Herne. Die Filmwelt in Herne hat seit Juni wieder geöffnet und wartet auf Filmstarts. Kinochef Markus Köther sieht die Verleiher in der Pflicht.

Seit Fronleichnam hat die „Filmwelt“ wieder geöffnet. Hygiene und Abstand werden in Hernes einzigem Kino groß geschrieben. Und trotzdem: Am Berliner Platz ist längst noch nicht alles, wie es vor der Corona-Krise war. Mit Kinobetreiber Markus Köther hat WAZ-Redakteurin Ute Eickenbusch gesprochen.

In unserem letzten Gespräch Anfang Juni haben Sie die Hoffnung geäußert, dass „ab Mitte Juli so etwas wie ein Normalbetrieb möglich ist“. Hat sich diese Hoffnung erfüllt?

Köther: Nein! Weil die Filme der US-Major-Verleihfirmen wieder verschoben worden sind: „Tenet“, der schon mehrfach verschoben worden ist, und „Mulan“ von Disney, der jetzt im August anlaufen soll. Was hauptsächlich mit der Entwicklung der Pandemie in den USA zu tun hat.

Welche Erfahrungen haben Sie denn seit der Wiedereröffnung im Juni gemacht?

Anfänglich war es ein Herantasten an die ganze Situation. Da keine Neustarts da waren, blieb uns nichts anderes übrig, als auf Filme zurückzugreifen, die wir schon im März gespielt hatten. „Nightlife“ lief ganz passabel, und wir haben Filmklassiker aufgelegt. Sehr gut war „Harry Potter“, die ganze Reihe, immerhin acht Filme. „Herr der Ringe“ hat sehr gut funktioniert, die ganz lange Version in unserem Luxussaal. Wir haben „Stars Wars - Das Imperium schlägt zurück“ gezeigt, in englischer Originalversion, auch „Der weiße Hai“ war ordentlich. Und seit Anfang Juli sind ja auch mal wieder ein paar Filme angelaufen ...

Was läuft denn gut momentan?

Coronaschutz wird groß geschrieben

In der Filmwelt gelten wie überall die Coronaschutzvorschriften.

Karten können nur online gebucht werden. Auch die Gästeregistrierung kann bereits online zu Hause vorgenommen werden auf www.filmwelt-herne.de.

Alle Vorschriften und Sicherheitsmaßnahmen finden sich auf der Homepage.

Auf der Instagram-Seite der Filmwelt erklärt Markus Köther die Maßnahmen bei einem Rundgang durch das Kino persönlich.

Was wirklich gut läuft, sind Kinder- und Familienfilme. Man merkt, dass Eltern und Kinder ausgehungert sind. Dass sie Abwechslung brauchen und sich freuen, mal wieder was unternehmen zu können. Am Sonntag sind wir tatsächlich für Corona-Verhältnisse überrollt worden.

Was wollten die Besucher sehen?

Allen voran „Paw Patrol“, eine Kinderserie, die fürs Kino produziert worden ist. Den Film haben wir zum Sonderpreis angeboten. Alle Familienfilme bieten wir während der Sommerferien für vier Euro für Kinder und sechs Euro für die Erwachsenen an. Ein Kinostart war auch „Meine Freundin Conni - Geheimnis um Kater Mau“, ein Animationsfilm. Der Filmverleih heißt „Wild Bunch“, und wir sind sehr dankbar, dass ein deutscher Verleih sich mal traut und einen neuen Film startet.

Und so ein Film wie „Undine“ von Christian Petzold, der jetzt viel besprochen wurde?

