Herne. Soll die CDU eine Frauenquote von 50 Prozent einführen? In der Herner Partei gibt es zu dieser Frage geteilte Meinungen. Das sagen Mitglieder.
Wird in der CDU bei Ämtern und Mandaten bis 2025 eine 50-Prozent-Quote für Frauen eingeführt? Dieser aktuelle Vorstoß von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer wird in der Union intensiv und kontrovers diskutiert - auch an der Herner Parteibasis.
Ingrid Fischbach hält diesen Schritt für überfällig
„Das wird höchste Zeit“, sagt die langjährige ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Ingrid Fischbach (63) und lobt den „mutigen Vorstoß“ Kramp-Karrenbauers. „Ich bin aber noch skeptisch, weil ich meine Partei kenne.“ Auch sie habe anfangs geglaubt: „Frauen, die gut und zuverlässig sind, setzen sich auch ohne Quote durch.“ Irgendwann habe sie erkannt: Freiwilligkeit bringe absolut nichts. Und: „Wir haben die Frauen nicht oder die Frauen wollen nicht - diese Argumente kann ich nicht mehr hören“, sagt die frühere Landesvorsitzende der Frauen Union. Viele Frauen „wollen nicht“ wegen der bestehenden Strukturen.
Auch Andrea Oehler (61) hält die Quote für notwendig. In der CDU seien Frauen deutlich in der Unterzahl, sagt die Bürgermeisterin und Stadtverordnete. „Das wäre ein starkes Signal der Volkspartei CDU an die Bürgerinnen und Bürger“, fügt sie hinzu. Anna Mensing teilt die Position Oehlers nicht: „Ich bin gegen eine 50-Prozent-Quote“, sagt die 18-Jährige, die 2019 an die Spitze der Jungen Union gewählt worden ist. Das bestehende Quorum - ein Drittel aller Parteigremien und Listen der CDU sollen mit Frauen besetzt werden - reiche derzeit völlig aus. Die Quote sei beim CDU-Nachwuchs in Herne auch kein großes Thema, Frauen seien dort relativ stark vertreten, sagt Mensing.
Viele starke Frauen in der Herner CDU
CDU-Vize Peter Neumann-van Doesburg ist ebenfalls gegen eine starre Quote: „Ich finde es zwar richtig, dass wir in der CDU das 50-Prozent-Ziel anpeilen.“ Seine politische Erfahrung sage ihm aber, dass eine Quote in der Praxis in der Union schwer umsetzbar sei, weil es häufig nicht genügend Kandidatinnen gebe. Und: „Herne hat gezeigt, dass es auch ohne Quote geht, wenn man qualifizierte Frauen hat“, so Neumann-van Doesburg (63).
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In der Tat: Mit Ingrid Fischbach und Renate Sommer stellte der Herner Kreisverband über viele Jahre zwei starke Frauen für den Bundestag bzw. das Europa-Parlament. Beide Frauen standen als Vorsitzende an der Spitze der Herner CDU. Mit Karin Hussing war auch im Landtag eine Herner Christdemokratin präsent. Hinzu kommen die amtierende Ratsfraktions-Chefin Bettina Szelag, die Umweltausschussvorsitzende Barbara Merten und die CDU-Bürgermeisterinnen Helga Höffken und aktuell Andrea Oehler.
Die Frage nach der Qualifikation
Herne sei in der CDU aber kein Maßstab, hält Ingrid Fischbach dagegen. Denn: „Wir sind die absolute Ausnahme.“ Es gebe Kreisverbände und Landesverbände - „da tut sich in dieser Richtung gar nichts.“ Ein Blick auf den Rat, die vier Bezirksvertretungen und den CDU-Kreisvorstand zeigt zudem, dass Frauen in der Breite auch in Herne unterrepräsentiert sind.
Auch Bettina Szelag ist als Frau an der Fraktionsspitze in der Union eine absolute Ausnahme. Bei der Frage nach einer Quote will sie sich nicht festlegen. „Ich habe aber das Gefühl: Es geht zurzeit einfach nicht anders.“ Was die 58-Jährige maßlos ärgert: „Warum wird immer nur bei Frauen nach der Qualifikation gefragt, bei Männern aber nicht?“ Diese Erfahrung habe sie in der Politik immer wieder gemacht. Ob es beim CDU-Bundesparteitag eine Mehrheit für die Quote geben wird, dazu will sie keine Prognose abgeben.