Herne. Die Zahl der Arbeitslosen steigt in Herne wegen der Corona-Krise weiter an. Den „freien Fall“ könne Herne aber verhindern, hofft OB Frank Dudda.

Die Corona-Krise ist voll auf den Herner Arbeitsmarkt durchgeschlagen. Immerhin: Der dramatische Einbruch vom April hat sich nicht wiederholt. Oberbürgermeister Frank Dudda spricht von einer ernsten Lage auf dem Arbeitsmarkt. Den „freien Fall“ könne Herne aber wohl verhindern, sagt er zur WAZ.

Zu den Zahlen: Im Vergleich zum April registrierte die Agentur für Arbeit im Mai 550 Menschen mehr ohne Job; einen Monat zuvor war die Zahl noch um 839 nach oben geschnellt. Insgesamt meldeten Agentur und Jobcenter 9561 Arbeitslose. Der Vergleich mit dem Vorjahr zeigt einen Anstieg um 1292 Personen oder 15,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 12,1 Prozent – 0,7 Prozentpunkte mehr als vor vier Wochen. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Quote sogar um 1,6 Prozentpunkte erhöht.

Agentur-Chef: Viele Betriebe hoffen auf „normales Geschäft“

„Der Einbruch am Arbeitsmarkt setzt sich fort, allerdings deutlich abgeschwächter als in den letzten zwei Monaten“, bilanziert Agentur-Chef Frank Neukirchen-Füsers in einer Mitteilung. Grund für den etwas verhalteneren Anstieg sei der Umstand, dass es keine verstärkten Entlassungen gebe. Hier zeige sich der Arbeitsmarkt in Herne robust: Die Wirtschaftsstruktur sei stabil, und viele Betriebe hofften, dass sie möglichst bald wieder in ein relativ normales Geschäft einsteigen könnten.

Ebenfalls positiv: Fachkräfte würden weiterhin in allen Branchen gesucht. Die Auftragsbücher der Handwerker seien weiter gefüllt und diese Betriebe suchten Personal. Die Verlierer seien auch in der Krise oft geringer qualifizierte Kräfte.

OB: Hälfte der neuen Jobs ist weggebrochen

„Herne ist kein Kandidat mehr für den freien Fall“: OB Frank Dudda.
„Herne ist kein Kandidat mehr für den freien Fall“: OB Frank Dudda. © FUNKE Foto Services | Sebastian Konopka

Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda nennt die Entwicklung des Arbeitsmarktes seit Ausbruch der Corona-Krise „heftig“. In den vergangenen fünf Jahren seien vor Ort 4400 neue Jobs geschaffen worden, die Hälfte sei wegen der Pandemie in kürzester Zeit wieder weggebrochen. Immerhin: Es zeige sich, dass Herne Krisen wie diese meistern könne: „Herne ist kein Kandidat mehr für den freien Fall.“ Nun gelte es, „mit aller Kraft den Wiederaufbau zu schaffen“.

Agenturchef Neukirchen-Füsers sagt: „Kurzarbeit ist weiterhin das Gebot der Stunde.“ Kurzarbeit verhindere Entlassungen und sichere Arbeitsplätze. Das habe sich 2008 zur Finanzkrise bewahrheitet und zeige sich jetzt wieder. Neu sei, dass nahezu alle Branchen betroffen seien, etwa der Dienstleistungsbereich und das Gastgewerbe. Er hofft, dass es auch in diesen Branchen zu deutlich weniger Entlassungen kommt.

1045 Unternehmen haben Kurzarbeit angemeldet

Nachdem von März bis April laut Agentur für Arbeit die Kurzarbeit-Anzeigen sprunghaft von 148 Unternehmen mit 3241 Mitarbeitern auf 804 Unternehmen mit 7766 Mitarbeiter angestiegen seien, sinke die Zahl der Anzeigen wieder.

Dennoch hätten auch im Mai 92 neue Unternehmen mit 921 Mitarbeitern Kurzarbeit angezeigt. Insgesamt verzeichnet die Agentur in Herne damit aktuell 1045 Unternehmen, die seit Beginn der Pandemie Kurzarbeit angemeldet hätten. Theoretisch könnten 11.928 Mitarbeiter betroffen sein. Die genaue Zahl steht (noch) nicht fest.

Auch bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet weiß man um die Bedeutung der Kurzarbeit. „Es ist richtig, dass die Unternehmen auf das Instrument Kurzarbeit setzen. Unternehmen wollen und dürfen ihre qualifizierten Mitarbeiter nicht verlieren - denn es wird eine ,Nach-Corona-Zeit’ geben, in der jede Fachkraft gebraucht wird. Das wissen die Unternehmen“, sagt Kerstin Groß, Kompetenzfeldmanagerin „Menschen stärken“ bei der IHK.

Arbeitsagenturchef Neukirchen-Füsers appelliert an die Unternehmen, trotz aller Herausforderungen die Zeit zu nutzen: „Viele Bereiche müssen sich aktuell neu orientieren und durch Qualifizierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit neue oder veränderte Geschäftsmodelle finden, um weiterhin auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Viele Bildungsanbieter hätten sich schnell und flexibel auf die neue Situation eingestellt und seien entweder wieder geöffnet oder böten E-Learning-Produkte an.

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