Herne. Die Zahl der Abschiebungen ist 2019 in Herne leicht angestiegen. Ein Drittel der Abschiebungen scheiterte – am Widerstand der Flüchtlinge.
Die Stadt Herne hat im vergangenen Jahr wieder mehr Flüchtlinge abgeschoben. Am häufigsten wurden die Menschen nach Albanien zurückgebracht. Auffällig: Viele Abschiebungen konnten gar nicht erst durchgeführt werden, weil Flüchtlinge Widerstand leisteten..
Insgesamt 63 Menschen hat die Stadt 2019 abgeschoben, teilte die Stadt auf Anfrage der WAZ mit. Das sind fünf mehr als im Vorjahr, aber noch immer deutlich weniger als 2017. In jenem Jahr wurde – zwei Jahre nach der so genannten Flüchtlingskrise 2015 – mit über 100 Abschiebungen ein neuer Höchststand erreicht.
Nach Albanien wurden die meisten Flüchtlinge zurückgeschickt
Nach Angaben der Stadt wurden die Menschen im vergangenen Jahr in 19 Länder abgeschoben; meist waren es Einzelpersonen. Im Gegensatz zum Vorjahr wurde niemand mehr in den Irak, nach Afghanistan oder Guinea zurückgeschickt. Vielfach seien vor allem EU-Länder wie Frankreich, die Niederlande oder Dänemark die Ziele gewesen, so Stadtsprecher Christoph Hüsken. Grund sei das Dublin-III-Abkommen: Demnach ist derjenige Staat verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, in dem die Flüchtenden zum ersten Mal die EU betreten haben. Dorthin wurden die Menschen zurückgebracht.
Auffällig ist mit zwölf Menschen die hohe Zahl an Flüchtlingen, die nach Albanien zurückgeflogen wurden – das Land liegt in diesem Jahr an der Spitze und hat Serbien abgelöst. Die Erklärung: 2019 lag diese vergleichsweise hohe Zahl nach Auskunft des Stadtsprechers in erster Linie an zwei Familien, die in ihre Heimat gebracht wurden, darunter eine Großfamilie mit sieben Menschen.
Der Widerstand gegen die Abschiebungen war auch 2019 groß. Ein Drittel der Flüchtlinge konnte – ähnlich wie im Vorjahr – gar nicht durchgeführt werden; eigentlich wollte die Stadt 99 Menschen „zurückführen“. Viele Flüchtlinge, so Hüsken, tauchten unter. Andere wehrten sich, so dass von einer Abschiebung Abstand genommen werden musste. Außerdem gebe es Flüchtlinge, bei denen mehrere Abschiebungsversuche erforderlich gewesen seien. Auffällig sei aus: „Der Personenkreis ausreisepflichtiger Ausländer, deren Rückführung unter relativ einfachen Bedingungen möglich ist, verkleinert sich stetig.“ In diesem Zusammenhang sinke auch die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise.
Flüchtlingsrat: Abschiebeverfahren sind intransparent
Rolf Ahrens, Mitglied des Herner Flüchtlingsrates, bemängelt, dass die Abschiebeverfahren bei der Stadt wenig transparent seien. Die Politik habe bereits versucht, mehr Informationen über die Verfahren zu bekommen, das sei aber nicht gelungen, so Ahrens, der auch Fraktionsgeschäftsführer der Grünen ist. Entsprechende Anfragen in politischen Ausschüssen seien von der Verwaltung nicht zufriedenstellend beantwortet worden.
Klar aber sei, dass oft genug Menschen abgeschoben würden, die sich integrieren wollten oder sich bereits integriert hätten. Er berichtet von Flüchtlingen, die die deutsche Sprache erlernten und in denen ein Familienmitglied beispielsweise eine Lehrstelle gefunden habe. Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel sei es da nur schwer einzusehen, wenn sie abgeschoben würden. „Aber so ist die Rechtslage“, fügt Ahrens an.
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