Herne. Gibt es in Herne eine Rattenplage oder sieht die CDU hier „weiße Mäuse“, wie die SPD sagt? Das war Thema im Ausschuss. Was die Stadt berichtet.
Gibt es in Herne ein ernsthaftes Rattenproblem? Aus Sicht der CDU durchaus, was sich in den vergangenen Jahren in gefühlt 23 Initiativen von Partei und Ratsfraktion niedergeschlagen hat – so auch in einem Antrag für die aktuelle Sitzung des Umweltausschusses am Mittwoch. Der SPD platzte angesichts des neuerlichen Vorstoßes des Ratskooperationspartners allerdings fast der Kragen.
Zahl der Meldungen hat leicht zugenommen
SPD-Ratsherr Roberto Gentilini feuerte im Bürgersaal der Akademie Mont-Cenis mehrere Breitseiten auf die Union ab. Er warf der CDU vor, dieses Thema ohne wirklichen Anlass „am Köcheln zu halten“. „Es gibt Leute, die sehen weiße Mäuse. Einige sehen stattdessen offenbar Ratten“, so der umweltpolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion in Richtung Union. In seinen 25 Jahren in der Kommunalpolitik habe er noch nie gehört, dass eine Ratte einem Menschen in Herne Schaden zugefügt habe. Er hoffe, dass diese „Never Ending Story“ nun abgeschlossen werde, so der Sozialdemokrat.
Björn Wohlgefahrt (CDU) machte der SPD hier jedoch kaum Hoffnung: Er kündigte an, dass seine Fraktion einen bei der Stadtverwaltung angesiedelten „runden Tisch“ zum Thema Ratten anregen werde. Und zumindest in einem Punkt erhielt die christdemokratische Anti-Ratten-Fraktion in der Sitzung ein wenig Futter von der Stadt: Michael Torkowski vom Fachbereich Öffentliche Ordnung berichtete, dass die Zahl der Bürgermeldungen über Ratten von Januar bis April bei 350 gelegen habe. Das lasse angesichts von bisher rund 1000 Meldungen im Jahr auf einen leichten Anstieg schließen. Auch die CDU hatte vor der Ausschusssitzung von einer „Verdichtung“ der Bürgerhinweise gesprochen.
Kritik am Fachbereich Öffentliche Ordnung
Viel mehr Erkenntnisse in Sachen Rattenpopulation lieferte die Ausschuss-Sitzung trotz der in Corona-Zeiten geradezu inflationären Teilnahme von Fachleuten aus beteiligten Behörden allerdings nicht. Sowohl Horst Tschöke (Entsorgung Herne) als auch Marc Hermsen von der Stadtentwässerung Herne (SEH) konnten die Beobachtungen der CDU bzw. von Bürgern in ihrem jeweiligen Bereich (Kanalisation, Müllabfuhr, Straßenreinigung) nicht bestätigen. Nur bei einzelnen Problemhäusern würden immer mal wieder Klagen über Ratten laut, so Tschöke. „Sonst gibt es aber keine signifikanten Probleme.“
Zum Unwillen von CDU und auch Walter Hanstein (SPD) blieb eine Frage allerdings unbeantwortet: Der Fachbereich Öffentliche Ordnung konnte nicht sagen, welche „Hot Spots“ es in Herne und Wanne-Eickel gibt, sprich: wo sich im Stadtgebiet Meldungen von Bürgern über Ratten konzentrierten. Darüber gebe es im Ordnungsamt keine Erhebungen, so Torkowskis für die Politik sehr unbefriedigende Antwort. Laut CDU meldeten Bürger vermehrt Bürgerhinweise auf Ratten in den Seitenstraßen der Innenstädte.
Schnelle Reaktion, aber schlechte Erreichbarkeit
Die CDU führte noch einen weiteren Kritikpunkt an. Die Stadt reagiere zwar relativ schnell auf Meldungen, so Ratsherr Wohlgefahrt. Bürger hätten ihnen jedoch berichtet, dass die Stadt nur schwer zu erreichen sei. Auch das ließ die Verwaltung nicht gelten.
Michael Torkowsi verwies auf die Erreichbarkeit durch das Beschwerdemanagement (02323-161616) und den Fachbereich Öffentliche Ordnung (02323-161632 - mit Anrufbeantworter; per Mail ordnungsamt@herne.de). Bis zu 15 Mitarbeiter seien beim Anschluss des Fachbereichs erreichbar - wenn sie gerade nicht alle wegen der Corona-Krise im Gespräch seien.
Info: Schlagfallen und Köderschutzboxen
>>> Werden Ratten zunehmend resistent gegen Giftköder? Das sei kein großes Problem, berichtete SEH-Mitarbeiter Marc Hermsen. Zum einen gebe es aufgrund der begrenzten Lebensdauer der Ratten alle zwei, drei Jahre „einen Generationswechsel“. Und zum anderen wechsele SEH in der Kanalisation alle zwei Jahre den Wirkstoff. Insgesamt sechs Wirkstoffe seien derzeit zugelassen.
>>> Sogenannte Schlagfallen, die beispielsweise in Dortmund gegen Ratten getestet worden seien, kämen nicht in Frage. Diese Fallen dürften nicht mehr im Kanal eingesetzt werden, weil sie im schlimmsten Fall Explosionen oder Feuer auslösen könnten. Und auch in anderen Kommunen bereits aufgestellte Köderschutzboxen würden nicht eingesetzt, weil sie weggeschwemmt werden könnten und dadurch die Betriebssicherheit nicht mehr gewährleistet wäre.
>>> Aber: „Der Markt ist in Bewegung“, sagte Hermsen. Es sei davon überzeugt, dass zur Rattenbekämpfung in der Kanalisation schon bald Innovationen entwickelt würden.
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