Herne. In Herne ist ein Kind (4) im U-Bahnhof Schloß Strünkede in den Spalt zwischen U-Bahn und Bahnsteig abgerutscht. Unbekannte halfen.
Unbekannter Helfer haben in der Herner U-Bahn-Station Schloß Strünkede der kleinen Lani (4) geholfen. Sie war mit dem Bein in den Spalt zwischen U-Bahn und Bahnsteig abgerutscht.
Der Vorfall ereignete sich am Sonntag vor einer Woche. Familienvater Michael Schneider hatte mit seinen beiden Töchtern Kaila und Lani eine Fahrradtour unternommen. Ziel war die Schleuse Herne-Ost, erzählt er. „Für meine vierjährige Tochter Lani war das allerdings eine ganz schön weite Strecke“, so der 44-Jährige. Deshalb entschied sich die Familie, den Rückweg mit der U-Bahn zu verkürzen, um die Vierjährige zu entlasten. Im U-Bahnhof Schloß Strünkede wollten die Schneiders deshalb in die U 35 einsteigen.
Herne: „Von Lani war auf einmal ein Bein weg“
Dabei geschah es: Lani ging mit ihrem Fahrrad voraus und wollte in die U-Bahn steigen, die am Bahnsteig mit geöffneten Türen wartete. Ihre siebenjährige Schwester erzählt vor Ort, bei einem Treffen mit der WAZ, noch immer entsetzt: „Von Lani war auf einmal ein Bein weg.“ Ihre Schwester stürzte und rutschte mit einem Bein voraus in den Spalt zwischen U-Bahn und Bahnsteig. Der restliche Teil ihres Körpers, mit dem sie sich stützte, steckte in der geöffneten Tür der U-Bahn. „Das war schlimm“, erzählt die Schwester.
Lani verfing sich und versuchte vergeblich, sich zu befreien. Der noch immer fassungslose Vater Michael Schneider habe zunächst nichts von dem Vorfall mitbekommen, weil er sich um die Fahrräder gekümmert habe. Er habe nur noch um Hilfe rufen können. In diesen Sekunden voller Schrecken hätten sich in seinem Kopf grauenvolle Szenarien abgespielt: „Was wäre, wenn die U-Bahn genau jetzt losfährt?“ Erst hinterher sei ihm bewusst geworden, dass die U-Bahn nicht losfahren würde, wenn die Türen noch geöffnet sind.
Schwester (7) schreibt Brief an die WAZ
Er habe aber gar nicht eingreifen müssen: „So schnell, wie die Hilfe kam, kam der U-Bahn Fahrer gar nicht aus dem Sitz“, so Schneider, der als Sonderpädagoge arbeitet. Retter in der Not eilten herbei – mehrere junge Männer – die die Vierjährige ohne zu zögern aus der Lücke zogen. Lani kam mit dem Schrecken davon, und langsam gewöhne sie sich wieder ans U-Bahn fahren, sagt der Vater.
Auf diesem Wege möchte sich die Familie Schneider bei den unbekannten Rettern herzlich bedanken. Der WAZ schrieb Kaila einen Brief und erzählte darin über den Vorfall. „Ich hate Angst Aba zom Glück Haben File Menschen Geholfen“, schreibt die Siebenjährige mit Bleistift auf einem linierten Zettel, den sie aus einem Block herausgerissen hat. Und: „Danke Noch Mal Für Die Helfe.“
Bogestra: Vorfälle wie diese sind sehr selten
Loki Schmidt lenkte die erste Bahn
Am 2. September 1989 wurden die U 35 und die ersten Bahnhöfe feierlich eröffnet. Bochums damaliger OB Heinz Eikelbeck gab mit der Schaffnerkelle das Abfahrtssignal, die erste Bahn lenkte Loki Schmidt, Gattin von Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, durchs Tunnelsystem.
960 Millionen DM kostete der Abschnitt zwischen Bochum (713 Millionen DM) und Herne, zu 60 Prozent finanziert vom Bund, zu 30 Prozent vom Land und zu zehn Prozent von den beiden Städten.
24 Stationen hat die rund zehn Kilometer lange Linie zwischen Schloß Strünkede (Herne) und Hustadt (Bochum). Mit 85.000 Fahrgästen täglich ist die U 35 die meistbenutzte Linie der Bogestra
Zu Vorfällen wie diesem komme es „sehr selten“, sagt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann zur WAZ. Im Übrigen sei eine Abfahrt der U-Bahn bei geöffneter Tür durch die eingebaute Sicherungstechnik ausgeschlossen. Die Schilderung wolle er aber zum Anlass nehmen, um bei allen ÖPNV-Nutzern dafür zu werben, es bei jedem Ein- und Aussteigen zu oder von einem Verkehrsmittel – sei es U-Bahn, Straßenbahn oder Eisenbahnwagen – nicht an der nötigen Aufmerksamkeit fehlen zu lassen: „Eine Lücke zwischen Bahnsteig und Fahrzeug ist technisch bedingt.“ Wenn beim Ein-/Aussteigen auf diese Lücke geachtet werde, könnten vergleichbare Vorfälle vermieden werden – und die Kinder müssten nicht diese aufregende Erfahrung machen. „Wir finden es schön, dass sich die Mädchen bei den unbekannten Fahrgästen für die erfahrene Hilfe bedanken“, sagt Kollmann abschließend.