Herne. Die Eishalle in Herne ist aus dem Revierpark Gysenberg nicht mehr wegzudenken. Mehr als einmal stand sie aber vor dem Aus.

Die Eishalle im in Herne war immer beides: Liebling und Sorgenkind der Herner. Erst wurde sie in den Himmel gelobt, dann stand sie kurz vor dem Aus. Heute ist sie wieder Liebling – mit Potenzial.

50 Jahre Revierpark Gysenberg, das heißt auch 50 Jahre Eishalle – na ja, fast. Denn pünktlich fertig wird sie nicht zur Eröffnung des ersten Revierparks im Ruhrgebiet. Erst über ein Jahr später dürfen die Menschen aufs Eis. Da sind die Kosten längst explodiert, von anfangs 3,5 auf zwischenzeitlich 5,5 und schließlich 7,5 Millionen Mark.

Herne: Sauna, Kegelbahnen, Pistolen-Schießstand und Restaurant gleich mitgeplant

Zum Eislaufen für Jedermann kommen die Menschen über all die Jahre gern in den Gysenberg. Hier ein undatiertes Bild, vermutlich Ende der 1970er/Anfang 1980er Jahre.
Zum Eislaufen für Jedermann kommen die Menschen über all die Jahre gern in den Gysenberg. Hier ein undatiertes Bild, vermutlich Ende der 1970er/Anfang 1980er Jahre. © Sammlung Gerd Biedermann

Die stemmt ein privater Investor, die Ibaco Sportstätten GmbH aus Velbert. Die Gesellschaft wählt große Worte für ihr Großprojekt. „Die Eishalle, wie wir sie in Herne bauen, hat auf der ganzen Welt keinen Vergleich“, stellt Ibaco-Bauleiter Hans Hohlrautz zum Baubeginn klar. Ausgestattet mit zwei Eisbahnen (eine unter der Haupttribüne), modernstem Ammoniak-Kühlsystem und Platz für 4000 Menschen soll sie die Massen anlocken. Aber nicht nur für Eislauf, Eistanz, Eisstockschießen und Eishockey, sondern auch für andere Freizeitaktivitäten, ja Großveranstaltungen wie etwa Konzerte.

So werden neben der großen Eishalle auch Sauna, Kegelbahnen, Pistolen-Schießstand und Restaurant gleich mitgeplant. „Abgetaut ist die große Eisbahn fast universell verwendbar: Rollschuhlauf und Ballspiele sind hier ebenso möglich wie Volksfeste in größerem Rahmen“, schreiben die Ruhr-Nachrichten 1969 während der Bauarbeiten. Herne soll etwas ganz Großes bekommen. Und auch wenn am Ende nicht alles kommt, etwa nicht die Sauna, so soll die Eis- und Mehrzweckhalle doch am Ende eines sein: eine Multifunktionsarena – so würde man sie heute nennen – für das aufstrebende Herne.

Stadt und Regionalverband Ruhrgebiet investieren viele Millionen Mark

Die neue Trendsportart Squash sollte der Eishalle mehr Besucher bringen. Daraus wurde nichts.
Die neue Trendsportart Squash sollte der Eishalle mehr Besucher bringen. Daraus wurde nichts. © Sammlung Gerd Biedermann

Anker ist der Herner Eishockeyverein, der eigens für die Halle im Sommer 1970 gegründet wird und der dem Hallenbesitzer die nötigen Einnahmen bescheren soll. Es kommt anders: Schon Mitte der 1980er Jahre geht der Velberter Ibeco die Puste aus, der Konkurs droht. Die Zuschauer kommen, aber es kommen nicht genug. Stadt und Regionalverband Ruhrgebiet springen in die Bresche, übernehmen die Halle für einen Millionenbetrag und versuchen mit weiteren Millionen, das schlingernde Herner Prestigeprojekt auf Vordermann zu bringen. Die zweite, kleinere Eisbahn verschwindet, neue Räume werden gebaut für Fitness, Solarium und die neue Trendsportart Squash, die Zahl der Sitzplätze wird erhöht.

Schnell aber wird klar: Auch dieses Konzept zieht nicht. Der Steuerzahler muss immer neue Löcher stopfen, in den 1990er Jahren legt die Bezirksregierung deshalb ihr Veto ein. Stadt und RVR verkaufen an private Betreiber. Was folgt, ist aber kein Aufschwung, sondern ein neuerlicher Besitzerwechsel. Freude an dem Gebäude hat aber auch der Nachfolger nicht, geschweige denn Erfolg damit. Vor rund zehn Jahren rutscht er in die Insolvenz.

Planspiele nach Insolvenz: Paintball statt Eis?

Wird die Eishalle auch diese Krise überleben? Ein Investor will Eishockey beerdigen und in der Halle Paintball anbieten, eine Sportart, bei der sich die Spieler mit Farbkugeln beschießen. Die Stadt Herne lässt ausrichten, dass sie so einen „Sport“ nicht will – genauso wenig wie weitere Zuschüsse leisten. In buchstäblich letzter Sekunde dann die Rettung: Drei Einzelpersonen treten auf den Plan und werden mit dem HEV Gesellschafter der Eissporthalle. Sie wird damit eine der wenigen in Deutschland, die einem Verein mit gehören.

Kurt Edelhagen, Katharina Witt und Tanja Szewczenko

In der Eishockeyszene ist die Gysenberghalle natürlich bekannt, als Veranstaltungsort ist sie aber nie wirklich in Erscheinung getreten. Eine Ausnahme: Im Mai 1972 fand dort ein Fest zum 75-jährigen Stadtjubiläum statt. 1250 Besucher tanzten in der vom Eis befreiten Halle in Abendkleid und Smoking bis tief in die Nacht. Stargast: der Herner Kurt Edelhagen mit Band.

Nationales Aufsehen erregte die Gysenberghalle im Dezember 1993, als dort die Deutschen Eiskunstlauf-Meisterschaften stattfanden. Umjubelter Stargast war Olympiasiegerin Katharina Witt (28), die in Herne ein Comeback feierte. Sie landete am Ende auf Platz zwei. Vor ihr eine bis dahin bei vielen Menschen Unbekannte: Tanja Szewczenko (16).

Und heute? Einer der Gesellschafter ist Jürgen Schubert, auch Geschäftsführer des HEV. Er sagt: Die Eishalle stehe jetzt auf soliden wirtschaftlichen Füßen. „Alles, was wir verdient haben, haben wir in die Halle gesteckt“, sagt er zur WAZ. So sei die Technik heute besser als in den vergangenen 30 bis 40 Jahren; Tribüne, Sitzplätze, Eismaschine, vieles sei erneuert worden. Weitere Investitionen sollen folgen. Lautsprecher, Dach, Entfeuchtung – es gebe noch Baustellen.

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Wichtig: „Wir haben uns einen guten Ruf erarbeitet.“ Der Rückhalt sei riesig, gerade der der Eishockeyfans. Mit 1500 Zuschauern im Schnitt pro Spiel sei der Oberligist Krösus in der Stadt. 60 Prozent der Einnahmen für die Halle würden durch den HEV erwirtschaftet, bis zu 35 Prozent durch Eislaufen, der Rest durch Vermietungen, etwa an den Billard-Verein.

Potenzial gebe es durchaus für mehr, meint Schubert, auch wenn alle anderen Angebote wie Fitness, Solarium und Squash in der kleinen angebauten Halle nicht überlebt haben. Gerade die Eishalle habe Potenzial. „Man könnte daraus schnell eine große Veranstaltungshalle machen“, meint er.

Mal schauen, was die Zukunft bringt.

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