„Undine“ ist schwierig für Herne, natürlich, aber wir versuchen das jetzt. Aber normalerweise sind wir kein Startkino für „Undine“, der würde sich eher im VHS-Kino wiederfinden. Einen französischen Arthouse-Film haben wir auch im Programm, „Das Beste kommt noch“. Warner Bros. hat jetzt „Scooby!“ gestartet, einen Familienfilm, der auch sehr gut angelaufen ist. Seit Donnerstag läuft auch „Unhinged - Außer Kontrolle“ mit Russell Crowe. Den Film startet der neue Filmverleih Leonine, auch die sind positiv zu erwähnen, weil sie uns Material zur Verfügung stellen, im Gegensatz zu anderen deutschen Verleihern, die sich aus der Verantwortung stehlen, indem sie die Filme zurückhalten, zum Beispiel bis vor Weihnachten.

Apropos Verantwortung: Sie haben etliche Maßnahmen zum Coronaschutz ergriffen ...

Im Foyer sind überall Abstandsmarken angebracht, damit man auf den ersten Blick die anderthalb Meter erkennt. Wir haben Spuckschutz an den Theken und den Kassen angebracht, unsere Mitarbeiter tragen Mundschutz und an den Theken zusätzlich Handschuhe, wir haben Desinfektionsvorrichtungen angeschafft ... und sogar für die Nachos die Verpackung gewechselt, die ist jetzt geschlossen, ebenso wie die Dip-Schalen.

Und der Abstand zwischen den Besuchern in den Sälen?

Das Buchungssystems der Filmwelt ist so eingestellt, dass besetzte Plätze von freien umgeben sind.
Das Buchungssystems der Filmwelt ist so eingestellt, dass besetzte Plätze von freien umgeben sind. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Das ist im Buchungssystem so eingestellt wie zur Wiedereröffnung am 11. Juni. Ich habe mich an der ersten Corona-Schutzverordnung des Landes NRW orientiert. Mir geht es darum, den Gästen ein sicheres Gefühl zu bieten. Die beiden Plätze neben ihnen, drei nach vorne, drei nach hinten und diagonal sind blockiert. Was zur Folge hat, dass in dem Saal mit 250 Plätzen nicht mehr als 80 Gäste Platz haben.

Bringen die neuesten Lockerungen, die NRW verkündet hat, etwas?

Ich könnte sie berücksichtigen, mache es aber nicht. Die Leute wollen ein gutes Gefühl haben und sind mental nicht so weit, dass sie Schulter an Schulter sitzen wollen.

Haben Sie das Gefühl, dass sich die Besucher aus Angst noch zurückhalten?

Unser Problem ist nicht der Kinogast, sondern das Filmangebot. Wenn interessante Filme gestartet werden, werden auch die Gäste wieder zu uns finden und sich sicher fühlen.

Haben Sie von Land oder Bund Unterstützung bekommen?

Wir haben die NRW-Soforthilfe bekommen. Wie es mit dem Konjunkturprogramm des Bundes aussieht, wird noch geprüft. Sonst haben wir keine Unterstützung bekommen. Es werden immer die gleichen Kinos gefördert, die ein vermeintlich kulturell wertvolles Programm bieten, und gerne auch Kinos in kleineren Ortschaften. Aber wir tragen auch zum kulturellen Leben der Stadt bei. Warum soll das weniger wert sein? Ich habe mich jetzt auch für den Kinoprogrammpreis NRW beworben.

Was muss passieren, damit sich die Kinobetreiber entspannen können?

Aus Sicht der großen US-Filmproduktionsfirmen wie Universal, Disney oder Sony ist Deutschland völlig irrelevant, die schauen auf den globalen Markt und warten ab. In Kalifornien haben gerade alle Kinos wieder geschlossen. Die deutschen Produzenten wären jetzt in der Pflicht, Filme zu starten, die zum Teil sogar mit Fördergeldern produziert worden sind. Ich bin dankbar, dass es ein paar Independent-Verleiher gibt wie Leonine und Wild Bunch, die uns mit neuem Material versorgen. Jetzt warten wir darauf, dass die beiden großen Filme starten, „Tenet“ und Mulan“, und hoffen dann, dass die Umsätze in den Kinos allgemein wieder steigen.