Herne. Die EU will mit einer neuen Gesetzgebung die Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern verbessern. Das spielt auch in Herne eine Rolle.
Anfang Juli hat die Europäische Union eine Reform für Lkw-Fahrer und Spediteure beschlossen. Die Auswirkungen der Reform reichen bis nach Herne.
Hintergrund: Mit dem sogenannten Mobilitätspaket der EU sollen die Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern in Zukunft deutlich verbessert werden. Dazu gehört unter anderem, dass die Trucker geregelte Ruhezeiten bekommen.
Vermutlich wird es kaum einen Herner an den Wochenenden zum Areal der Wanne-Herner Eisenbahn (WHE) am Westhafen verschlagen, es gibt schlicht keinen Grund, von der Recklinghäuser Straße abzubiegen. Wer es trotzdem macht, wird auf den Parkstreifen 50 und mehr Lkw-Zugmaschinen erblicken. Bei schönem Wetter sitzen die Fahrer zwischen ihren Fahrzeugen und grillen gemeinsam. Auch auf dem Parkplatz des Real-Marktes an der Juliastraße standen in diesem Sommer bis zu 20 Zugmaschinen. Der überwiegende Teil der Fahrzeuge hat bulgarische Kennzeichen.
Unternehmen sollen für Unterkunft der Fahrer bezahlen
Die Männer verbringen das Wochenende ab Samstagnachmittag „auf ihrem Bock“, ehe sie am Montagmorgen wieder Ladung aufnehmen. Doch genau dies soll so in Zukunft nicht mehr möglich sein, die EU schreibt vor, dass die regelmäßigen Ruhezeiten von mindestens 45 Stunden nicht mehr im Fahrzeug verbracht werden dürfen - und dass die Transportunternehmen sogar die Kosten für die Übernachtung übernehmen müssen.
Stadt Herne auch bei Kontrolle nicht zuständig
Auch bei der Kontrolle der Ruhezeiten ist die Stadt Herne nicht zuständig, wie ein Sprecher auf Anfrage der Herner WAZ-Redaktion mitteilt.
Diese Zuständigkeit liegt beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG), dessen Zentrale in Köln ist.
Da stellt sich in Herne die Frage, wo die Fahrer übernachten sollen? Die Zahl der Hotels und Pensionen in Herne ist übersichtlich - und die meisten von ihnen dürften preislich jenseits des Rahmens von Transportunternehmen und Fahrern liegen. Selbst für den theoretischen Fall, dass die Fahrer im B&B-Hotel in Holsterhausen einchecken: Wo sollen ihre großen Maschinen parken?
Die Stadt Herne ist nicht in der Verantwortung, ein Angebot zu schaffen. Das Immobilienunternehmen Engler, das den Malakoffturm auf dem Nordfrost-Gelände in Unser-Fritz besitzt, hatte mal mit dem Gedanken gespielt, dort eine Pension für Fernfahrer einzurichten, weil man wusste, dass die EU-Reform kommen wird. Doch man habe das Vorhaben verworfen und zurzeit keine Pläne in diese Richtung, so Steven Engler auf Nachfrage der Herner WAZ-Redaktion.
Container Terminal Herne will die Situation der Lkw-Fahrer verbessern
Beim Container Terminal Herne (CTH), kennt man die Situation der Fahrer selbstverständlich, schließlich holen sie die Trailer, die mit dem Zug ankommen, dort ab. Im Rahmen der Möglichkeiten versuche man zu helfen, so Geschäftsführer Thorsten Kinhöfer. So wurde am Terminalgebäude eine Wasserleitung nach außen verlegt, damit die Fahrer die Möglichkeit haben, sich zu waschen und Kaffee zu kochen. Demnächst soll auch ein Sanitärcontainer aufgestellt werden, um die vorhandenen sanitären Einrichtungen zu verbessern und zu erweitern. Entsorgung Herne hat ebenfalls reagiert und große Mülltonnen aufgestellt.
Es stellt sich die Frage, ob die Fahrer überhaupt ihre Kabine mit einem Zimmer tauschen wollen. Denn erstens sind Lkw-Zugmaschinen recht gut ausgestattet - und zweitens könnten die Kosten für eine Unterkunft womöglich ihren Verdienst schmälern.
Das liegt am System, das Branchenkenner in groben Zügen so erklären: Große Speditionen verfügen zwar über die Trailer, in denen die Ware transportiert wird, doch die Leistung für die Zugmaschinen kaufen sie ein. Das können Transportunternehmen sein, die in Bulgarien ihren Sitz haben. Damit galten bisher für die bulgarischen Fahrer, die in Herne „stationiert“ sind, nicht die deutschen, sondern die bulgarischen Mindestlohnregeln, allerdings will die EU mit ihrer Reform auch hier einen Riegel vorschieben.