Herne. Das Arbeiten im Homeoffice wird intensiv diskutiert. Die WAZ hat Herner Unternehmen gefragt, wie sie das mobile Arbeiten umsetzen.

Homeoffice ist seit einigen Tagen wieder verstärkt in der Diskussion. Soll sie ausgeweitet werden, um Infektionswege zu unterbrechen? Soll es eine Homeoffice-Pflicht geben? Die WAZ hat Herner Unternehmen gefragt, wie das mobile Arbeiten umsetzen.

NWB Verlag

Beim NWB Verlag habe es auch schon vor Ausbruch der Pandemie Mitarbeiter gegeben, die mobil gearbeitet hätten, so Anja Willich, die bei NWB den Bereich "Menschen & Kultur – Personal und Kommunikation" leitet. Als im Frühjahr die erste Corona-Welle angerollt sei, habe das Unternehmen sehr schnell entschieden, die Mitarbeiter nach Hause zu schicken und von dort arbeiten zu lassen. Mit einer technischen Lösung seien sie in der Lage, von dort auf alle Daten ihres Rechners im Büro zuzugreifen. Wer benötigte, wurde mit einem zusätzlichen Bildschirm und Kamera für Videokonferenzen ausgestattet.

Das Unternehmen habe sich sehr schnell Gedanken darüber gemacht, wie man den Zusammenhalt angesichts der räumlichen Trennung stärken kann. Dafür habe man verschiedene Dinge umgesetzt. Geschenke zu Ostern, die Geschäftsführer hätten Videos gedreht. Man habe ein digitales Sommerfest veranstaltet mit einem digitalen Escape-Room, auch ein Koch sei verpflichtet worden, der live mit den Mitarbeitern gekocht habe. Darüber hinaus seien digitale Blind Dates veranstaltet worden, bei den Mitarbeiter einander zugelost worden sein, um ins Gespräch zu kommen. Nachdem im Sommer wieder alle Mitarbeiter zurück in Büro gekommen seien, liege die Quote der Mitarbeiter nun bei 10 bis 15 Prozent.

Willich: "Für uns ist mobiles Arbeiten auf Grund der guten Erfahrungen in der ersten Welle keine Notlösung, wir wollen das als neue Form der Zusammenarbeit etablieren." Deshalb habe man im August einen neuen Arbeitsrahmen festgelegt, der besage, dass Mitarbeiter grundsätzlich 50 Prozent ihrer Arbeitstage mobil arbeiten können. Die Produktivität habe angesichts des mobilen Arbeitens nicht gelitten, dazu habe unter anderem beigetragen, dass der Anfahrtsweg weggefallen sei und die Mitarbeiter diese Zeit vor dem Rechner verbracht hätten. Da sich der NWB Verlag mit seinen Produkten an Steuerberater richte, die in diesen Zeiten sehr gefragt seien, habe der Verlag Aufwind erhalten.

[In unserem lokalen Newsletter berichten wir jeden Abend aus Herne. Den Herne-Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen.]

Evonik

Ganz andere Voraussetzungen gibt es beim Eickeler Standort des Spezialchemie-Konzerns Evonik, denn die Produktion kann selbstverständlich nicht vom Arbeitszimmer zu Hause gesteuert werden. Von den rund 400 Mitarbeitern sind bis zu 95 in der Produktion. Und da die Auslastung des Werks sehr gut sei, würden die Mitarbeiter auch an sieben Tagen rund um die Uhr benötigt, so Evonik-Sprecherin Alexandra Boy. Doch auch für sie sind Maßnahmen ergriffen worden. Abläufe seien auseinandergezogen worden, zum Beispiel habe man neue Pausenräume geschaffen. Die Übergabe von einer Schicht an die nächste finde digital ohne persönliche Begegnung statt. Die Büros, die es am Standort gebe, würden nur mit einer Person belegt, der Rest arbeite mobil.

Vulkan-Gruppe

Auch bei der Cranger Vulkan-Gruppe hatten Mitarbeiter schon vor Ausbruch der Pandemie teilweise die Möglichkeit, mobil zu arbeiten. Mit der ersten Welle im Frühjahr seien alle Mitarbeiter nach Hause geschickt worden und dort, wo es möglich war, technisch angebunden worden, so Geschäftsführer Sebastian Meise. Inzwischen gebe es die Regelung, dass jeder Mitarbeiter bis zu vier Tage von zu Hause aus arbeiten darf, in der jetzigen Situation werde sie aber deutlich großzügiger ausgelegt. Die Hälfte der Mitarbeiter sei in der Zentrale, dort gebe es genügend Platz, um sich aus dem Weg zu gehen. Meise: "Wir haben gemerkt, dass die Mitarbeiter nicht die ganze Zeit zu Hause sein wollen und mal einen Tapetenwechsel benötigen."

Stadt Herne

In der Stadtverwaltung Herne werde Homeoffice bereits seit nunmehr zwei Jahren angeboten, sagt Stadtsprecherin Anja Gladisch auf Nachfrage der WAZ. Das sei grundsätzlich ein freiwilliges Angebot der Stadtverwaltung an alle Mitarbeitenden. Voraussetzung sei unter anderem, dass sich die wahrzunehmenden Aufgaben für Homeoffice eignen. Diese Möglichkeit hätten nicht alle Kollegen, betont Gladisch. Feuerwehrleute oder Kollegen des Standesamtes oder Bürgerbüros müssten natürlich vor Ort sein.

Zusätzlich zu dem Homeoffice-Arbeitsmodell gebe es seit der Pandemie zudem die Möglichkeit des mobilen Arbeitens. Diese sei losgelöst von der Homeoffice-Vereinbarung zum Schutz der Mitarbeiter eröffnet worden und werde vielfach genutzt, so die Stadtsprecherin. Aktuell arbeiteten 259 Personen im Homeoffice. "Wie viele Mitarbeitende sich neben der bereits bestehenden Homeoffice-Vereinbarung teilweise im mobilen Arbeiten befinden, kann leider nicht beziffert werden, da diese Möglichkeit sehr flexibel genutzt werden kann." Da die Stadtverwaltung in den Bereichen, wo es möglich ist, Homeoffice oder mobiles Arbeiten anbiete, würde sie einer möglichen staatlichen Vorgabe bereits gerecht werden, so Gladisch.

Weitere Nachrichten aus Herne und Wanne-Eickel lesen Sie hier.