Herne. Die Stadt Herne hat im vergangenen Jahr deutlich weniger Flüchtlinge abgeschoben. Der Grund: Corona. Einige verweigerten die Abschiebung.

Die Stadt Herne hat im vergangenen Jahr deutlich weniger Flüchtlinge abgeschoben als in den Jahren zuvor. Grund dafür soll laut Stadt die Corona-Pandemie gewesen sein. Am häufigsten wurden die Menschen nach Serbien zurückgebracht. Einige Abschiebungen konnten auch 2020 nicht durchgeführt werden, weil Flüchtlinge Widerstand leisteten.

Insgesamt hat die Stadt 2020 24 Menschen abgeschoben, teilt die Stadt mit. Das sind 39 weniger als im Vorjahr. So wenig Menschen wurden bisher in keinem Jahr seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 zurückgeführt. 2017 gab es seitdem in Herne mit 103 die meisten Abschiebungen.

Auch die Anzahl der Länder, in die die Personen abgeschoben wurden, hat sich deutlich reduziert. Waren es 2019 noch 19 Länder, sind es 2020 nur noch zehn gewesen. Genau wie im vergangenen Jahr wurde wieder niemand mehr in den Irak, nach Afghanistan oder Guinea zurückgeschickt.

37 Personen verließen Herne freiwillig

Die meisten Rückführungen gab es nach Serbien – acht Personen wurden dorthin abgeschoben. Damit rutscht das Land wieder an die Spitze, nachdem es 2019 kurzzeitig von Albanien abgelöst wurde. Neben Serbien wurden jeweils drei Personen nach Rumänien und in die Niederlande, jeweils zwei nach Mazedonien, nach Georgien und in die Türkei und jeweils eine nach Bulgarien, Finnland, Italien und Spanien abgeschoben.

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Erstaunlich: 37 Personen haben sich im vergangenen Jahr dazu entschieden, freiwillig aus Herne auszureisen. Katja Jähnel, Leiterin des Flüchtlingsreferats des Eine Welt Zentrums erklärt, dass vor allem Familien das Angebot der freiwilligen Ausreise annähmen. Einige wollten aus familiären Gründen zurück in ihre Heimat, andere merkten, dass sie hier auf „keinen grünen Zweig kommen“, so Jähnel. Durch eine freiwillige Ausreise hätten diese Personen dann mehr Sicherheiten und müssten keine Angst davor haben, plötzlich von der Stadt abgeschoben zu werden. Für einige Länder gebe es spezielle Programme und Unterstützung für die freiwillige Ausreise.

Flüchtlinge tauchen vor einer möglichen Abschiebung unter

Auch 2020 gab es erneut Widerstand gegen die Abschiebungen, allerdings wesentlich geringer als in den Jahren zuvor. Bei sieben Personen sei die Abschiebung gescheitert, teilt Stadtsprecher Michael Paternoga mit. „Diese Personen waren nicht anzutreffen.“ Katja Jähnel weiß: Viele Flüchtlinge tauchten unter, wenn sie wüssten, dass sie abgeschoben werden sollen. „Wenn sie dann in einer anderen Wohnung leben, kommt die Stadt nicht mehr an sie heran.“ Deshalb werde von der Stadt versucht, den Kreis der Mitwissenden möglichst gering zu halten, so Jähnel. Häufig geschähen die Abschiebungen dann in einer Nacht- und Nebelaktion.

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„Man muss immer bedenken, dass es sich bei diesen Menschen um keine Straftäter handelt“, betont Jähnel. „Viele von ihnen haben während der Flucht Dinge auf sich genommen, die wir nicht auf uns nehmen würden.“ Sie alle hätten einen Grund, warum sie aus ihren Ländern geflohen seien.

Gerade die jungen Männer, die abgeschoben werden, würden in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt fehlen. Viele von ihnen seien motiviert, machten eine Ausbildung oder holten ihren Abschluss nach, so Jähnel. Diese Männer abzuschieben werde langfristig dafür sorgen, dass es bald einen Mangel an Fachkräften geben werde.

>>> Das Herner Flüchtlingsreferat

Das Flüchtlingsreferat koordiniert seit 1986 die Flüchtlingsarbeit im Kirchenkreis Herne.

Die Arbeit des Flüchtlingsreferats wird seit 1996 finanziell vom Innenministerium NRW gefördert.

Zu den Aufgabenbereichen zählen: Beratung von Flüchtlingen aus dem Bereich des Kirchenkreises Herne, Koordinierung der Flüchtlingsarbeit mit den Gemeinden und Fachdiensten des Kirchenkreises, Öffentlichkeits-, Lobby- und Bildungsarbeit zu flüchtlingsrelevanten Themen, Vernetzung mit den Fachdiensten anderer Träger auf lokaler und Landesebene.

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