Herne. Ex-Triathlet Ingo Schultz liebt das Extreme. Der Herner hat sich einer neuen Herausforderung gestellt: Winterschwimmen im Rhein-Herne-Kanal.
Der kalte Novembermonat bringt eigentlich alles andere als Badewetter mit sich. Während sich die meisten Herner mit Kuscheldecke und einer Tasse Tee einwintern, zieht sich Ingo Schultz die Badehose an und schwimmt regelmäßig den Kanal entlang. „Gefährlich. Und vor allem warum macht man das?“, seien die häufigsten Sätze, die der Sportler zu hören bekommt.
„So einfach das Ganze klingt, ist es aber nicht“, erklärt Schultz. Unabhängig davon, dass die Hallenbäder in Herne coronabedingt geschlossen haben, habe er schon letzten Winter angefangen, sich für die neue Herausforderung vorzubereiten. „Meine Partnerin hat mir zu Weihnachten das Buch von Extremschwimmer Andre Wirsing geschenkt. Das hat mich so inspiriert, dass ich mir gedacht habe, nächsten Winter schwimmst du auch bei eisigen Temperaturen im Herner Meer “, erinnert sich der 53-Jährige. Seitdem habe er nur noch kalt geduscht, um sich in kleinen Etappen darauf vorzubereiten.
Herner schwimmt mit Boje und Notfall-Pfeife
Warum er keinen Neoprenanzug trägt, basiere auf der Faustregel des „Ocean‘s Seven“. Ein Wettbewerb bei dem die sieben schwierigsten Meerengen auf fünf Kontinenten durchschwommen werden. „Badehose, Badekappe und Schwimmbrille sind dafür erlaubt“, erklärt der Herner. Aber wenn die Wassertemperatur unter die fünf Grand Marke wandere, werde er wahrscheinlich auch zum Neoprenanzug greifen. So geübt sei er schließlich noch nicht.
Weitere Träume und Ziele
„Ich versuche immer an meine Grenzen zu kommen und diese nach hinten zu verschieben. Deshalb werde ich immer neue Herausforderungen finden“, sagt Ingo Schultz.
Träumen dürfe man ja und die Straße von Gibraltar zu durchschwimmen wäre schon eine besondere Herausforderung.
Es wird nicht einfach reingesprungen und wild drauflos gekrault. Drei Anläufe nimmt sich der Herner Zeit für den Einstieg, „dabei soll sich der Körper an die kalten Temperaturen gewöhnen.“ Zuerst steigt er mit Pullover und Badeschuhen bis zur Hälfte ins Wasser. Dann folgt ein Proteinsnack, der die notwendige Energie liefern soll und ein Schluck Wasser. Vor dem zweiten Anlauf werden Kopf und Hände nass gemacht, Badehaube angezogen und dann ohne Pullover kurz eine Minute schwimmen. Wieder raus, Schuhe aus, Schluck Wasser und eine Boje mit Notfall-Pfeife wird umgebunden. Erst dann geht es los. „Diese Anläufe geben mir mentale Stärke und meine Partnerin steht mir immer zur Seite und kann im Notfall die 112 wählen“. Für eine Stunde bleibt der Herner im kühlen Nass und legt in dieser Zeit 2,1 bis 2,2 Kilometer mit Kraulen zurück.
Atmung und Konzentration sind das A und O
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Damit ein Kälteschock oder Frostbeulen vermieden werden können, helfen nicht nur die routinierten Anläufe, sondern ebenso eine bestimmte Atemtechnik – auch die muss antrainiert werden. „Oberste Regel ist, eine Schnappatmung zu vermeiden und tief in den Bauch zu atmen.“ Aber selbst bei dem Ex-Triathlet setzt die gewollte Atmung erst nach den ersten zehn Minuten ein. „Deshalb sind diese Minuten die schlimmsten – bis sich der Körper an die Kälte gewöhnt hat und die richtige Atmung einsetzt“.
Relativ unspannend aber von enormer Relevanz ist, was dem Herner während dieser Extremsituation durch den Kopf geht. „Songtexte oder das Einmaleins. An etwas anderes denke ich nicht. Währenddessen bin ich auch nicht ansprechbar“, erzählt der 53-Jährige. Denn es könne passieren, dass man das Bewusstsein verliere, deshalb brauche man Aufgaben bei dem das Gehirn gefordert sei und man rechtzeitig erkenne, wenn die Konzentration nachlasse. „Deshalb ist es wichtig, sich solche Schutzmechanismen anzutrainieren.“
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