Herne. Durch Corona gibt es bei der Ersten Hilfe einiges zu beachten. Trotzdem kann jeder helfen, sagt Laura Dittmer, Meisterin für Bäderbetriebe.

Für Ersthelfer ist es zur Zeit besonders schwierig, schnelle Hilfe zu leisten: Mehr Schutzvorkehrungen, keine direkte Mund-zu-Mund-Beatmung und die ständige Angst, sich beim Helfen anzustecken. Was das für Ersthelfer bedeutet und warum trotzdem jede Hilfe zählt, erklärt Laura Dittmer, Meisterin für Bäderbetriebe, im Interview mit der WAZ.

Wie hat sich die Erste Hilfe seit Ausbruch der Corona-Pandemie verändert?

Laura Dittmer: Der Eigenschutz stand in der Ersten Hilfe immer schon ganz weit oben. Jetzt kommen zusätzliche Dinge hinzu, die beachtet werden müssen. Das ist unter anderem eine weitere persönliche Schutzausrüstung, die zu der eigentlichen hinzukommt.

Wie genau sieht Ihre Ausrüstung nun aus?

Neben den Handschuhen, die wir immer tragen, kommt jetzt noch eine FFP2-Maske hinzu, sowie eine Schutzbrille. Der Abstand kann natürlich bei der Ersten Hilfe nicht eingehalten werden, deswegen müssen wir stark auf den Eigenschutz achten. Wenn wir nur ein Pflaster rausgeben, nehmen wir auch mal nur einen normalen Mund-Nasen-Schutz. Wenn eine Person aber nicht mehr ansprechbar ist, dann müssen wir auf jeden Fall eine FFP2-Maske tragen.

Wie läuft eine Reanimation momentan ab?

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Da gibt es Unterschiede. Es liegt im Ermessen des Mitarbeiters, ob er beispielsweise eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchführt. Das heißt, wenn er es unbedingt in diesem Moment machen möchte, dann ist das schon machbar. Aber im Normalfall wird empfohlen – auch vom deutschen Rat für Wiederbelebung –, dass auf die Beatmung verzichtet wird. Wenn dann eine Herz-Rhythmus-Massage durchgeführt wird, legt man der Person ein Handtuch oder Mundschutz über den Mund. Denn dabei stößt die betroffene Person natürlich Luft aus, wodurch man sich infizieren könnte. Bei Kindern sieht das allerdings noch mal anders aus: Da spielt die Atemspende eine wichtigere Rolle und vor allem die Beatmung am Anfang ist entscheidend.

Gibt es für die Mund-zu-Mund-Beatmung denn eine Alternative?

Seit vier Jahren im Ruhrgebiet

Angestellt ist Laura Dittmer bei der Herner Bädergesellschaft. Momentan ist sie hauptsächlich für den Südpool und das Organisieren der Wiedereröffnung zuständig. Normalerweise ist sie im Wananas eingesetzt. Dort beaufsichtigt sie Besucher, reinigt das Bad und ist in der Technik tätig – „eben all das, was meinen Beruf ausmacht“, so Dittmer.

Die 27-Jährige kommt aus Niedersachsen und ist 2016 der Liebe wegen ins Ruhrgebiet gezogen. Seit Januar 2017 arbeitet sie bei der Herner Bädergesellschaft. Sie ist gelernte Fachangestellte für Bäderbetriebe. Im April letzten Jahres hat sie ihren Meister gemacht.

Ja, die gibt es. Es gibt sogenannte Ambu Beutel, die können eingesetzt werden. Allerdings muss da jeder Ersthelfer unterwiesen sein und wissen, wie man den Beutel benutzt. Aber es ist keine Pflicht, denn man muss schon wirklich sehr handlungssicher sein, sonst hindern diese eher die Erste-Hilfe-Maßnahmen. Aber auch das Kontrollieren, ob überhaupt noch Atmung vorhanden ist, kann so wie bisher nicht mehr durchgeführt werden. Statt mit dem Ohr am Mund zu hören, ob die Person noch atmet, überstreckt man nun den Kopf und schaut aus einer gewissen Entfernung, ob Atmung vorhanden ist.

Durch Corona dauert es also länger, bis mit den ersten Maßnahmen begonnen werden kann?

Genau, die Schutzausrüstung muss natürlich erst einmal angelegt werden. Die wird zentral gelagert. Es ist nicht möglich, dass jeder Mitarbeiter diese im Brustbeutel mit sich führt. Auch vor Corona wurde immer schon der Defibrillator hinzugezogen. Jetzt, wo die Beatmung wegfällt, hat das eine noch wichtige Rolle bekommen und hilft bei der Reanimation.

Nicht nur Sie stehen in der Pflicht, Erste Hilfe zu leisten, sondern auch private Personen. Erleben Sie dort mehr Zurückhaltung als vor der Krise?

Laura Dittmer arbeitet seit 2017 bei der Herner Bädergesellschaft.
Laura Dittmer arbeitet seit 2017 bei der Herner Bädergesellschaft. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Eine Pflicht zu helfen, gibt es, allerdings zählt dazu auch schon, den Notruf zu wählen. Denn natürlich gibt es durch das Virus eine erhöhte Hemmschwelle, fremden Menschen so nahe zu kommen. Da ist es dann umso wichtiger, den Notruf abzusetzen. Alles andere liegt dann im Ermessen des Ersthelfers.

Haben Sie schon mitbekommen, dass sich jemand nicht getraut hat, Erste Hilfe zu leisten aufgrund von Corona?

Viele sind verunsichert, auch unsere Mitarbeiter. Wir haben natürlich viele Gespräche geführt, aber das Gefühl ist einfach da, dass alles jetzt in Corona-Zeiten noch schwieriger ist. Denn das sind alles Notfälle, auf die man sich nicht vorbereiten kann. Da muss man sich trauen. Und als Privatperson hat man ja nicht mal eben eine FFP2-Maske in der Tasche.

Seit einigen Tagen ist der Südpool wieder geöffnet. Haben Sie in der Corona-Zeit schon einen Notfall erlebt?

Nein, ich sowieso nicht, weil ich noch nicht oft vor Ort war. Aber auch meine Kollegen am Becken kamen noch nicht in die Situation, das alles mal so umzusetzen, wie es in der Theorie besprochen worden ist.

Wie verhalten sich die Gäste seit der Wiedereröffnung?

Die akzeptieren auf jeden Fall die vorgegeben Maßnahmen. Aber das ist ja im Sinne von allen, die die Bäder besuchen. Die Kollegen müssen nur ab und zu mal das Gespräch mit den Gästen suchen, weil vieles schnell in Vergessenheit gerät.

Aber trotz der erschwerten Bedingungen für die Erste Hilfe freuen Sie sich also, dass es nun wieder losgeht?

Ja, absolut. Es ist so schön, dass wieder etwas Normalität zurückkehrt. Das merkt man sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Badegästen, die das schon sehr vermisst haben.

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