Herne. Zum Jahresbeginn machen Herner Schüler obligatorische Betriebspraktika. Nun gibt es Diskussionen, ob das in Corona-Zeiten Sinn macht.

Über das sonst obligatorische Betriebspraktikum der Schülerinnen und Schüler in der Einführungsphase (EF) an den Herner Gymnasien und anderen Schulformen gibt es derzeit einige Diskussionen. Ausgangspunkt ist dabei die Frage, ob ein solches Praktikum in Corona -Zeiten angebracht ist, durchgeführt werden muss, oder verschoben bzw. verkürzt werden sollte.

So gibt es Eltern, die Kritik daran üben: „Es ist bereits so viel Unterricht ausgefallen, die Weihnachtsferien beginnen zwei Tage eher und nun auch noch drei Wochen Praktikum im Januar?“, fragt eine Mutter, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie sagt, dass viele Schülerinnen und Schüler in diesem Jahr wegen Corona Schwierigkeiten gehabt hätten, sich einen geeigneten Praktikumsplatz zu suchen ( die WAZ berichtete ), häufig müsse eine Notlösung her, die eigentlich gar nicht das Interesse der Schüler widerspiegele.

Praktikum soll Alternative zum Studium aufzeigen

Auch Dennis Robertz, Schulleiter des Otto-Hahn-Gymnasiums , kennt diese Diskussionen. „Es ist in diesen Zeiten natürlich schon relativ schwierig, 100 Schüler in Betriebe zu schicken und dann wieder zurück in die Klassen zu holen“, merkt er an. Zudem habe auch er die Rückmeldung erhalten, dass es dieses Jahr zum Teil schwierig sei, Praktikumsplätze zu bekommen.

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Das Problem, dass Schüler unterversorgt sind, gebe es jedes Jahr, sagt Volker Gößling, Schulleiter am Pestalozzi-Gymnasium . Wie in jedem Jahr sei es wichtig, sich rechtzeitig um einen Praktikumsplatz zu kümmern – in diesem Jahr vielleicht noch mal besonders. Doch auch wenn hierfür Unterricht ausfalle, betont Gößling die Bedeutung des Praktikums: „Den Schülern soll die Möglichkeit gegeben werden, noch einen alternativen Weg zum Studieren kennenzulernen.“

Entscheidung der Schulleiter zum Praktikum steht noch aus

Derzeit sähen die rechtlichen Vorgaben aus Düsseldorf so aus, dass die Betriebspraktika stattfinden, so Gößling. „Aber natürlich muss man überlegen, ob das in diesen Zeiten Sinn macht.“ Deshalb werde sich die Schulkonferenz des Pestalozzi-Gymnasiums am 1. Dezember mit dem Thema befassen und entscheiden, ob die Praktika in der geplanten Form stattfinden können.

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Eine Verschiebung ans Ende des Schuljahres sei theoretisch denkbar, so Gößling, bringe aber auch Nachteile mit sich. Denn zum Beispiel könne das Praktikum dann nicht wie eigentlich gewünscht in den Unterricht eingebettet und anschließend nachbearbeitet werden, da die Schüler dann schon in den Ferien seien. Auch bestehe die Gefahr, dass die Schüler noch viel schwieriger einen Praktikumsplatz erhielten, wenn alle Schulen in der Zeit unmittelbar vor den Sommerferien ein solches Betriebspraktikum ansetzen würden.

Das Haranni-Gymnasium hat das Praktikum bereits verschoben. „Es hatten nur etwa 20 Prozent der Schüler einen Praktikumsplatz, so kann ich das nicht durchführen“, sagt Schulleiterin Nicole Nowak. Zudem hätten sich Schüler und Eltern dagegen ausgesprochen und auch sie selbst hätte Bedenken gehabt: „Ich kann nicht sagen, minimiert eure Kontakte, und die Schüler dann losschicken.“ Das Praktikum solle zum ende des Schuljahres stattfinden.

Schüler und Lehrer müssten von Betrieben zurück in die Klassen

Bei der Realschule an der Burg findet das Praktikum zur Berufswahlorientierung üblicherweise nach den Halbjahreszeugnissen im Februar statt. Aber Schulleiter Stefan Lindemann zweifelt doch sehr, ob sie wirklich durchgeführt werden können und sollten. „Ich finde es schwierig, da ja auch die Kollegen in die Betriebe müssten und wieder an die Schule zurückkommen“, sagt der Sprecher der Herner Realschulen.

Zwar sei noch in der vergangenen Woche in einer Schulmail aus NRW darauf hingewiesen worden, dass alle Berufsorientierungselemente weiter stattfinden sollen, dennoch hofft Lindemann „auf eine klare Gesetzesvorgabe aus Düsseldorf: Lasst es sein, nutzt die Kräfte vielleicht besser für den Präsenzunterricht .“

Und auch das OHG überlege, das Praktikum ans Ende des Schuljahres zu verlegen, sagt Schulleiter Dennis Robertz. Eine Entscheidung habe es dazu aber noch nicht gegeben. Er wolle erstmal die Entscheidung der Politik zum Lockdown abwarten.

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