Herne. Kita-Leitung und Politik sind schockiert: Das Land NRW hat den Herner Kitas Bastelsets für Mund-Nasen-Masken geschickt. „Das ist eine Frechheit.“
Manche nennen es ein Experiment, andere einen Feldversuch und viele Eltern sind einfach nur froh, dass ihre Kinder seit Montag wieder in die Kitas dürfen. Zwar mit zehn Betreuungsstunden weniger aber in ihren normalen Gruppengrößen soll trotz der Corona-Pandemie alles getan werden, um Ansteckungen zu vermeiden.
Dazu hat das Land den Erzieherinnen Schutzmasken versprochen. Und auch geliefert. Doch beim Öffnen des Paketes hat Heike Ruminski, Leiterin der Kita Rappelkiste, nicht schlecht gestaunt. Denn neben 300 FFP2-Masken erhielt sie auch 420 normale Mund-Nase-Masken, die in lauter Einzelteilen vor ihr lagen. „Die haben wohl an das Klischee gedacht, Erzieherinnen sind Basteltanten“, ärgert sie sich. „Wir fühlen uns veräppelt und in unserer Arbeit nicht wert geschätzt.“
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Auch Ulrich Klonki, Vorsitzender des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie, sagt: „Das ist eine absolute Frechheit!“ Die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher werde einfach nicht ernst genommen und das habe das Land durch diese Aktion zum Ausdruck gebracht.
Land NRW hat günstigsten Mund-Nase-Masken zum Basteln bestellt
Heike Ruminski hat in ihrem Ärger erstmal zum Hörer gegriffen, beim Land und sogar beim Hersteller der Masken angerufen. Aber niemand habe sich verantwortlich gefühlt. Der Hersteller habe gesagt, dass das die günstigsten seien und das Land NRW sie bestellt habe - wohl nicht nur für alle Kitas in Herne, sondern auch für andere Einrichtungen, wie die Kita-Leiterin bereits erfahren hat.
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„Ich habe meinen Mitarbeitern verboten, sich die Masken zu basteln“, sagt sie. Schließlich hätten sie gerade jetzt weitaus Wichtigeres zu tun. Denn seit Montagmorgen ist es wieder voll in der Rappelkiste. 97 Kinder - von 125 im Regelbetrieb - standen wieder auf der Matte und freuten sich, endlich ihre Freunde wiederzusehen.
Einbahnstraßensystem für die Eltern
Die Kita hat dazu eine Einbahnstraße für die Eltern zum Bringen und Abholen der Kinder eingerichtet. Damit nicht alle das Gebäude betreten, laufen sie außen herum direkt zu den jeweiligen Gruppenräumen. Die Gruppen dürfen nicht verlassen und auch nicht mehr in den Fluren gespielt werden. Das Außengelände ist ebenfalls in fünf Bereiche unterteilt. Das Spielmaterial wurde reduziert, Kuschelecken und Bällebad geschlossen, sagt Heike Ruminski.
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Ein paar Erzieherinnen hätten schon ein komisches Gefühl, sie selbst aber nicht, sagt die Kita-Leiterin und ist davon überzeugt, dass es für die Kinder richtig ist, dass sie wieder in der Kita sind. Auch Mutter Rebecka Schwieder freut sich, dass ihre Tochter als Vorschulkind und nun auch ihr Sohn wieder in die Kita dürfen. Angst vor Ansteckung habe sie keine: „Im Kindergarten stehen jeden Morgen so viele Krankheiten am Brett, die Kinder haben. Das ist nichts Neues.“
Kitas achten auch aufs Wohlergehen der Kinder
SPD-Mann Ulrich Klonki betont auch die Bedeutung der Kita für die Kontrolle des Wohlergehens der Kinder. Zwar habe die Kita Rappelkiste die ganze Zeit telefonisch Kontakt zu den Eltern gehalten, aber: „Am Telefon siehst du die blauen Flecken nicht und die verweinten Augen, wenn es einem Kind nicht gut geht.“ Er ist froh, dass die Erzieherinnen und Erzieher nun wieder regelmäßig Kontakt zu den Kindern haben. Ob es die richtige Entscheidung war, die Kitas für alle wieder zu öffnen, könne man hingegen erst in einigen Wochen sagen, so Klonki.
Spontan testete Ulrich Klonki dann auch mal das Bastel-Set für den Mund-Nase-Schutz und ließ sich einige einpacken - für die nächste Ausschusssitzung, wie er mit einem Schmunzeln verrät. Mit den anderen dürften die Kinder dann demnächst basteln, sagt Heike Ruminski, dann hätten die Masken wenigstens noch einen Sinn gehabt.
Eingeschränkter Regelbetrieb
Bis Ende August laufen die Kitas in NRW im eingeschränkten Regelbetrieb. Dabei ist die Betreuungszeit um zehn Stunden reduziert - von 45 auf 35, von 35 auf 25 und von 25 auf 15. Die Kitas öffnen in Herne auch täglich nur für sieben Stunden. Bei der Kita Rappelkiste ist das beispielsweise von 8 bis 15 Uhr.
Wer meint, dass die Erzieherinnen und Erzieher dann Feierabend machen, täusche sich aber, betont Kita-Leiterin Heike Ruminski. Sobald die Kinder abgeholt wurden, werde geputzt. Insgesamt würden die Erzieher viel Zeit damit verbringen, Spielzeug abzuwischen und zu desinfizieren. Es sei aber nicht möglich, jedes Kartenspiel regelmäßig zu desinfizieren.
Verdi sorgt sich derweil um den Schutz der Kita-Beschäftigten. Sie fordert flächendeckende Corona-Testungen bei den Erzieherinnen und Erziehern. Auch Ulrich Klonki würde wöchentliche Test beim Personal befürworten, merkt aber an, dass das die Krankenkassen nicht tragen und die Stadt Herne selbst keine Tests durchführen könne.