Herne. Der erste Bauabschnitt am alten Bunker in Sodingen ist beendet. In die Fassade wurden die Fensteröffnungen gesägt. Die WAZ hat sich umgeschaut.
In der vergangenen Woche kehrte etwas Ruhe ein am Kurt-Edelhagen-Platz. Der erste Bauabschnitt bei der Umwandlung des Weltkriegsbunkers in Sodingen in das sogenannte We-House ist beendet. Er brachte den ersten entscheidenden Schritt bei einem der bundesweit vielleicht interessantesten Wohnbauprojekte zurzeit. In wochenlanger Arbeit wurden in die verschlossene Fassade die Fensteröffnungen gesägt. Die WAZ hatte die Gelegenheit, sich im Gebäude umzusehen.
Es gibt ja den Begriff der Herkules-Aufgabe – im Falle des Bunkers scheint er sehr passend. Die Außenmauern des Kolosses haben eine Dicke von 2,50 Meter. Da musste eine Spezialfirma mit schwerem Gerät anrücken. Im Innern des Bunkers lehnt noch eins dieser Sägeblätter an der Wand.
Anordnung der Grundrisse ist eine Herausforderung
Gerade in den oberen Etagen eröffnen die Fensteröffnungen – die von der Decke bis zum Boden reichen – Ausblicke auf Sodingen und Herne. Der Ausbildungscampus der Elisabeth-Gruppe ist zu sehen, weiter westlich der Wohnturm in der Herner Innenstadt. Und aus der Ferne grüßt das Steag-Kraftwerk. Wendet man den Blick von außen nach innen, eröffnen sich große, teilweise mindestens 200 Quadratmeter große Flächen. Man muss schon eine gute Portion Phantasie haben, um sich vorstellen zu können, wie später einmal die Wohnungen aussehen werden. Eine Herausforderung für die Anordnung der Grundrisse wird sein, Wände so einzuziehen, dass keine Zimmer ohne Fensteröffnung entstehen.
Ein Treppenhaus wird noch abgerissen, dann beginnt der Innenausbau
Übrigens sind die schweren Abrissarbeiten noch nicht beendet. So verschwindet im Inneren eins von zwei Treppenhäusern und weicht einer Aufzugsanlage. Die ermöglicht den barrierefreien Zugang zu den Wohnungen. Doch danach beginnt der Innenausbau. Leitungen für Strom und Wasser werden verlegt, die Wände eingezogen.
Inzwischen steht eine Veränderung gegenüber den ursprünglichen Plänen fest: Der Garten, in dem Obst und Gemüse für das Restaurant angebaut werden soll, wird im Inneren angelegt statt auf dem Dach. Dort entsteht eine Terrasse für die Bewohner, außerdem benötigen die Paneele der Photovoltaikanlage Platz. Allerdings werden diese auf Stützen stehen, sodass die Bewohner darunter noch Raum haben werden. Die Indoorfarm wird mit Kunstlicht betrieben, selbstverständlich aus dem eigenen Stromkreislauf.
Manche zukünftigen Bewohner waren schon mit dem Zollstock im Gebäude
Eine, die sich sehr wohl vorstellen kann, wie es später einmal aussehen wird, ist Janine Hannemann. Die gebürtige Hernerin wohnt zurzeit mit ihrem Mann in Bochum, beide sind seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt. Sie seien im Internet auf das We-House gestoßen. „Wir haben uns aber nicht weiter informiert, weil wir nicht geglaubt haben, dass es jemals realisiert wird“, erzählt sie im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Nachdem sie gemerkt hatten, dass sie falsch lagen, stießen sie im Februar zum Projekt. Das We-House biete für sie die perfekte Kombination, weil ihnen ein nachhaltiger Lebensstil sehr am Herzen liege. Schon jetzt habe sie auch das Gefühl einer Dorfgemeinschaft, denn auf einer Plattform tauschen sich die zukünftigen Bewohner bereits aus, im realen Leben treffen sie sich in Kleingruppen.
Von Dresden nach Sodingen
Janine Hannemann war mit ihrem Mann bereits mit Zollstock im Bunker. „Wir haben unsere Wohnung schon durchgeplant. Wir wissen, wo die Couch steht und wie das Badezimmer aussehen wird“, erzählt sie. Sie schätzt es sehr, dass die Bewohner bei den Planungen sehr viele Möglichkeiten der Mitgestaltung haben.
Nachhaltig und genossenschaftlich
Der Stuttgarter Projektentwickler plant und realisiert im Sodinger Bunker das We-House. Charakteristisch ist, dass die ökologische Bauweise mit genossenschaftlich organisiertem Leben in Einklang gebracht wird.
Ziel ist es, den ökologischen Fußabdruck der Bewohner deutlich zu senken und die Lebensqualität deutlich zu steigern.
Mehr Informationen zum Projekt: herne.we-house.life
Jutta Büschkes wird aus Dresden nach Herne ins We-House umziehen. Die gebürtige Niederrheinerin möchte wieder etwas näher bei ihren Eltern wohnen. In Dresden hat sie sich auch für ein Wohnprojekt interessiert, doch dessen Realisierung lässt noch auf sich warten. So fand sie nach Herne. Die Stadt kannte sie vorher nicht, inzwischen weiß sei, dass manche Vorstellungen nicht zu halten sind. So gebe es viel Grün.
Auch interessant