Herne. Im Zuge der Corona-Pandemie hat das Weinhaus Wanne seine Verkostungen ins Digitale verlegt. Klappt das? Die WAZ hat es getestet.

„Au ja, der macht schön warm“, sagt einer der Teilnehmer und nippt erneut an seinem Glas. Der Blick zu den anderen sieht bei dieser Verkostung jedoch etwas anders aus, denn er geht nicht in die Runde sondern auf den Computer-Monitor. Mit dem ersten Lockdown im März 2020 hat Jens Rohlfing, Inhaber des Weinhauses Wanne, auf Online-Tastings umgestellt.

Im Vorfeld der Rum-Verkostung beschrieb er, wie er bislang durch die Krise kommt. „Wir haben zunächst die wechselnden Hygienekonzepte umgesetzt und den eigentlichen Verkostungsraum um das Ladengeschäft erweitert, um die Abstände einhalten zu können“, erklärt Rohlfing. Desinfektionsmittel, Anwesenheitslisten – alles zur Erfüllung der Hygienevorschriften war vor Ort. „Unser letztes Tasting im Laden war am 30. Oktober.“ Durch die ersten Testläufe im März vergangenen Jahres war der Einzelhändler technisch gut auf die Online-Events vorbereitet. „Wir haben verschiedene Systeme ausprobiert, angefangen beim Facebook-Messenger, aber Zoom funktioniert schlicht am besten und ist einfach zu bedienen.“

Auch Menschen aus Berlin oder Finnland schalten sich zu

Im Großen und Ganzen sei das neue Format gut angenommen worden. Für Menschen, die beispielsweise ein Hörgerät tragen, sei die Kommunikation etwas schwieriger. „Manche haben auch gesagt, ich sitze den ganzen Tag schon in Telefon- und Videokonferenzen, das will ich nicht auch noch in meiner Freizeit.“ Für diejenigen, die aktuell weggebrochen sind, seien andere hinzugekommen, die räumlich weiter weg sind. „Beim letzten Gin-Tasting waren drei Berliner dabei, beim Rum-Tasting ist jemand aus Finnland zugeschaltet“, sagt Jens Rohlfing. „Das Netz bietet uns die Chance, Menschen zu erreichen, die man ansonsten nicht erreicht.“

Viele Menschen mit seinen Produkten zu erreichen, ist in Zeiten von Corona ohnehin kein einfaches Unterfangen. Normalerweise beliefert das Weinhaus Wanne Gastronomen, schenkt auf Großveranstaltungen wie der Cranger Kirmes und dem Nightlight-Dinner aus und beliefert Jahresempfänge und ähnliches. „All das fällt komplett weg.“ Auch dürfen im Geschäft keinerlei Ladenproben ausgegeben werden, was es deutlich schwerer mache, neue Produkte auf den Markt zu bringen, wenn die Kunden sie nicht probieren können. Trotz alledem habe Jens Rohlfing keine großen Umsatzeinbußen zu beklagen: „Der Umsatz hat sich auf den Privatkonsum verlagert“, erklärt er. Hinzu komme, dass seine Unternehmensstrategie schon immer aus einem Mix aus Groß- und Einzelhandel sowie Ausschank bestanden hat. „Diese Risikomischung hält uns flexibel.“

Umsatz hat sich von Veranstaltungen auf den Privatkonsum verlagert

Doch zurück zum Rum-Tasting: Die Teilnehmerzahl ist ebenso wie bei den Vor-Ort-Verkostungen auf 24 begrenzt, damit noch „alle Gesichter auf dem Bildschirm Platz finden.“ Die Probefläschchen, die sogenannten Samples, können vorher abgeholt oder zugesandt werden. Die Teilnehmer dieses Tastings sitzen zu zweit oder dritt gemütlich auf der Couch, in der Küche oder auf dem Bürostuhl vor dem Monitor – die nummerierten 2cl-Fläschchen vor sich sowie eine Liste mit den Namen der Spirituosen. Viele der Teilnehmer kennen sich und auch ihren Gastgeber schon länger, tauschen im Vorfeld Privates aus und machen Scherze – also nicht viel anders als bei einem „normalen“ Tasting.

Zu jedem Rum gibt Jens Rohlfing eine kleine Einleitung über die Herkunft, Produktion und Besonderheiten. Nach einigen Minuten kann man fast vergessen, dass man nicht in einem Raum sitzt, denn die Kommentare, die Lockerheit und die Freude am gemeinsamen Probieren überträgt sich auch über den Bildschirm ganz gut.

Für Jens Rohlfing besteht der Hauptunterschied darin, dass er nicht von Tisch zu Tisch gehen kann, um auch mal im kleinen Rahmen zu plauschen und „ich weiß nie, wann die Gläser leer sind. Da muss ich immer nachfragen.“ Ansonsten sei er zufrieden mit dem entstehenden „Kuschel-Faktor“: „Eigentlich ist gegen 21.30 Uhr offiziell Schluss. Einmal haben wir aber noch bis nachts um drei zusammengesessen“, sagt er gut gelaunt. „Das ist doch ein gutes Zeichen.“

>> 18 VERANSTALTUNGEN IN DIESEM JAHR

■ Auch wenn die Verkostungen im Weinhaus Wanne aktuell nicht vor Ort stattfinden können, gibt es trotzdem gut 18 Veranstaltungen in diesem Jahr.

■ Verkostet werden unter anderem Rum, Whisky, Gin und Wein. Das nächste Whisky-Tasting ist am 19. März.

■ Informationen unter www.weinhaus-wanne.de