Herne. Der Umbau des Weltkriegs-Bunkers in Sodingen hat offiziell begonnen. Das nachhaltige Wohnprojekt strahlt weit über Herne hinaus.

Wenn Bauprojekte - offiziell - starten, werden gerne Spaten geschwungen oder ein Grundstein eingemauert. Der Start am Donnerstagnachmittag war im Vergleich doch sehr ungewöhnlich: Aus dem Weltkriegsbunker am Kurt-Edelhagen-Platz in Sodingen wurde ein tonnenschwerer Betonquader gelöst. Dieser Start passt zu dem außergewöhnlichen Projekt.

Denn der unansehnliche Betonklotz soll sich in den kommenden Monaten in das Wehouse verwandeln - ein ökologisches Wohnhaus, das seinesgleichen bundesweit wohl sucht.

So soll das Wehouse später aussehen.
So soll das Wehouse später aussehen. © Archy Nova

Das sind die Pläne von Archy Nova aus Stuttgart: Entstehen sollen in dem neungeschossigen Turm und dem viergeschossigen Riegel 25 Wohneinheiten zwischen 33 und rund 200 Quadratmetern. Investor Gerd Hansen möchte eine revolutionäre Form des Bauens und des Wohnens umsetzen. Die Bewohner sollen so einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen und gleichzeitig höchste Lebensqualität genießen.

Gewächshaus soll die Gemeinschaftsküche versorgen

So soll die Technik der Mobilfunkmasten auf dem Dach so viel Abwärme erzeugen, dass damit der Bunker vorgeheizt werden kann. Die zusätzlich benötigte Heizleistung und der komplette Strom sollen durch eine Photovoltaikanlage erzeugt werden. Eine sogenannte Stromcloud sorgt für Speicherung und Steuerung. Auch beim Abwasser sollen Kreisläufe genutzt werden. Die Bewohner könnten relativ autark leben, so Hansen beim Baustart.

Das in einem professionell betriebenen Gewächshaus angebaute Gemüse soll in einer Gemeinschaftsküche sowie in einem Bunker-Restaurant verarbeitet werden. Und: „Die Bewohner sollen möglichst auf ein eigenes Auto verzichten“, hatte Hansen im vergangenen Jahr bei der Präsentation gesagt. Carsharing mit Elektroautos soll den Verzicht erleichtern. Ebenfalls geplant: Gästezimmer, ein Wellnessbereich, ein Yogazimmer. Und ganz oben entsteht eine rund 500 Quadratmeter große Dachterrasse. Jenen Bewohnern, die den offiziellen Baustart mitverfolgten, schenkte Hansen ein Buch mit dem Titel „Hände in die Erde“, was bei der Gestaltung des Dachgartens behilflich sein könne.

Land NRW fördert das Projekt

Die Landesregierung unterstützt das Wohnprojekt. Es ist als erstes Herner Projekt von der Energieagentur NRW und der Landesregierung ins Programm „100 Klimaschutzsiedlungen“ aufgenommen worden.

Die Höhe der Förderung ist noch nicht bekannt. Es geht aber nicht nur ums Geld: Die Investoren profitieren auch von einem Austausch mit der Energie-Agentur und anderen Firmen.

Kurt-Edelhagen-Platz wird auch umgestaltet

Doch nicht nur der Bunker wird sich grundlegend verändern, auch der Kurt-Edelhagen-Platz. Dort wird ein Garten angelegt, zur Mont-Cenis-Straße hin soll er entsiegelt werden - und dennoch würden durch eine geschickte Raumaufteilung später mehr Parkplätze zur Verfügung stehen als zuvor.

Visualisierung einer Wohnung
Visualisierung einer Wohnung © Archy Nova

Oberbürgermeister Frank Dudda ist sich sicher, dass das Projekt eine positive Veränderung herbeiführen wird. Es stelle die Qualität und des Wohnens und der Nachbarschaft in den Mittelpunkt und werte den Stadtteil auf. Er stehe quasi aus einer Ruine wieder auf.

Neue Bewohner sind vom Konzept begeistert

Zwölf der 25 Wohnungen seien vergeben, die Bewohner kommen aus Herne, aber auch aus Waltrop und Bochum. Zu den neuen Bewohner zählen Petra Faryar. Die 60-Jährige Hernerin sitzt seit ihrer Kindheit im Rollstuhl und habe deshalb immer Wohnraumprobleme gehabt. Als sie vom Wehouse gelesen habe, habe sie gewusst, dass dieses Projekt genau das ist, wovon sie immer geträumt habe. Das Ökologische, das Nachhaltige, das Solidarische, die Nachbarschaft und die Tatsache, dass es sich auch an Randgruppen richte. Das sei „einfach genial“. Ebenso begeistert ist Gabriela Jüttner. Das Denken und in Kreisläufen und in Generationen habe sie völlig überzeugt.

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Zurück zum Baustart: Manchmal birgt das Ungewöhnliche auch Tücken. So dauerte es deutlich mehr als eine Stunde, bis der Betonquader aus dem Bunker geschoben war und am Haken eines starken Krans hing.