Herne. Die Corona-Pandemie setzt den Herner Schulen zu. Schulleiter sprechen von „enormer Belastung“. Und Schüler müssen sich nun warm anziehen.
Das Zwischenfazit von Herner Schulleitern nach acht Wochen Schulbetrieb während der Corona-Pandemie in diesem Schuljahr ist bedrückend. „Es ist eine Wahnsinnsbelastung“, sagt Stefan Lindemann, Schulleiter der Realschule an der Burg und Sprecher der Herner Realschulen. „Wir stehen alle unter permanenter Anspannung.“
Diese werde noch gesteigert, seitdem es keine Maskenpflicht mehr im Unterricht gebe, so Lindemann. „Es ist eine höchst angespannte Situation und eine enorme Belastung für alle Kolleginnen und Kollegen“, sagt er und spricht für alle Herner Realschulen. „Schließlich geht es hier um die Gesundheit und dafür haben wir die Verantwortung.“
Immer häufiger Corona-Fälle an Schulen in Herne
Anders als noch vor den Ferien seien Schulen nun immer häufiger von Infektionen betroffen. Erst am Montag meldete die Stadt zwei weitere Corona-Fälle am Gymnasium Eickel und der Gesamtschule Mont-Cenis. Für Sylke Reimann Perez, Schulleiterin in Sodingen, war es bereits der fünfte Fall. Eine gewisse Routine habe sich in so einem Fall bereits eingespielt, sagt sie. „Ich schicke dann die Klasse in Quarantäne, die Kollegen und die Eltern werden informiert und ein Packen Unterlagen geht sofort an das Gesundheitsamt. Das geht ruck, zuck.“
Und schnelles Handeln sei enorm wichtig, betont sie, und ist der Überzeugung, dass das der Grund ist, warum sich bisher in Herne kein Schüler in der Schule angesteckt hat, wie auch die Stadt bestätigt. Was sie sich jedoch wünschen würde, ist eine Rückkehr zur Maskenpflicht im Unterricht.
Maskenpflicht im Klassenraum an Grundschulen aufgehoben
Doch davon ist bisher aus dem NRW-Schulministerium nichts zu hören. Hingegen wurde für die Grundschulen die Maskenpflicht im Klassenraum, wenn sich die Schüler vom Platz bewegen, sogar zum 1. Oktober aufgehoben. „Das hat die Kollegen doch besorgt“, sagt Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini. Generell ist sie mit dem Verlauf an den Grundschulen aber zufrieden.
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Durch Schwangerschaften und die hohe Zahl an Krankmeldungen – in Corona-Zeiten auch wegen einfacher Erkältungen – müssten aber an einigen Schulen Randstunden ausfallen, sagt sie. Christoph-Martini schließt nicht aus, dass – je nach Entwicklung der Fall-Zahlen – Klassen aufgrund des Lehrermangels an einzelnen Tagen auch komplett in den Distanzunterricht wechseln müssen. Dabei werde jeder Fall individuell entschieden.
Sorge vor Reiserückkehrern nach den Herbstferien
Sorge bereite ihr die Zeit nach den Herbstferien und die Reiserückkehrer. Sie appelliert deshalb an die Eltern, ehrlich zu sein, was den Urlaubsort und die -zeit angeht und die Kinder besser in Quarantäne zu lassen, als andere zu gefährden.
„Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die vorsorglich unter Quarantäne gestellt werden, hat sich erhöht“, sagt Nicole Nowak, Leiterin des Haranni-Gymnasiums und Sprecherin der Herner Gymnasien. Auch sie resümiert: „Es ist eine unheimlich große Anstrengung für alle Beteiligten.“ Es sei noch mehr zu bedenken, noch mehr zu organisieren.
Kontaktdaten der Eltern häufig inaktuell
Und dann scheitere es teilweise an so einfachen Dingen wie der richtigen Telefonnummer der Eltern, sagt Lindemann. „Die Familien über das Telefon zu erreichen, hat sich als sehr schwierig erwiesen“, so der Schulleiter. Bei einem Infektionsfall müsse die Schule Sitzpläne und Telefonlisten an das Gesundheitsamt weiterleiten. Stimme eine Rufnummer nicht mehr, folge eine teils aufwendige Recherche.
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Schwierig sei zudem die Kombination aus Präsenz- und Distanzunterricht. Sei eine Klasse komplett in Quarantäne, sei dies kein so großes Problem. Schwieriger ist die Lage, wenn einzelne Schüler zu Hause bleiben müssten. „Wenn Notebooks vorhanden waren, habe ich sie mir einfach in den Unterricht geschaltet.“ Aber das sei nicht immer der Fall. „Ich hoffe, dass wir schnell weitere Notebooks bekommen, das wäre ein enormer Vorteil“, so Lindemann.
Schüler müssen sich warm anziehen
Mit Sorgen blickt der Sprecher der Realschulen schon jetzt auf die Zeit nach den Herbstferien. „Wenn es jetzt kälter wird, wird sich die Situation eher noch zuspitzen“, befürchtet er. „Wir sind mit dem Schulträger auf dem Weg, Lüftungspläne zu erstellen.“ Die Schulen seien gehalten stoßzulüften. „Momentan plädiere ich dafür, dass sich alle Schüler warm anziehen“, sagt Nicole Nowak. Da sitze der eine oder andere Schüler zum Teil mit Jacke im Unterricht. Sie betont aber auch: „Es ist uns nicht egal, wenn die Kinder frieren.“ Und auch krank werden sollten sie natürlich nicht. Das sei ein ständiges Abwägen.
28 Fälle an Schulen
Insgesamt hat es bisher 28 Corona-Fällen an Schulen in Herne gegeben, teilt die Stadt am Dienstagnachmittag mit. 26 davon bei Schülerinnen und Schülern und zwei bei Lehrpersonen. Derzeit befinden sich etwa 350 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne.
Die Stadt hat Luftfilter in Klassenräumen als Alternative zum Lüften getestet. Dabei sei geprüft worden, wie die Reiniger die Luft im Raum bewegen, teilt Stadtsprecherin Nina Haupt mit. Das Ergebnis sei, dass die Geräuschbelästigung sehr hoch sei und die Wirkung bei den getesteten Geräten schlechter als erwartet. „Lüften über die Fenster funktioniert deutlich besser“, so Haupt, da die Luft durch die Filter nicht so bewegt worden sei. Es solle noch ein weiteres Gerät getestet werden, hohe Erwartungen habe die Stadt diesbezüglich aber nicht.
„Für den Herbst habe ich große Bedenken, ob es ohne Maskenpflicht geht“, betont die Leiterin des Haranni-Gymnasiums. Sie hofft wie Stefan Lindemann darauf, dass die Maskenpflicht im Unterricht wieder eingeführt wird. Denn: „Die Kollegen haben schon ein mulmiges Gefühl“, sagt Nicole Nowak. „Es wird in diesem Jahr kein normales Schuljahr werden“, sagt sie. „Wir können nur flexibel reagieren und das Beste daraus machen.“