin Zuber zurück auf die Intensivstation zu versetzen und auf die Einhaltung der betriebsintern geregelten 15-minütigen Maskenpause nach zwei Stunden zu achten, ging Rechtsanwalt Ralph Potthoff-Kowol nicht ein. So müsse er zunächst Rücksprache mit der Direktion des Prosper-Hospitals halten.

Auch interessant

„Ich kann nur mit dem Kopf schütteln“, sagt Kristin Zuber, als die Verhandlung nach einer guten halben Stunde beendet ist. Sie und ihr Rechtsanwalt Peter Weispfenning hatten den Vorschlag zuvor begrüßt – auch wenn die Maskenpausen deutlich kürzer und seltener als von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung empfohlen ausgefallen wären.

Da es bei dem Gütetermin zu keiner Einigung kam, findet am 6. Mai der Kammertermin statt. Kristin Zuber geht weiterhin fest davon aus, dass das Urteil in ihrem Sinne ausfallen wird und die „Versetzung rechtswidrig“ war – und stehe als Verdi-Mitglied weiterhin für die Rechte aller Mitarbeiter ein.

Weitere Nachrichten aus Herne und Wanne-Eickel lesen Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Kristin Zuber arbeitet seit 2000 im Prosper-Hospital in Recklinghausen. Es ist nicht das erste Mal, dass sie vor dem Arbeitsgericht gegen eine mutmaßliche Strafversetzung klagt. Vor einigen Jahren habe sie als Verdi-Mitglied in ihrer Freizeit in der Klinik für die Gewerkschaft geworben – was nicht rechtswidrig gewesen sei, wie die Krankenpflegerin beteuert.

Von ihrem Arbeitgeber habe Kristin Zuber jedoch eine Abmahnung erhalten. Außerdem habe die Leitung sie auf eine andere Station versetzt, um sie „vor Kollegen, die erzürnt darüber gewesen seien, dass sie für die Gewerkschaft werbe, zu schützen“. Nachdem das Gericht der Krankenpflegerin aus Herne Recht gegeben habe, sei die Abmahnung zurückgezogen und Kristin Zuber zurückversetzt worden.