Herne. Für Grundschüler ist Distanzunterricht schwierig. Die technische Ausstattung fehlt vielerorts. Dennoch kommen wenige zur Notbetreuung.

Auch die Grundschüler befinden sich seit Montag im Distanzunterricht. Für die Klassen 1 bis 6 gibt es zwar eine Notbetreuung, die breite Mehrheit der Eltern in Herne findet aber offensichtlich eine Möglichkeit, die Kinder zu Hause zu betreuen – zumindest derzeit. Insgesamt kamen trotz Lockdown rund 350 Schülerinnen und Schüler zum Wochenbeginn in die Grundschulen – von insgesamt 5643. Das teilt Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini auf WAZ-Anfrage mit.

Dabei sei die Lage an den Grundschulen sehr unterschiedlich. Während laut Andrea Christoph-Martini nur sechs Kinder das Notbetreuungs-Angebot an der Ohmschule und am Pantringshof nutzten, waren es an der Freiherr-vom-Stein Schule am Montag 32 von 180 Kindern. An dieser Schule liege der Anteil der Zugewanderten aber auch bei mehr als 25 Prozent, erläutert Andrea Christoph-Martini. Dort mache es auch ganz viel Sinn.

Schul-Lockdown benachteiligt vor allem ausländische Kinder

Generell benachteilige die Schließung der Grundschulen vor allem die Kinder von Familien, bei denen daheim kein Deutsch gesprochen werde. „Wenn diese Kinder mit den Weihnachtsferien insgesamt sechs Wochen am Stück zu Hause kein Deutsch gesprochen haben, werden sie Probleme haben, wenn sie zurückkehren“, merkt die Schulamtsdirektorin an.

Deshalb hat Petra Schachner, kommissarische Schulleiterin der Freiherr-vom-Stein Grundschule, auch einige Kinder gezielt angesprochen und ihnen angeboten, in dieser Phase weiter in die Schule zu kommen. „Wir haben Kinder eingeladen, wo wir wissen, dass sie zu Hause keine Ausstattung und keine Unterstützung haben“, sagt sie. Vier Kinder seien etwa erst kürzlich nach Deutschland gekommen und würden nun in einer kleinen Gruppe sprachlich gefördert.

Für Videokonferenzen fehlt die technische Ausstattung

Die übrigen Schüler, die zu Hause lernen, erhielten wöchentlich neue Aufgaben oder kleine Videos per Padlet. „Wir haben das vorher in der Schule trainiert“, so Petra Schachner. Viele Eltern hätten Aufgabenpakete in der Schule abgeholt. Darüber hinaus sei das Ziel, jedes Kind wenigstens einmal in der Woche telefonisch zu kontaktieren. Gerne hätte Petra Schachner auch das Führen von Videokonferenzen geübt, aber dazu fehle leider die technische Ausstattung an ihrer Schule.

Dieses Problem teilt sie sich mit so ziemlich allen Grundschulen in Herne: „Der WLAN-Ausbau hängt an den Grundschulen deutlich hinter dem an den weiterführenden Schulen zurück“, sagt Andrea Christoph-Martini, und auch dort ist er vielerorts mangelhaft. Sie bedauert das sehr, betont aber, dass es nicht an der Stadt liege, die bereits im Frühsommer Endgeräte bestellt habe, die bis heute nicht geliefert wurden. „Da kann man der Politik keinen Vorwurf machen.“

Schulen gehen mit den Inhalten unterschiedlich um

Videokonferenzen sind an Herner Grundschulen in diesen Tagen deshalb Mangelware. Auch Monika Müller, Leiterin der Grundschule Kunterbunt in Herne-Mitte, könnte auf diese Weise nicht einmal die Hälfte ihrer Schülerinnen und Schüler erreichen. 192 von 440 habe nur eine Möglichkeit, ins zu Hause das Internet zu nutzen, wie eine Abfrage der Schule zum Beginn des Schuljahres ergab.

Ziel sei es bei ihr an der Kunterbunt-Schule deshalb vor allem, Stoff zu wiederholen, der bereits vor den Ferien eingeführt wurde. An der Freiherr-vom-Stein Schule werden hingegen auch neue Inhalte zu Hause erarbeitet, wie Petra Schachner sagt. Diese Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Schulen mit dem Distanzunterricht umgehen.

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Und auch jedes Kind könne mit der Situation anders umgehen und in diesem Alter unterschiedlich gut, selbstständig arbeiten, sagt Monika Müller. Eltern könnten ihre Kinder aber unterstützen, indem sie sich zu ihnen setzten, während sie die Aufgaben machen, Interesse zeigten, es lobten. Wenn das Kind die Aufgaben nicht machen möchte, sollten Eltern konsequent bleiben. Eine feste Tagesstruktur sei für alle Beteiligten hilfreich.

Kindern fehlen die sozialen Kontakte

Müller macht sich weniger Sorgen um den Inhalt, den die Kinder in den drei Wochen verpassten, als um den Mangel an sozialen Kontakten und was das mit den Kindern mache. Schon vor den Weihnachtsferien sei das Lächeln bei einigen Kindern nicht mehr dagewesen. Gerade für die Kinder sei es keine einfache Zeit.

Deshalb hofft die Schulleiterin, dass die Grundschüler möglichst bald zurückkehren werden. "Es wäre aber keine gute Lösung, wenn im Februar alle Kinder wieder gleichzeitig zurückkommen", sagt Monika Müller. Sie wäre dafür, die Klassen zu teilen und nacheinander für jeweils zwei Stunden kommen zu lassen. Ähnlich sieht es Petra Schachner: "Ich finde es wichtig, dass wir die Kinder wieder in der Schule sehen - ob tageweise oder mit einer Früh- und Spätgruppe." Wenn alle zusammen wiederkämen, hätte sie aber etwas Bauchschmerzen.

>>> Wie es weitergehen könnte:

- Herne muss abwarten, was das NRW-Schulministerium über das weitere Vorgehen entscheidet. Bei einer Inzidenz über 200 kann die Stadt aber über eine Musterallgemeinverfügung weitere Schritte einleiten. Denkbar wäre dabei etwa das Einführen einer Maskenpflicht im Unterricht auch für Dritt- und Viertklässler, so Andrea Christoph-Martini.

- Auch werde bereits mit der Bezirksregierung eine Maskenpflicht für den Schulweg abgestimmt.

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