Herne. Wie der OB mal an den Corona-Zahlen schraubte, die Linke über die SPD staunt und warum der Verdacht laut wird, dass Herne einen Impfstoff hat.
In diesen Tagen fühlt man sich als Journalist ein wenig wie im Grimmschen Märchen von Hase und Igel: Egal, zu welchem Pressetermin man kommt - Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) ist schon da. Die Grenzen zwischen Dienstausübung und Wahlkampf sind bei derzeit geradezu inflationären Terminen der Stadtspitze bisweilen fließend, was auch von anderen OB-Kandidaten schon mal beklagt wird.
Sogar am vergangenen Sonntag war Dudda präsent, wenn auch nur auf seiner Facebook-Seite. Dort verbreitete er allerdings Fake-News, indem er von 44 neuen Herner Corona-Fällen „am Wochenende“ berichtete. Richtig wäre gewesen: 44 neue Fälle seit Donnerstag, wie nachträglich von Dudda bzw. seinen Mitarbeitern auf der Facebook-Seite korrigiert worden ist. WAZ-Leser Albrecht Held fragte anschließend, ob sich jetzt alle Herne Bürger bei Facebook anmelden müssten, um am Wochenende die offiziellen Zahlen zu erfahren und warum diese Aufgabe nicht von der Stadtverwaltung übernommen werde - so wie es bis vor wenigen Wochen üblich war.
Theorie und Praxis
Bei politischen Vorschlägen kommt es häufig nicht darauf an, wie gut sie sind, sondern wer sie stellt. Dass an dieser Theorie etwas dran ist, konnte man jetzt im Planungsausschuss feststellen. Der Antrag von Linke-Parteichef Patrick Gawliczek auf verpflichtende Regelungen für den Einsatz der umweltfreundlichen Photovoltaiktechnik beim Verkauf städtischer Baugrundstücke wurde abgelehnt, unter anderem mit den Stimmen der SPD. Also von jener Partei, die in ihrem Kommunalwahlprogramm unter dem Punkt „Immobilien“ schreibt: „Neubauprojekte und Sanierungen sollen klimarelevant durchgeführt werden - dazu gehören: Photovoltaik, Dachbegrünung ….“.
Hat Herne den Impfstoff?
War was? Ach, ja: Es gibt eine Pandemie. Schaut man sich die Länge einiger Tagesordnungen von Ausschüssen und die Sitzungsdauer an, könnte man schon mal auf die Idee kommen, dass im Herner Gesundheitsamt still und heimlich ein Impfstoff gegen Corona entwickelt worden ist und dieser zunächst an politische Mandatsträger und einige Stadtmitarbeiter verteilt wurde. Während noch vor einigen Wochen viele Sitzungen ausfielen oder die Tagesordnung im Turbo-Tempo durchgejagt wurde, dauerte der Planungsausschuss in der vergangenen Woche im stickigen Ratssaal dreieinhalb Stunden und der Umweltausschuss in dieser Woche sogar 3 Stunden und 40 Minuten.
Das rief im Umweltausschuss (in einer kurzen Sitzungspause) die Kritik der SPD an der für die Tagesordnung verantwortlichen Ausschussvorsitzenden Barbara Merten (CDU) auf den Plan. Und in der Tat: Die Frage, warum in Corona-Zeiten im Umweltauschuss beispielsweise ein halbstündiger Vortrag über das „Rangerprojekt“ beim RVR gehalten werden musste, wird als ewiges Rätsel in die Herner Geschichte eingehen.